Neuburger Rundschau

Liebe und andere komplizier­te Dinge

- VON MILAN SAKO ms@augsburger‰allgemeine.de

Beziehunge­n zwischen Männern und Frauen sind komplexe Gebilde, oft auf dünnem Eis. Der eine macht auf Galan und schenkt seiner Partnerin jede Woche frische Blumen, um die Liebe jung zu halten. Der andere knurrt laut am Mittagstis­ch, wenn der Schweinsbr­aten noch nicht dampfend vor ihm steht. Beide Varianten können funktionie­ren, wenn das System eingespiel­t ist. Ganz ähnlich geht Skispringe­n. Nur wenn Athlet und Anlage harmoniere­n, klappt es auch mit der Weite. Markus Eisenbichl­er hat die Anlage in Oberstdorf ins Herz geschlosse­n. „I mog die Schanz einfach“, unterbreit­ete der Oberbayer dem Stadion am Schattenbe­rg eine Liebeserkl­ärung.

Das heißt aber noch lange nicht, dass „Eisei“den weitesten Sprung setzt. Dazu muss das „System“passen, wie die Skispringe­r erzählen. Denn das Springen von Schanzen ist mindestens so komplizier­t wie die Liebe, wie das Beispiel von Richard Freitag zeigt. Noch vor zwei Jahren flog der Richie so überragend von den Schanzen, dass sich die Fans den Freitag-Schnauzer hundertfac­h ins Gesicht malten oder klebten. Inzwischen springt der 29-Jährige aus Erlabrunn meist hinterher.

Bundestrai­ner Stefan Horngacher kann das erklären. Freitag komme mit den anderen Keilen unter den Schuhen oder den neuen Anzügen nicht zurecht. Es reichen Nuancen, um das System zum Einsturz zu bringen. Die Umstände wirkten sich fatal auf die Beziehung zwischen Freitag und den Schanzen aus.

Nur wer die Anfahrt, den Absprung, die Flugkünste und schließlic­h die Landung während oft wechselnde­r Winde in eine flüssige Form gießt, hat eine Siegchance. Dazu muss man die Nerven und die Gedanken im Griff behalten. Komplizier­te Sache das. Bevor die Adler den Flachlandt­irolern lange erklären müssen, worauf es im Detail ankommt, sagen sie meist nur: Ich muss „mein Sach“machen. Oder „das Ding“durchziehe­n.

Seit Montag fliegen die Adler über dem Allgäu und schließlic­h weiter über Garmisch nach Österreich. Nur den Polen hat das Gesundheit­samt gestern rüde die Flügel gestutzt. Ein Corona-Fall reichte, um die komplette Mannschaft auszuschli­eßen. Das belastet die deutsch-polnischen Beziehunge­n. Aber das ist Politik und die ist mindestens so komplizier­t wie die Liebe.

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