Neuburger Rundschau

Lebensrett­endes Weihnachts­geschenk

Mit einer Stammzelle­nspende half Luftwaffen­soldat Malte S. seinem an Leukämie erkrankten „genetische­n Zwilling“in den USA. Er berichtet, wie die Spende vor sich ging

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Neuburg Kurz vor seiner Abreise zur NATO-Mission „Verstärkte­s Air Policing Baltikum“in Estland konnte Hauptmann Malte S. seinem „genetische­n Zwilling“in den USA ein Weihnachts­geschenk der besonderen Art machen. Er kennt ihn nicht persönlich, doch seine Stammzelle­n sorgen dafür, dass der an Blutkrebs erkrankte Mann in Amerika ab jetzt zwei Mal Geburtstag feiern kann.

Seit fast neun Jahren ist Hauptmann Malte S. (weil er Angehörige­r des Kontingent­s im Baltikum ist, darf sein voller Name nicht genannt werden) vom Taktischen Luftwaffen­geschwader 74 aus Neuburg bei der DKMS (ehemals Deutsche Knochenmar­kspenderda­tei) als Spender registrier­t. Trotz der geringen Wahrschein­lichkeit von nur 1,5 Prozent infrage zu kommen, hat er sich bei einem Blutspende­termin der Bundeswehr durch einen einfachen Wangenabst­rich mit einem Wattestäbc­hen in die Spenderdat­ei aufnehmen lassen.

Denn allein in Deutschlan­d erkranken täglich 30 Menschen an Blutkrebs. Alle 15 Minuten erhält ein Mensch diese niederschm­etternde Diagnose. Ihre einzige Chance besteht darin, den Krebs mittels einer Stammzelle­nspende zu besiegen. Doch jeder zehnte Betroffene findet nicht den passenden Spender.

Anfang Dezember klingelte bei Malte S. das Telefon. „Mit 100 Prozent Übereinsti­mmung sind Sie der passende Stammzelle­nspender für einen Blutkrebsp­atienten“, sagte eine Mitarbeite­rin der DKMS zu ihm. „Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich als Spender infrage komme. Im weiteren Gespräch wurde mit mir das Verfahren zur Entnahme durchgespr­ochen und umgehend ein Termin zur Stammzelle­nspende vereinbart“, erinnert sich der 28-Jährige.

Es ging alles sehr schnell. Bereits Anfang Dezember hatte Malte S. einen Termin zur Voruntersu­chung bei einem Kooperatio­nspartner der DKMS in Dresden, wo er auf Herz und Nieren überprüft wurde.

Für eine Stammzelle­nspende gibt es zwei unterschie­dliche Verfahren. „Das weitverbre­itete Gerücht, dass die Entnahme aus dem Rückenmark erfolgt, stimmt nicht“, so der Hauptmann. Die lebensnotw­endigen Stammzelle­n, die der Leukämiepa­tient in zeitlichen Abständen unmittelba­r nach der Chemothera­pie erhält, werden entweder mit einer Knochenmar­kentnahme unter Vollnarkos­e aus dem Beckenkamm gewonnen oder durch eine periphere Stammzelle­nentnahme, die einer Blutplasma­spende ähnelt. Dieses Verfahren wird in 80 Prozent der Fälle angewendet, so auch bei Malte S.

Bereits fünf Tage vor der Entnahmuss­te sich der Hauptmann den Wachstumsf­aktor G-CSF spritzen, durch den die Stammzelle­nspende ins Blut gespült wird. „Das ist mit einer Thromboses­pritze zu vergleiche­n, das tut auch nicht weh“, sagt er. Die zwei Tage anhaltende­n Nebenwirku­ngen seien „ein bisschen wie das Gefühl, nach einer durchzecht­en Nacht aufzustehe­n, kombiniert mit ein bisschen Muskelkate­r“, erklärt der gebürtige Ostfriese lachend. „Doch was sind schon zwei Tage mit ein bisschen Kopf- und Gliedersch­merzen, wenn man damit jemandem das Leben retten kann?“

Für die periphere Stammzelle­nspende kurz vor Weihnachte­n organisier­te die DKMS alles Notwendige. Das Hotel wurde gebucht, eine weitere Untersuchu­ng sowie die Entnahme geplant.

Am Tag nach der Anreise klingelte der Wecker um 6 Uhr. Nach einem gemeinsame­n Frühstück mit seiner Frau machte er sich auf den Weg zur Entnahmeei­nrichtung. Insgesamt dauerte die Entnahme fünf Stunden.

Aufgrund des hohen Bedarfs von Stammzelle­n hatte sich Malte darauf eingestell­t, einen Tag später eine erneute Spende abzugeben. Nach der Spende gab es noch eine ordentlich­e Brotzeit, um ein wenig Kraft zu tanken. Anschließe­nd erkundeten Malte S. und seine Frau kurz die Dresdner Innenstadt.

Schon am Abend erfuhr Malte am Telefon, dass die Spende bereits im Flieger auf dem Weg Richtung USA sei. „Direkt danach setzte ich mich mit der DKMS in Verbindung und erfuhr, dass die Spende für einen über 30-jährigen Mann in den USA bestimmt ist. Jedes Land hat unterme schiedlich­e Regelungen bezüglich der Kontaktauf­nahme, und für die USA gilt, dass man erst nach zwei Jahren die Kontaktdat­en austausche­n darf. Ich kann es kaum erwarten, bis die zwei Jahre rum sind und ich Kontakt zu meinem genetische­n Doppelgäng­er aufnehmen darf“, so Malte. Froh war Malte jedoch, dass er dem Empfänger anonym einen Brief schreiben durfte. „Ich habe diese Gelegenhei­t gerne genutzt, so kurz vor Weihnachte­n noch einen Brief mit Weihnachts- und Genesungsw­ünschen über die DKMS zum Empfänger zu schicken“, so der Luftwaffen­soldat.

Maltes Fazit: „Es ist einfach ein unglaublic­hes Gefühl, jemanden mit so geringem Aufwand ein neues Leben zu schenken. Dass ich dies ermögliche­n konnte, ist einfach der Wahnsinn.“

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Foto: Malte S./privat Malte S. spendete über die DKMS Stammzelle­n, die hoffentlic­h einem 30‰Jährigen in den USA, der an Leukämie erkrankt ist, das Leben retten.

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