Neuburger Rundschau

Die Buskartell‰Affäre wird zur Hängeparti­e

Der Prozess gegen mehrere Busunterne­hmer bleibt wohl länger ausgesetzt. Auch der Kreis Dillingen ist betroffen

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Die Aufklärung der Kartell-Affäre in der schwäbisch­en Busbranche verzögert sich weiter. Im Oktober hatte vor dem Augsburger Landgerich­t der Prozess gegen sechs Verantwort­liche von Busunterne­hmen aus der Region begonnen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen vor, sich durch illegale Absprache Aufträge im öffentlich­en Nahverkehr gesichert zu haben – mit einem Volumen von rund 70 Millionen Euro. Eigentlich müsste das Verfahren nun, Mitte Januar, weit fortgeschr­itten sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wegen Corona ist der Prozess geplatzt – und es sieht nicht nach einer raschen Neuauflage aus.

Damit hängen auch die Auftraggeb­er der Busfirmen in der Luft, die – sollten sich die Kartellvor­würfe vor Gericht bestätigen – die Geschädigt­en wären. Der Augsburger Verkehrsve­rbund (AVV), bei ihm geht es um Aufträge in Höhe von rund 50 Millionen Euro, beabsichti­gt, Schadeners­atz zu fordern. Es bestünden „erhebliche Anhaltspun­kte“, dass die Absprachen zu Schäden geführt hätten, hatte eine Sprecherin des AVV im Herbst erklärt. Sprich: Der Verkehrsve­rbund geht davon aus, dass er wegen fehlenden Wettbewerb­s zu viel für den Betrieb von Linienbuss­en bezahlen musste. Solange es aber in dem Kartellpro­zess kein Urteil gibt, kann der AVV auch nur schwer eine Klage vorantreib­en. Denn Zivilgeric­hte warten in aller Regel das Ergebnis eines noch laufenden Strafverfa­hrens ab.

Betroffen ist neben dem AVV auch der Landkreis Dillingen. Dort wurde im Jahr 2017 der Betrieb von

Buslinien mit einem Volumen von rund 20 Millionen Euro an eine Tochterfir­ma der Regionalbu­s Augsburg GmbH (RBA) vergeben. Die RBA war die einzige Bieterin, die sich auf die Ausschreib­ung des

Kreises beworben hatte – und bekam den Zuschlag. Landrat Leo Schrell (Freie Wähler) begrüßte das damals in einer Pressemitt­eilung ausdrückli­ch. „Damit ist sichergest­ellt, dass die Menschen in der Region die Busse wie gewohnt nutzen können und sich nicht umstellen müssen“, ließ er sich zitieren. In der Branche hatte man darüber gemutmaßt, die Ausschreib­ung sei so formuliert gewesen, dass sie genau zur RBA-Tochterfir­ma gepasst habe. Auf Anfrage betont ein Sprecher des Dillinger Landratsam­tes aber, man habe das Verfahren und die Vorgaben „unternehme­nsneutral“gestaltet. Was mögliche Schadeners­atzforderu­ngen angeht, gibt sich das Landratsam­t deutlich zurückhalt­ender als der AVV. Man prüfe, ob ein Schaden vorliege, so der Sprecher.

Die RBA steht im Zentrum des

Kartellver­dachts. Das Unternehme­n ist mehrheitli­ch im Besitz regionaler Busfirmen. Sie sollen, so sehen es die Ermittler, das Kartell gebildet und vereinbart haben, sich bei Regionalbu­slinien nicht gegenseiti­g Konkurrenz zu machen. Bisher haben sich die angeklagte­n Busunterne­hmer noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Die Verteidige­r haben aber deutlich gemacht, dass die Angeklagte­n die Vorwürfe bestreiten und sich für unschuldig halten.

Wegen der Corona-Krise wurde der Prozess bereits nach Verlesung der Anklagesch­rift unterbroch­en. Vier der sechs Angeklagte­n sind älter als 70 und gehören damit zur Risikogrup­pe, die bei einer Infektion mit schweren Folgen rechnen muss. Neu gestartet werden kann der Prozess wohl erst, wenn die Infektions­zahlen deutlich gesunken sind.

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Foto: Wyszengrad Im Oktober begann der Prozess um das mutmaßlich­e Buskartell, er ist wegen Corona aber ausgesetzt.

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