Neuburger Rundschau

„Kinder haben eine tolle Körperpoli­zei“

Ihr Beruf ist in diesem Jahr ein großes Thema: Sandra Ciesek ist Virologin. Sie kennt sich also mit dem Coronaviru­s aus. Hier erklärt sie mehr zum Krankheits­erreger

- VON RONNY THORAU

Wie verbreiten sich Viren? Wie wird man sie wieder los? Solche Fragen haben sich fast alle Menschen in diesem Corona-Jahr gestellt. Sandra Ciesek kann sie beantworte­n. Sie ist eine der bekanntest­en Virologinn­en in Deutschlan­d.

Was interessie­rt Sie an Viren, die kann man ja nicht mal sehen? Sandra Ciesek: Genau das finde ich eigentlich spannend, dass man sie mit bloßem Auge nicht sehen kann und dass sie trotzdem ganz unterschie­dliche Krankheite­n auslösen können: von Durchfall über Schnupfen, Husten oder auch im schlimmste­n Fall sogar Krebs. Außerdem kann man Viren schon sehen, man braucht nur ein spezielles Mikroskop dafür.

Wuseln Viren eigentlich hin und her, wenn Sie sie unter dem Mikroskop anschauen?

Sandra Ciesek: Wenn wir sie anschauen, sind sie oft festgemach­t, sag ich mal, sie bewegen sich nicht. Oft sind das einfach runde Punkte, die zum Beispiel wie eine ganz kleine Sonne aussehen. Das Coronaviru­s heißt sogar deshalb so.

Und wie klein sind Viren denn genau?

Sandra Ciesek: Viren sind so winzig klein, dass man eine unvorstell­bar große Menge Viren in einen Stecknadel­kopf packen könnte, wahrschein­lich hunderte Millionen. Man muss aber auch wissen, dass nicht alle Viren die gleiche Größe haben. Es gibt große Viren und es gibt ganz kleine Viren. Aber selbst die größten Viren sind für uns winzig klein und nicht durch ein normales Mikroskop zu sehen

Sie arbeiten ständig mit Viren: Haben Sie nicht Angst, sich dabei anzustecke­n?

Sandra Ciesek: Also Angst ist vielleicht der falsche Begriff, weil ich ja weiß, wie man sich schützen kann. Ich habe Respekt. Man darf nicht leichtsinn­ig sein. Es gibt auch Viren, die sind ganz harmlos. Die machen nicht wirklich krank. Es gibt aber auch Viren, die sind sehr gefährlich, zum Beispiel das Ebola-Virus. Die Angst kann man am besten loswerden, indem man viel über das Virus lernt, wie es zum Beispiel von einem Menschen auf den anderen übertragen wird, wie man einen Menschen am besten behandeln kann.

Wie viel Schutzklei­dung müssen Sie bei der Arbeit tragen?

Sandra Ciesek: Wenn wir im Labor mit dem neuen Coronaviru­s arbeiten, muss man sich gut schützen. Dann braucht man zum Beispiel einen Anzug oder einen speziellen Kittel. Man trägt Handschuhe, eine Schutzbril­le

und natürlich auch eine Maske, die sicherer ist als die Alltagsmas­ken. Ich arbeite aber im Moment hauptsächl­ich am Schreibtis­ch und schreibe viel. Da brauche ich keine Schutzklei­dung. Hier sitze ich ganz normal und habe nur einen Mund-Nasen-Schutz auf, um meine Kollegen nicht möglicherw­eise anzustecke­n.

Werden Virologen trotzdem häufiger krank?

Sandra Ciesek: Durch das sorgfältig­e Arbeiten und die Vorschrift­en steckt sich im Labor zum

Glück fast nie jemand an. Das ist eigentlich viel sicherer, als wenn man jetzt zum Beispiel in große Menschenme­ngen geht. Im Alltag ist die Gefahr sicherlich größer als hier im Labor, wo man sich kontrollie­rt schützen kann.

Warum werden Kinder durch das Coronaviru­s nur selten schwer krank?

Sandra Ciesek: Genau wissen wir es nicht. Eine Überlegung ist: Ein Virus braucht immer eine Zelle von uns Menschen, um sich zu vermehren. Um in die Körperzell­en zu gelangen, braucht es eine ganz bestimmte Struktur auf dieser Zelle, um anzudocken. Diese Struktur haben Kinder anscheinen­d weniger als Erwachsene.

Welche Gründe gibt es noch? Sandra Ciesek: Ein anderer Grund ist, dass Kinder einfach ein ganz tolles Immunsyste­m haben, also eine tolle Körperpoli­zei. Die führt dazu, dass sie das Virus schneller stoppen können als Erwachsene oder insbesonde­re alte Menschen.

Und wenn man doch krank wird: Wie kriegt man das Coronaviru­s am besten wieder raus aus dem Körper?

Sandra Ciesek: Bei den allermeist­en Menschen macht das der Körper ganz alleine. Da braucht man gar keine Medizin oder Medikament­e. Da muss man sich einfach gut ausruhen. Man sollte genug trinken, gesund essen. Wenn aber ein Mensch so krank ist, dass er ins Krankenhau­s muss, bekommt er spezielle Medikament­e. Diese sollen dafür sorgen, dass das Virus schneller aus dem Körper verschwind­et.

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Foto: dpa Zwei Männer warten im Impfstoffz­en‰ trum Arena Treptow auf ihre Impfung gegen das Coronaviru­s. Seit dem Wo‰ chenende wird in Deutschlan­d gegen das Coronaviru­s geimpft.
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Foto: dpa Sandra Ciesek ist Virologin. Das heißt, sie kennt sich mit Keimen, wie etwa dem Coronaviru­s, sehr gut aus.

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