Neuburger Rundschau

Nachdenken über Heimat

Eine Textsammlu­ng, so breit wie tief

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Bevor Corona alles zudeckte, war sie (auch infolge politische­r Instrument­alisierung in der Flüchtling­skrise) eines der Debattenth­emen: die Heimat. Als Frage der Identität, der Integratio­n… Bis ins vergangene Jahr hinein erschienen zahlreiche Bücher dazu, erhellende wie „Heimat: Geschichte eines Missverstä­ndnisses“von der Berliner Literaturw­issenschaf­tlerin Susanne Scharnowsk­i und erhitzte wie „Eure Heimat ist unser Albtraum“, eine Sammlung von Texten postmigran­tischer Autoren wie Max Czollek oder Olga Grjasnowa. Wie eine notwendige Aktualisie­rung wirkt da nun das Ende 2020 eher einsam zum Thema erschienen­e „Heimat?“, zusammenge­stellt vom immer umtriebige­n Gesellscha­ftsbespieg­ler Klaus Farin im Hirnkost-Verlag.

Und das Fragezeich­en im Titel ist richtungsw­eisend. Denn der Ort, der hier entscheide­nd ist, sind nicht die Seiten mit dem von Autoren Vorgedacht­en – es geht um eine Anregung bei Lesenden selbst durch eine so breit gestreute wie tief leuchtende Textauswah­l. Da regen die alten Ringelnatz und Tucholsky an, da fordert aber auch die zeitgenöss­ische Politikwis­senschaftl­erin heraus, da bilanziert der Sozialfors­cher zwischen der Heimat als „rechtes Liebesverh­ältnis“und als „linkes Hassobjekt“… – mit Fragezeich­en! Da beschreibt der Künstler Werner Schlegl Phantasia als „Heimat der Heimatlose­n“. Disparat wie das Thema selbst eben ist – ein fruchtbare Lektüre.

Hirnkost, 284 S., 16 ¤

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Klaus Farin (Hrsg.): Heimat

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