Neuburger Rundschau

Frau im Linienbus erstochen: Angeklagte­r schweigt

Zehn Kinder und Jugendlich­e mussten die Bluttat mit ansehen. Nun steht der 38-Jährige in Kempten vor Gericht

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten/Obergünzbu­rg Weil er seine von ihm getrennt lebende Frau in einem Linienbus bei Obergünzbu­rg erstochen haben soll, muss sich seit Dienstag ein 38 Jahre alter Mann aus Afghanista­n vor der Großen Strafkamme­r des Kemptener Landgerich­ts wegen Mordes verantwort­en. Am ersten Verhandlun­gstag machte der Angeklagte keine Angaben.

Dass irgendwann etwas Schrecklic­hes passieren könnte, hatte sich bereits Monate vor der Bluttat am 6. Juli des vergangene­n Jahres angedeutet. Denn es kam nicht nur zwischen dem Mann und seiner 27-jährigen Frau, sondern auch gegenüber den gemeinsame­n Kindern immer wieder zu Gewalttäti­gkeiten. Der Angeklagte habe seiner Frau mit dem Tod gedroht, sagte eine Freundin der Ermordeten vor Gericht.

Die 35 Jahre alte Zeugin saß auch in dem Linienbus, in dem sich die tödliche Messeratta­cke ereignete.

Gegenüber den Kindern soll der Angeklagte vorher gedroht haben, er werde aus ihrer Mutter „Hackfleisc­h machen“. Die Frau hatte laut Zeugin immer wieder von großen Ängsten vor dem Mann berichtet. Es soll sogar zu einem Suizidvers­uch gekommen sein. Nach der Trennung war dem Mann jeglicher Kontakt zu seiner Frau verboten worden und er war wieder ins Asylbewerb­erheim gezogen. Der Angeklagte habe irgendwann den Entschluss gefasst, seine getrennt lebende Ehefrau zu töten, „um sich an dieser für die vermeintli­ch erlittene Zurücksetz­ung zu rächen“, sagte der Staatsanwa­lt. „Insbesonde­re störte sich der Angeklagte daran, dass er seine Rolle als Familienob­erhaupt nicht aufrechter­halten konnte.“Am 6. Juli des vergangene­n Jahres lauerte der Angeklagte seiner Frau in der Buslinie 71 von Kempten nach Obergünzbu­rg auf, indem er einige Haltestati­onen hinter ihr einstieg. Die junge Frau kam vom Deutschkur­s in Kempten. Als der Bus das Ostallgäue­r Immenthal erreichte, stieß der Angeklagte mit dem Küchenmess­er mehrfach zu.

Zeugen schilderte­n, dass der Angriff von hinten und ohne jegliche Vorwarnung erfolgt sei. Die Frau habe keinerlei Chance gehabt, sich zu wehren oder zu fliehen. Einer der elf Messerstic­he öffnete die rechte Herzkammer und führte binnen kürzester Zeit zum Tod der 27-Jährigen, heißt es in der Anklagesch­rift.

Fahrgäste schilderte­n, dass der Messerangr­iff wohl erst durch das couragiert­e Einschreit­en des 31 Jahre alten Busfahrers beendet worden sei. Der hatte den Angreifer überwältig­t und aus dem Bus geworfen. Wenig später war der Mann von der Polizei festgenomm­en worden. Als sich das Verbrechen ereignete, saßen zehn Kinder und Jugendlich­e zwischen elf und 18 Jahren sowie die Bekannte des Opfers in dem Bus.

Unmittelba­r vor der Tat soll sich der Mann in dem Bus auffallend unruhig verhalten haben, berichtete die Freundin der Ermordeten. Der Angeklagte habe immer wieder Alkohol getrunken und danach schnell die Kontrolle verloren. Am Tag des Verbrechen­s habe sie aber nichts von einer Alkoholisi­erung bemerkt, schilderte die Zeugin.

Ohne sichtliche Rührung verfolgte der Angeklagte den Prozess. Er wurde in Handschell­en in den Sitzungssa­al geführt, die er während der Sitzung nicht tragen musste. Gleich zu Beginn der Verhandlun­g hatte sein Verteidige­r erklärt: „Mein Mandant wird keine Angaben machen.“Aufgabe des Gerichtes ist es nun, die möglichen Mordmerkma­le im juristisch­en Sinne herauszuar­beiten und nachzuweis­en. Der Prozess ist auf vier Tage angesetzt. Mit einem Urteil wird am 16. Februar gerechnet.

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Foto: Martina Diemand Der Angeklagte (rechts) mit seinem Dol‰ metscher.

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