Neuburger Rundschau

Hähnchenhe­rzen für die Störche

Das Winter-Storchenpa­ar aus Baiern erkennt bereits sein Auto: Seit 14 Jahren schon füttert Gunter Weinrich die beiden Tiere. Wie kam es dazu?

- VON WINFRIED REIN

Neuburg Wenn ein blaues Auto am Donaumoosr­and auftaucht, dann kommt ein Festmahl: Hähnchenhe­rzen und geschnetze­ltes Rindfleisc­h. Genießen dürfen es zwei Weißstörch­e, ihr Lieferant ist Gunter Weinrich aus Neuburg. Im Winter füttert der Storchenke­nner das Paar aus Baiern bei Rohrenfels zwei- bis dreimal pro Woche – und das seit 14 Jahren.

Eigentlich sollten die Störche längst im warmen Nordafrika oder zumindest in Spanien sein. Vielleicht hat sich auch herumgespr­ochen, dass es in Madrid stärker geschneit hat als bei uns, jedenfalls sind von den zuletzt 28 Storchenpa­aren im Landkreis 15 hiergeblie­ben. Entweder das Paar oder zumindest ein Partner hat sich den anstrengen­den Flug ins Winterquar­tier erspart.

Diesen Verlust des Zugtriebes beobachtet der Landesbund für Vogelschut­z, kurz LBV, schon länger. Im Januar 2021 schätzt er die Zahl der

in Bayern auf 300. Das Nahrungsan­gebot spielt für die Sesshaften nicht die entscheide­nde Rolle. Der LBV vermutet, dass Winterstör­che meist „zivilisier­te“Nachkommen von Zuchtstörc­hen aus den Stationen im Elsaß, in der Schweiz und Baden-Württember­g sind.

Und so suchen jetzt im Januar Störche im Paartal bei Hörzhausen, im Moos bei Karlskron oder in der Donauebene bei Rennertsho­fen nach Nahrung. Die finden sie auch, denn Wiesen, Schilf oder Gräben geben immer Mäuse, Schnecken, Larven oder Fische preis. Kritisch wird es nur, wenn der Boden durchgefro­ren und durchgehen­d von Schnee bedeckt ist. Dann weichen die Weißstörch­e auf die Region größerer Gewässer aus.

Die Weinrich-Störche kennen diese Probleme nicht. Der pensionier­te Storchenfr­eund aus Neuburg kommt zuverlässi­g mit Frischfutt­er nach Baiern. „Es sind Schlachtab­fälle, die mir Metzgermei­ster Hans Schmid zur Verfügung stellt“, berichtet Gunter Weinrich, „das Fleisch wird von mir zerkleiner­t und vorgekocht“. Wenn er am frühen Morgen um den Kirchberg des kleinen Ortes herum und in die Weite des Mooses fährt, „flattern die Störche schon aufgeregt herum“. Auf einer Wiese serviert er die Delikatess­en. Das Storchenpa­ar kommt sofort herbei und fängt zu picken an. Der Naturfreun­d sieht aus ein paar Metern Entfernung zu.

Die Störche nehmen gern das Futter, aber zahm sind sie deswegen nicht. Mit der Winterfütt­erung hatte Gunter Weinrich 2006 nur begonnen, weil sich ein Baierner Storch den Flügel verletzt hat und kaum mehr fliegen konnte. Der Vogel stammt laut Beringung aus einem tschechisc­hen Ort bei Prag, während sein Partner im französisc­hen Elsaß geboren worden ist. Als Westzieher fliegt er normalerwe­ise über Gibraltar nach Tunesien, Marokko oder Algerien. Der tschechisc­he Storch steuert als Ostzieher über die Türkei, den Libanon und Ägypten afrikanisc­he LänWinters­törche der wie den Sudan an. Die bis 10.000 Kilometer lange abenteuerl­iche Reise ist mit vielerlei Gefahren verbunden. Etwa ein Drittel der Störche verliert dabei sein Leben.

Auf Burgheimer Flur ist Anfang dieser Woche ein toter Storch entdeckt und gemeldet worden. Gunter Weinrich hat ihn abgeholt und im Landratsam­t abgegeben. Nachdem der Storch äußerlich unverletzt ist, besteht der Verdacht, dass er vergiftete Mäuse gefressen hat – ein Zwischenfa­ll, der immer wieder vorkommt.

Im Landstrich zwischen Paar und Donau sind die Glücksbrin­ger das ganze Jahr über gern gesehen. Und es werden immer mehr: 28 Brutpaare hatten 2020 in NeuburgSch­robenhause­n 55 Junge ins Leben entlassen. Damit ist nahezu das Maximum erreicht, denn der Lebensraum bleibt knapp. Das gilt auch bayernweit für den Rekord von 750 Standorten und 600 Brutpaaren mit rund 1500 Jungen im vergangene­n Jahr.

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Fotos: Winfried Rein Ein internatio­nales Storchenpa­ar mit französisc­her und tschechisc­her Herkunft lebt in Baiern. Im Winter werden sie von Gunter Weinrich aus Neuburg gefüttert.
 ??  ?? Gunter Weinrich zeigt Hähnchenhe­rzen, eine Delikatess­e für Störche.
Gunter Weinrich zeigt Hähnchenhe­rzen, eine Delikatess­e für Störche.
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Wenn Gunter Weinrich anrückt, warten die Störche bereits auf ihn.

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