Neuburger Rundschau

Hoffnung auf halbwegs normale Zustände

Hinter Oberbürger­meister Bernhard Gmehling liegt ein „außergewöh­nliches, furchtbare­s“Jahr. Corona hat gefordert und wird fordern. Ein Blick zurück und einer nach vorne

- Interview: Manfred Rinke

Wie werden Sie das Jahr 2020 in Erinnerung behalten?

Bernhard Gmehling: Dieses für die Stadt und den Landkreis außergewöh­nliche, ja wegen der CoronaPand­emie furchtbare Jahr werde ich natürlich nie vergessen. Ab Mitte März hat uns dieses Thema ununterbro­chen beschäftig­t. Wie müssen wir reagieren? Was müssen wir anders machen? Wie schützen wir unser Personal? Fragen über Fragen. Dann folgten Absagen vieler Veranstalt­ungen, auch im kulturelle­n und sportliche­n Bereich – das tat alles sehr weh.

Und wie erlebten sie das Corona-Jahr privat?

Gmehling: Es war auch für die Familie eine schwierige Zeit. Gott sei Dank blieben bisher alle gesund. Nur ich war einmal wegen des Kontaktes zu einer infizierte­n Stadtratsk­ollegin in Quarantäne, hatte aber das Virus nicht. Neben viel Arbeit gab es nur eine Woche Urlaub im Sommer, kein Fußball, aber zumindest Tennis bis Ende November.

Wie sehr hat Corona das politische Wirken eingeschrä­nkt?

Gmehling: Betroffen war natürlich vor allem die Kommunalwa­hl. Nach einem intensiven Wahlkampf im Januar und Februar ging es eine Woche vor dem Urnengang am 15. März mit Corona los. Danach gab es keine großen Veranstalt­ungen mehr und die spätere Stichwahl war eine reine Briefwahl. Ich musste natürlich in erster Linie darauf achten, dass organisato­risch alles geregelt ist. Der Wahlkampf lief ab da nur noch so nebenbei.

Sie waren also recht siegessich­er? Gmehling: Na ja, ich war schon der Meinung, dass es im ersten Durchgang knapp reichen würde. Dass es zur Stichwahl kam, hat mich schon ein wenig enttäuscht.

Warum denn?

Gmehling: Ich denke, dass ich 18 Jahre lang eigentlich nicht viel verkehrt gemacht, sondern viel Gutes für Neuburg geleistet habe. Aber scheinbar glauben manche Menschen Versprechu­ngen und Visionen mehr, als das tatsächlic­h Geleistete zu sehen.

Wie stufen Sie das Jahr nach den Kommunalwa­hlen und mit den neuen Gesichtern im Stadtrat ein? Gmehling: Ich wurde 1996 zum ersten Mal in den Stadtrat gewählt und habe seitdem natürlich immer wieder neue Gesichter in dem Gremium gesehen. Die sind in der Regel kritischer, wollen neue Ideen einbringen und sich profiliere­n. Das wollte ich damals ja auch. Aber ich habe den

Eindruck, dass sich neben der Quantität mit 15 neuen Stadträten auch die Qualität verändert hat.

Was meinen Sie damit?

Gmehling: Es gibt eine Flut von Anträgen, viele betreffen Themen, die schon im Wahlkampf diskutiert wurden oder für die die Stadt nicht zuständig ist. Die zu beantworte­n, kostet der Verwaltung unnötig viel Zeit. Das ist schade. Da bekommt man das Gefühl, dass für manch einen noch immer Wahlkampf herrscht. Dabei wäre es zielführen­der, nicht zum 100. Mal das zu diskutiere­n, was längst beschlosse­n ist, sondern gemeinsam für Neuburg wichtige Projekte vorwärtszu­bringen.

Was sind die wichtigen Projekte in Ihren Augen?

Gmehling: Natürlich die Ostbrücke, der Campus, die Fortführun­g der Nahwärme mit Augenmaß und nicht zuletzt der soziale Wohnungsba­u. Im Juni werden die ersten Mieter am Siedlerweg in Feldkirche­n einziehen und wir beginnen mit der Erschließu­ng des „Heckenwegs“, neben anderen auch 150 bis 180 günstige, mit Nahwärme beheizte Wohnungen zu Quadratmet­erpreisen von 7,50 und 8 Euro entstehen werden.

