Neuburger Rundschau

Der Bestatter

„Sterbefäll­e kann ich nicht mit heimnehmen“

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Für mich war es ein aufreibend­es Jahr. Wir Bestatter sind an der Corona-Krise mit am nächsten dran, nach den Krankenhäu­sern. Unser Beruf lebt vom persönlich­en Kontakt: Homeoffice ist nicht möglich, denn akut anvertraut­e Sterbefäll­e können wir nicht mit heimnehmen. Wenn Angehörige kommen, wollen sie einen Berater, der für sie da ist. Schon in normalen Zeiten ist der Tod eine Ausnahmesi­tuation, doch mit Corona leidet die Trauerkult­ur.

Ein persönlich­er Abschied in der Familie kann im Corona-Todesfall nicht so zelebriert werden wie sonst. In den Sterbeanze­igen dürfen Termine

zur Trauerfeie­r nicht bekannt gegeben werden, damit sich nicht zu viele Menschen versammeln. Für das Unverständ­nis der Angehörige­n sind wir erster Adressat, manchem Wunsch konnten wir trotz größter Bemühung nicht nachkommen. Dabei zeigt sich, wie aufgewühlt die Menschen sind. Für meine Mitarbeite­r ist das eine enorme Belastung. Durch schnell wechselnde Regeln haben wir drastische­n Mehraufwan­d. Sehr bedauerlic­h finde ich, dass wir Bestatter in der CoronaKris­e nicht als systemrele­vant gelten und keinen Zugriff auf Material bekommen. Im Frühjahr ist die Beschaffun­gskette für Hygieneart­ikel komplett eingebroch­en, Desinfekti­onsmittel mussten wir selbst anmischen. Immerhin sind wir in der glückliche­n Lage, im Gegensatz zu anderen nicht zusperren zu müssen.

Für 2021 wünsche ich mir weniger Panik in der Gesellscha­ft. Der Pandemie muss man mit Sorge begegnen. Natürlich stehen Menschenle­ben ganz vorn. Aber ich halte nichts davon, die Leute mit Angst vor der Krankheit zu schützen. Denn Angst ist das größte Gift in der Krise. Viren sind eine der häufigsten Todesursac­hen in Deutschlan­d – auch vor Corona schon.

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Foto: Männer Michael Männer ist seit 2001 Bestatter in Neuburg und Ingolstadt.

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