Der Bürgermeister
„Ich freue mich über das Wir-Gefühl“
Als die erste Corona-Welle das Land im Frühjahr erfasst hat, bin ich gerade als Bürgermeister wiedergewählt worden. Das war schön, aber so richtig zum Feiern war mir nicht. Seitdem ist vieles in meinem Alltag ganz anders als vorher. Mir fehlen die Begegnungen, der persönliche, auch der körperliche Kontakt zur Begrüßung, ein Handschlag, eine Umarmung. Bei Kindern sagt man ja, Bindung entsteht durch Nähe. Und ich glaube, das gilt auch für Erwachsene. Darauf zu verzichten, tut schon weh.
Friedberg ist eine Stadt, die in dem Ruf steht, gerne zu feiern. Da entsteht dieser Kitt, der dann in einer schwierigen Situation alles zusammenhält. Aber in diesem Jahr gab es kein Volksfest, keinen Adventmarkt, keine Vereinsfeste. Auch wenn man sich als Politiker normalerweise vor Einladungen zu Weihnachtsfeiern kaum retten kann – so ganz ohne ist das eben auch nichts. Denn das sind die Gelegenheiten, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Heute freue ich mich umso mehr, wenn ich wenigstens auf der Straße Leute treffe. Ich habe das Gefühl, dass es den meisten Menschen ähnlich geht. Viele bleiben auf eine kurze Plauderei stehen, manche bitten mich aber auch um Hilfe. Die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus werden von einer großen Mehrheit mitgetragen. Aber es gibt natürlich auch immer wieder politische Entscheidungen, die zu vermeidbaren Schwierigkeiten führen. Da ist der Bürgermeister für viele Leute eben der Ansprechpartner.
Was mich sehr freut, ist der Zusammenhalt, der sich entwickelt hat. Dieses Wir-Gefühl, das Zusammenrücken, das im Frühjahr sehr stark war, jetzt aber immer noch da ist – auch wenn wir alle langsam genervt sind von der Situation.