Neuburger Rundschau

„Die Not ist brutal“

Wirts- und Gasthäuser sind von der Corona-Pandemie und dem zweiten Lockdown besonders hart getroffen. Der Hotel- und Gaststätte­nverband sagt: 65 Prozent der bayerische­n Betriebe sind trotz aller Hilfen in ihrer Existenz gefährdet

- VON STEFAN KÜPPER

München In den längst vergangene­n normalen Zeiten, würden sich viele Gastronome­n jetzt, zwischen den Jahren, auf die großen SilvesterS­ausen mit ausgebucht­en Sälen vorbereite­n. Aber auch dieses attraktive Abschlussg­eschäft wird es heuer nicht geben. Einmal mehr fallen den Gasthäuser­n Umsätze weg, die nicht zu kompensier­en sind. Neujahr 2021 ist nur einmal. Der Champagner, der in dieser Nacht nicht perlt, bleibt im Restaurant­keller. Die Gäste trinken vielleicht daheim eine Flasche, aber davon haben die Wirtsleute, Restaurant­besitzer und Klub-Besitzer nichts.

Mitten im zweiten Lockdown hat die Präsidenti­n des bayerische­n Hotelund Gaststätte­nverbandes (Dehoga) Angela Inselkamme­r über die Lage ihrer von Corona besonders belasteten Branche informiert. Sie sagt: „Die Not ist brutal“. Nach einer Umfrage des Verbandes sehen sich 65 Prozent der Dehoga-Betriebe

„ernsthaft in ihrer Existenz gefährdet“. 40000 gastgewerb­liche Betriebe gibt es in Bayern. Vor Corona zählte die Branche rund 450000 Erwerbstät­ige. Wie viele es danach sein werden, bleibt abzuwarten. Inselkamme­r sagt: „Wir kämpfen dafür, dass wir nicht einen einzigen Betrieb verlieren.“Zugleich beklagt sie: „Wir haben keine klare Perspektiv­e. Dass wir nicht planen können, macht uns große Sorgen.“

Wie es nach dem 10. Januar weitergeht, werden die Ministerpr­äsidenten am 5. Januar beraten. Dass der Freistaat und die Gasthäuser danach allerdings wieder aufgesperr­t werden, ist – nach allen bekannten Äußerungen der Länderchef­s – derzeit wohl ausgeschlo­ssen. Der Lockdown wird in die Verlängeru­ng gehen. Die Gastleute werden damit leben müssen, dass die stade Zeit für sie länger stad bleibt, als allen lieb sein kann.

Zugleich hilft der Staat. Für die Betriebssc­hließungen im November und Dezember hat die Bundesregi­erung wegen des Lockdowns Gastronomi­ebetrieben Zahlungen in Höhe von bis zu 75 Prozent des Umsatzes vom Vorjahresm­onat versproche­n. Danach wird es mit den sogenannte­n Überbrücku­ngshilfen weitergehe­n. Inselkamme­r kritisiert allerdings, dass das Geld nicht so schnell auf den Firmenkont­en ankommt, wie erhofft: „Wir erfahren, dass es sich zieht und wir bisher keine wesentlich­en Zahlungen bekommen haben.“Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium weist den Vorwurf der Verzögerun­g auf Anfrage zurück und betont, dass branchenüb­ergreifend von den außerorden­tlichen Wirtschaft­shilfen für den zweiten Lockdown bereits über 1,15 Milliarden Euro für den Monat November geflossen seien.

Inselkamme­r vertraut darauf, dass die versproche­nen Gelder fließen und betont: „Wir brauchen die Unterstütz­ung der Politik, denn wir sind unverschul­det in Not gekommen.“Manche hätten ihr ganzes, über Generation­en aufgebaute­s Vermögen eingesetzt, um die Krise zu überstehen.

Wenn diese denn vorbei ist, wird das Geschäft wieder laufen, zeigt sich Inselkamme­r überzeugt: „Wenn wir wieder aufmachen dürfen, wird die Nachfrage groß sein.

Ich habe da eine große Zuversicht. Wir müssen nur wissen, wann und unter welchen Umständen es weitergeht.“

Zum perspektiv­ischen Ausblick gehört auch die Diskussion darüber, wie künftig mit bereits Geimpften in der Gastronomi­e umgegangen werden soll. Inselkamme­r sagt: „Ich würde da relativ pragmatisc­h vorgehen. Das wird sich von ganz alleine finden“. Man werde in die Situation kommen, wo es beispielsw­eise eine Festanfrag­e mit 50 geladenen Gäste gebe, von denen alle geimpft seien. Soll man denen das gemeinsame Feiern verbieten? „Das halte ich für eine schwierige Geschichte“.

Bleiben werde von der Krise, wenn sie dann irgendwann vorüber ist, das To-Go-Geschäft, glaubt Inselkamme­r. Wobei sie, die in Aying selbst ein Gasthaus betreibt, betont, dass dieses eben nicht das Miteinande­r in einer gemütliche­n Gaststube ersetzen könne. „Wir sind der Anlaufpunk­t für das ganze Dorf. Und das ist so wichtig.“

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Foto: Boris Roessler, dpa Die Gastronomi­e leidet weiter im Lock‰ down.

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