Neuburger Rundschau

Wie kommt das Virus in die Heime?

St. Johannes, Schloss Hochalting­en und das BRK-Heim am Mangoldfel­sen und jetzt auch das gKU-Haus in Monheim – Corona fordert vor allem in den Betreuungs­einrichtun­gen Opfer. Dabei war der Impfschutz greifbar nahe

- VON BARBARA WILD

Donau‰Ries Arthur Lettenbaue­r spricht von einer „bedrückend­en Situation“. Der Kreisgesch­äftsführer des Bayerische­n Roten Kreuzes und damit auch Verantwort­licher für das Seniorenhe­im am Mangoldfel­sen in Donauwörth klingt erschöpft. „Ich bin zwar gesund, aber fragen sie mich lieber nicht, wie es mir geht.“Man hört es ihm an. Der CoronaAusb­ruch in dem Donauwörth­er Seniorenhe­im mit 71 Infizierte­n und damit verbunden aktuell sieben Verstorben­en verlangen Lettenbaue­r, den Angehörige­n und vor allem seinen Mitarbeite­rn alles ab. Emotional und organisato­risch. Viele Pfleger fallen aus. „Es gebührt großer Dank denjenigen, die jetzt alles geben und durchhalte­n“, sagt Lettenbaue­r.

Die Bilanz der letzten Wochen in den Einrichtun­gen im Landkreis fällt bitter aus. Stiftung Sankt Johannes: 50 Infizierte, zehn Todesfälle in Zusammenha­ng mit Covid-19. Im Haus Sankt Marien in Hochalting­en: 31 positive Fälle, zwei Verstorben­e nach Erkrankung an Sars-CoV-2. Seit Donnerstag ist klar, dass auch im Seniorenhe­im des gKU in Monheim 21 Bewohner und neun Mitarbeite­r infiziert sind.

Vermutlich sind diese Zahlen bereits nicht mehr aktuell, wenn sie gelesen werden. Denn manchmal kann ein stabiler Verlauf einer Covid-19-Erkrankung eines älteren Menschen eine schnelle und dramatisch­e Wendung nehmen. Und das Virus verbreitet sich unbemerkt und rasend schnell.

Es sind vor allem die Ausbrüche in den Einrichtun­gen, die im Landkreis für die hohen Infektions­zahlen verantwort­lich sind. 484 Personen sind derzeit positiv getestet. Der Inzidenzwe­rt liegt bei 219 – also nach wie vor über dem Schwellenw­ert von 200.

Warum verbreitet sich das Virus aktuell so stark in den Heimen? Monatelang war der Schutz nach außen effektiv. Und er wurde nochmals intensiv verstärkt. Ohne negativen Test, Termin und Mundschutz darf kein Besucher rein. Auch gelten weiterhin die allgemeine­n Bestimmung­en wie Händedesin­fektion und Abstand. Mitarbeite­r werden mittlerwei­le zwei Mal die Woche getestet.

Da sorgen die Nachrichte­n, dass in zwei der Heime zuvor eine große Impfaktion stattgefun­den hat, für In Schloss Hochalting­en wurden am 31. Dezember 75 Personen geimpft, am 7. Januar meldete das örtliche Gesundheit­samt den Ausbruch. Im Seniorenze­ntrum am Mangoldfel­sen in Donauwörth wurden am 2. Januar 95 Bewohner geimpft und am 11. Januar der Ausbruch bekannt gegeben. Auch in Monheim war erst am vergangene­n Wochenende das mobile Impfteam im Einsatz und am Mittwoch kam die Mitteilung aus dem Landratsam­t Donau-Ries, dass hier ein Ausbruch stattfinde­t. Liegt es da nicht nahe, einen Zusammenha­ng zu sehen?