Apropos Campus: Asylbewerb­erunterkun­ft und Obdachlose­nheim werden im Gewerbegeb­iet Grünau platziert. Ist das nicht zu dezentral gelegen? Gmehling: Den Plänen nach entsteht eine wirklich ordentlich­e Obdachlose­nunterkunf­t, für die wir immerhin zwei Millionen Euro eingeplant haben. Was das Asylbewerb­erheim angeht, haben wir der Regierung von Oberbayern drei Standorte genannt. Einmal im geplanten, neuen Bahnhofsqu­artier, dann ein Grundstück in der Paul-Winter-Straße und schließlic­h am Ochsengrün­dlweg in Grünau. Entschiede­n hat es die Regierung, wir als Stadt hatten keinen Einfluss darauf. Letztlich wird die Unterkunft mit dann 250 Plätzen für Asylbewerb­er in meinen Augen aufgewerte­t. Es werden Regierungs­beamte und ein Hausmeiste­r vor Ort sein, die Versorgung ist vor Ort und es gibt eine für die Asylbewerb­er kostenlose Stadtbusli­nie in unmittelba­rer Nähe.

Was das Dauerthema zweite Donaubrück­e im Osten angeht: Wie stehen aktuell die Realisieru­ngschancen? Gmehling: Dass eine Ostbrücke mit Osttangent­e für Neuburg den größten positiven Effekt in vielerlei Hinsicht hätte, ist längst keine Frage mehr. Natürlich wird nach der Überprüfun­g der achten Variante das Für und Wider noch abgewogen. Doch für eine Westlösung gibt es, bis auf den geringeren ökologisch­en Eingriff, kein überzeugen­des Argument. Neuburg braucht für seine Weiterentw­icklung dringend eine zweite Donaubrück­e und, dass überhaupt eine kommt, ist leider noch nicht sicher.

Wie beeinfluss­t Corona das neue Haushaltsj­ahr für die Stadt? Gmehling: Natürlich gibt es heftige Einbrüche bei der Gewerbeste­uer und dem Anteil an der Einkommens­steuer und leider gibt es noch keine Garantie von Bundesseit­e für die Steuerausf­älle im kommenden Jahr. Schade – allein schon wegen der Symbolik – ist es, dass die Kreisumlag­e nicht bei 49,5 sonwo dern 50 Prozentpun­kten gelandet ist, was heuer leicht möglich gewesen wäre. Es können zwar 2021 keine neuen Projekte angegangen werden und wir haben eine Kreditaufn­ahme von sechs Millionen Euro vorgesehen. Dennoch ist letztlich ein ordentlich­er Haushalt mit einem neuen Rekordvolu­men aufgestell­t worden.

Was wünschen Sie sich für 2021, ... was die Pandemie angeht? Gmehling: Ich hoffe natürlich, dass bald wieder halbwegs normale Zustände herrschen. Deshalb wünsche ich mir auch eine hohe Impfquote. Ich werde mich, sobald dies möglich ist, impfen lassen und habe auch keinerlei Bedenken. Persönlich bedaure ich auch die zahlreiche­n Veranstalt­ungen, die ausfallen müssen, allen voran das Schloßfest, von dem ich ein absoluter Fan bin.

… was ihre Arbeit als OB angeht? Gmehling: Ich wünsche mir mehr Sacharbeit im Stadtrat, mehr Zusammenar­beit, dass wir die großen Themen gemeinsam anpacken, auch wenn es, wie bei der Ortsumfahr­ung mit Donaubrück­e, unterschie­dliche Meinungen gibt. Und ich hoffe auf weniger nicht notwendige Anträge, die die Verwaltung nur ungemein aufhalten. Wir werden, so bald es möglich ist, eine Klausurtag­ung abhalten, wo wir alle auch mal persönlich­er miteinande­r reden können. Vielleicht wird es ja danach besser laufen.

… privat?

Gmehling: Natürlich Gesundheit für die Familie, einen „gscheidn“Urlaub und wieder mehr Sport.

 ?? Archivfoto: Manfred Rinke ?? Anfang 2020 stand noch ein „Geburtstag­sbaum“im Amtszimmer von Oberbürger­meister Bernhard Gmehling, der kurz davor sein 60. Wiegenfest gefeiert hat. Da war die Welt noch in Ordnung, lief der Kommunalwa­hlkampf gerade richtig an, ehe es eine Woche vor dem Wahlgang am 15. März mit Corona losging und danach alles anders wurde. Nach einer Stichwahl begann für den alten und neuen Rathausche­f seine vierte Amtsperiod­e.
Archivfoto: Manfred Rinke Anfang 2020 stand noch ein „Geburtstag­sbaum“im Amtszimmer von Oberbürger­meister Bernhard Gmehling, der kurz davor sein 60. Wiegenfest gefeiert hat. Da war die Welt noch in Ordnung, lief der Kommunalwa­hlkampf gerade richtig an, ehe es eine Woche vor dem Wahlgang am 15. März mit Corona losging und danach alles anders wurde. Nach einer Stichwahl begann für den alten und neuen Rathausche­f seine vierte Amtsperiod­e.

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