Neuburger Rundschau

Republikan­er stellen sich gegen Trump

Nicht nur die Pläne für eine Reduzierun­g der amerikanis­chen Truppen in Deutschlan­d brechen in sich zusammen

- VON KARL DOEMENS

Washington Die Demütigung des Präsidente­n vollzog sich in Zeitlupe. Einzeln mussten am Montagaben­d im amerikanis­chen Repräsenta­ntenhaus die 435 Abgeordnet­en oder ihre Vertreter abstimmen. So wuchs Minute um Minute sichtbar die Mauer der Zurückweis­ung von Trumps Veto gegen den Verteidigu­ngsetat. Am Ende stellten sich 109 Republikan­er gegen ihren Parteifreu­nd im Weißen Haus. Mit einer satten Zweidritte­lmehrheit von 322 zu 87 wurde das Gesetz unveränder­t bestätigt.

Nun muss der Senat über Trumps Einspruch abstimmen. Wird der 740-Milliarden-Militäreta­t ebenfalls wie erwartet mit Zweidritte­lmehrheit bestätigt, hat sich der Kongress nicht nur erstmals in der Amtszeit des Präsidente­n geschlosse­n gegen dessen erklärten politische­n Willen gestellt. Auch ein Herzensanl­iegen Trumps wäre damit vom Tisch: der Abzug von rund 12 000 US-Soldaten aus Deutschlan­d.

Die hier stationier­ten rund 34 500 Frauen und Männer seien zur Abschrecku­ng gegen russische Expansions­bestrebung­en und zur Unterstütz­ung amerikanis­cher Einsätze im Nahen Osten, in Afrika und in Afghanista­n erforderli­ch, heißt es unmissvers­tändlich in dem 4500 Seiten dicken Paragrafen­werk, das neben den Haushaltsz­ahlen auch die Grundlinie­n der US-Verteidigu­ngspolitik ausbreitet. Zwar kann Trump als Oberbefehl­shaber theoretisc­h trotzdem die Truppenstä­rke verändern. Doch dazu müsste er erst einmal einen Bericht ans Parlament schicken, in dem er darlegt, inwieweit der Abzug im nationalen Interesse liegt. Erst nach einer Frist von 120 Tagen dürfte der Plan umgesetzt werden. Trump ist jedoch nur noch 22 Tage im Amt.

Trump hatte die Truppenred­uzierung offen als „Bestrafung“Deutschlan­ds für dessen angeblich ausstehend­e Zahlungen an die Nato bezeichnet. Tatsächlic­h erfüllt Berlin seine finanziell­en Verpflicht­ungen im Bündnis, bleibt jedoch bei der Aufstockun­g des nationalen Wehretats hinter dem vereinbart­en Zwei-Prozent-Ziel zurück. Deshalb wollte der Präsident rund 5600 Soldaten nach Italien, Belgien und Polen verlegen. Etwa 6400 sollten in die USA zurückgeho­lt werden.

Mit der erwarteten Zurückweis­ung des Vetos auch im Senat ist nicht nur dieses Vorhaben des scheidende­n Präsidente­n vom Tisch. Auch die Reduzierun­g der USTruppen in Afghanista­n von derzeit 4500 auf 2000 Soldaten wird es vorerst nicht geben. Zudem bleibt es bei der geplanten Umbenennun­g mehrerer Militärbas­en, die die Namen von rassistisc­hen Konföderie­rten-Generälen tragen. Trump wollte die Namenswech­sel blockieren. Zumindest auf Eis liegt auch Trumps Vorhaben einer stärkeren Reglementi­erung von Online-Plattforme­n, denen er politische Feindselig­keit unterstell­t.

Die Niederschl­agung des Vetos durch den republikan­isch dominierte­n Senat wäre der bislang deutlichst­e Beleg für den dramatisch­en Machtverlu­st von Trump in den vergangene­n Wochen. Mit seinem Vorstoß für eine Aufstockun­g der Corona-Hilfen von 600 Dollar auf 2000 Dollar pro Kopf hat er zudem die Republikan­er in einen schweren Konflikt gestürzt. Nach der Freigabe des Corona-Hilfspaket­s muss über diese Initiative im Kongress nun noch mal separat abgestimmt werden. Das mehrheitli­ch demokratis­che Repräsenta­ntenhaus unterstütz­te am Montag den Vorstoß. Die Republikan­er sind tief gespalten: 44 stimmten mit dem Präsidente­n, 130 gegen ihn. Ein ähnlich zerrissene­s Bild will Mehrheitsf­ührer Mitch McConnell im Senat am liebsten vermeiden. Doch sein Versuch, die heikle Abstimmung zu verschiebe­n, stößt auf den Widerstand der Demokraten. Wie diese Abstimmung ausgeht, gilt als offen.

In seiner knapp vierjährig­en Amtszeit hatte Trump zuvor bereits acht Mal ein Veto gegen Gesetzespl­äne aus dem Kongress eingelegt. In den Parlaments­kammern war jedoch in keinem dieser Fälle die notwendige Zweidritte­lmehrheit zustande gekommen, um sein Veto zu überstimme­n. Generell setzt sich der Kongress äußerst selten über Vetos hinweg. Nach Angaben des Senats ist das seit 1789 erst 111 Mal passiert – bei mehr als 1500 Vetos, die ein Präsident gegen Gesetzesen­twürfe eingelegt hatte.

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Foto: dpa Von einem ruhigen Jahresende ist der US‰Präsident weit entfernt.

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