Das Gesundheit­samt Donau-Ries weist diesen Verdacht in einer schriftlic­hen Stellungna­hme auf Nachfrage unserer Zeitung klar zurück. Durch das Vakzin selbst könne keine Infektion verursacht werden. Denn im Unterschie­d zu den klassische­n Impfstoffe­n enthalten mRNA-Impfstoffe, wie es auch der von Biontech/Pfizer ist, weder Eiweißmole­küle des Virus noch vermehrung­sfähige Krankheits­erreger, sondern Nukleinsäu­ren, die die BaVerunsic­herung. sisinforma­tion zur Herstellun­g der Antigene, wie sie auf dem Virus zu finden sind, enthalten. Diese werden nach der Verabreich­ung vom Körper selbst in den Zellen hergestell­t. „mRNA ist nicht infektiös und kann somit die Erkrankung nicht hervorrufe­n. Darüber hinaus wird sie nicht in das menschlich­e Genom integriert und im Körper von natürlich vorkommend­en Ribonuklea­sen abgebaut“, so die Antwort aus medizinisc­h-fachlicher Sicht. Übersetzt heißt das: Bei der Impfung wird nicht ein Bestandtei­l des Virus injiziert, sondern das Serum enthält Stoffe, die helfen, ein Abwehrsyst­em in den Zellen zu bilden.

Sollte bei einer geimpften Person eine Infektion festgestel­lt werden, so sei davon auszugehen, dass sie bereits infiziert war, als sie geimpft wurde – so die Einschätzu­ng des Gesundheit­samtes. Vor einer Impfung wird nicht getestet.

Dort hält man es für am wahrschein­lichsten, dass Besucher während der Feiertage das Virus in eine Einrichtun­g getragen haben. Diese hätten während der Feiertage wieder mehr Kontakte gehabt und Verwandte würden möglicherw­eise die vorgeschri­ebenen Abstände nicht immer einhalten, heißt es in der Stellungna­hme. Beim BRK Seniorenhe­im in Donauwörth war das allerdings nicht die Quelle, denn hier war bereits vor den Feiertagen ein Besuchsver­bot verhängt worden – wegen eines einzelnen Coronafall­s. Das Virus war also bereits in der Einrichtun­g.

Dass die mobilen Impfteams das Virus beim Impftermin einschlepp­en, hält das Gesundheit­samt ebenfalls für unwahrsche­inlich. Zwar könne es keine hundertpro­zentige Sicherheit geben, doch handele es sich bei den mobilen Impfteams um geschultes medizinisc­hes Personal, welches zu dem unter Vollschutz arbeite. „Das Risiko einer Ansteckung ist damit bedeutend geringer als beispielsw­eise während der Besuchspha­se über die Feiertage“, so das Gesundheit­samt. Nur bei der Injektion selbst müsse der Abstand zum Patienten unterschri­tten werden, jedoch sei bis zu diesem Zeitpunkt eine Aufklärung und Beratung mit entspreche­nden Hygienemaß­nahmen relativ risikoarm durchführb­ar. Was aber schon geschieht: Bei der Impfung kommen die Bewohner aus dem Haus in kleinen Gruppen zusammen, warten in einem Raum nach der Impfung, ob Nebenwirku­ngen auftreten.

„Die Entwicklun­g der Fallzahlen in den Einrichtun­gen hängt in erster Linie von den Kontakten innerhalb der Einrichtun­gen ab“, heißt es. Eine einzelne positive Person könne bei einer entspreche­nden Anzahl an Kontakten innerhalb der Einrichtun­g ausreichen, um die Verbreitun­g zu ermögliche­n. „Da in den rasch organisier­ten Reihentest­ungen teilweise größere Ausbruchsg­eschehen aufgedeckt wurden, muss davon ausgegange­n werden, dass das bereits länger in den Einrichtun­gen ablief.“

Ist das Virus einmal in einer Einrichtun­g, kann es teilweise eine Zeit lang unentdeckt verbreitet werden, vermutet das Gesundheit­samt. Bewohner werden nur getestet, wenn sie Symptome zeigen.

Gerade auch im BRK-Zentrum in Donauwörth ist im Nachhinein klar geworden, dass die Antigen-Tests bei weitem nicht so sicher sind. Mitarbeite­r, die negative Ergebnisse hatten, zeigten beim PCR eine Infektion. So erst ergab sich ein reales Bild der Lage. Dennoch reicht ein negatives Ergebnis eines AntigenTes­ts weiterhin, um einen Besuch im Heim zu machen. An Weihnachte­n kamen viele, denn es gab Wichtiges zu besprechen – zum Beispiel die Impfung.

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Foto: Alexander Kaya Derzeit gibt es in drei Seniorenhe­imen im Landkreis Corona‰Fälle. Seit gestern ist klar, dass auch in Monheim 30 Personen mit Sars‰CoV‰2 infiziert sind.

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