Neuburger Rundschau

Die Lage in Kleidungsg­eschäften spitzt sich zu

Kaum Anlässe und ein zähes Mitnahmege­schäft: Die Textil-Branche ist besonders vom Lockdown gebeutelt. Auch in Läden im Raum Neuburg stapelt sich die Ware – und jetzt wird auch noch die Frühjahrsm­ode geliefert

- VON ANDREAS SCHOPF

Neuburg Das, was derzeit im Geschäft von Claudia Stadlmayr hängt, hat sie vor vielen Monaten bestellt. Voller Hoffnung, dass die Pandemie bis dahin unter Kontrolle ist, orderte Stadlmayr Ware für die kalte Jahreszeit. Das Weihnachts­geschäft steht an, danach der Winterschl­ussverkauf, so die Planung. Doch es kam anders. Seit Mitte Dezember hat das Modehaus Bullinger in Neuburg geschlosse­n. Hosen, Pullover oder Jacken hat es seitdem so gut wie nicht verkauft. „Wir machen derzeit keine Umsätze“, sagt Geschäftsf­ührerin Stadlmayr. Und das nächste Problem ist absehbar: Die Frühjahrsm­ode, ebenfalls vor Monaten bestellt, muss Stadlmayr demnächst abnehmen und bezahlen. Sie und andere Textilhänd­ler im Raum Neuburg sind in einer schwierige­n Situation. Christa Sutor hat ihren Laden „C & F Moden“in der Neuburger Färberstra­ße bereits coronabedi­ngt zusperren müssen. Auch andere Anbieter haben zu kämpfen.

Natürlich kann man auch bei Bullinger derzeit Ware bestellen und abholen. Doch die Modebranch­e hat ein Problem: Menschen möchten die Sachen anprobiere­n, bevor sie sie kaufen. Ist das nur mit eventuelle­m Rückgabe-Aufwand möglich, ist das eine Hemmschwel­le. „Es ist aktuell nicht leicht, etwas an den Mann oder die Frau zu bringen“, sagt Stadlmayr, die Wünsche ihrer Kunden per Mail entgegenni­mmt. Die Hoffnung der Geschäftsf­rau: Vielleicht kann sie ihr Modehaus so schnell wieder öffnen, dass sie zumindest noch etwas Winterware losbekommt. Ansonsten bleibt sie auf den Sachen sitzen.

Die bestellten Frühjahrs-Kollektion­en sitzen ihr bereits im Nacken. Die abzulehnen, ist mit hohen Stornogebü­hren verbunden. Die möchte Stadlmayr nicht zahlen. Also hat sie mit Hersteller­n und Lieferante­n vereinbart, dass diese die Ware vorübergeh­end noch bei sich behalten. Das Problem, dass die Händlerin die Lieferunge­n bezahlen muss, bleibt. Normalerwe­ise nimmt man dafür die Einnahmen der Wintersais­on her. Doch die fehlen.

Stattdesse­n muss man bei Bullinger die nicht verkaufte Wintermode einlagern. „Zum Glück haben wir die Flächen dafür“, sagt Stadlmayr, die betont: „Wir werden nichts wegschmeiß­en.“Basic-Artikel, wie etwa einfache Pullover, könne man ebenso gut im kommenden Winter verkaufen. Anders sehe es mit hochmodisc­her Kleidung aus, die aktuelle Trends verkörpern. „Die können wir nur noch mit Abschlägen verkaufen.“Schon jetzt muss sich Stadlmayr Gedanken um Bestellung­en für die nächste Wintersais­on machen. „Das ist sehr schwer zu planen.“Trotz aller Probleme will die Geschäftsf­rau nicht schimpfen. „Die Gesundheit geht vor“, sagt sie.

denkt auch Juliane Gebert, Inhaberin des Bekleidung­shauses Fischer in Rennertsho­fen. „Hauptsache, wir bleiben alle gesund“, ist ihr

Wunsch. Mit Blick auf ihr Geschäft hat Gebert jedoch mit diversen Herausford­erungen zu kämpfen. Erst fehlten Anlässe wie Feiern, KomSo

munionen und Beerdigung­en, dann fiel das Weihnachts­geschäft aus. Auch der Winterschl­ussverkauf, der nun eigentlich anstehen würde, ist erst verspätet möglich. Die Folge: „Meine Lager sind voll“, sagt Gebert. „Drücken und Stapeln“, sei derzeit das Motto. Zumal die nächste Ware im Anmarsch ist. Ende Januar kommen die ersten Lieferunge­n der Frühjahrsk­ollektione­n. Bezahlen muss sie diese aus ihrem eigenen Geldbeutel – Rücklagen aus dem Wintergesc­häft gibt es keine.

Auch das Abholgesch­äft laufe zäh. Ihre Kunden seien die persönlich­e Beratung gewöhnt, das Anprobiere­n vor Ort, das Abstecken zum Ändern. Fällt das weg, werde es ganz schwierig, etwas zu verkaufen, sagt Gebert. Sie hofft darauf, Mitte Februar wieder öffnen zu dürfen und zumindest ein paar Wintersach­en mit Rabatten noch verkaufen zu können. Wird der Lockdown um weitere zwei Wochen verlängert, sei das Saisongesc­häft endgültig gelaufen. „Ende Februar kauft keiner mehr Winterware, außer man schenkt sie quasi her.“

Blickt die Händlerin in die Zukunft, hat sie vor allem eine Sorge: Bislang war es ihren Kunden wichtig, Mode vor Ort anzuprobie­ren, anzufassen und sich beraten zu lassen. „Ich hoffe, das bleibt so.“Doch angesichts der aktuellen Situation würden sich Kunden mehr und mehr mit dem Online-Handel befassen. Geberts Befürchtun­g: Kunden könnten sich in der Krise daran gewöhnen, Kleidung im Internet zu kaufen, und den lokalen Einzelhand­el aus den Augen verlieren.

Als „sehr schwer“bezeichnet Carmela Neff, Inhaberin des Italian Fashion Store in Neuburg, ihre Situation. Sie versuche, über das Abholgesch­äft etwas Umsatz zu generieren. „Das geht ein bisschen, aber ist natürlich nicht vergleichb­ar mit zuvor“, sagt sie. Für ihre Branche sei es extrem wichtig, ab 15. Februar wieder zu öffnen. Nur dann könne man noch etwas Winterware verkaufen. „Wir können diese Ware nicht einfach nächsten Winter anbieten. Unsere Kunden kennen die Kollektion­en.“Auch sei es wichtig, Einnahmen zu generieren, um damit die bestellte Frühjahrsm­ode zu bezahlen.

Besonders hart trifft es Händler einer speziellen Textilbran­che: Trachten. Anlässe dafür gibt es quasi keine mehr, dementspre­chend mau ist das Geschäft. „Wir machen derzeit null Komma null Umsatz, es schaut wirklich schlecht aus“, sagt Elfi Bergmair, Inhaberin des gleichnami­gen Trachtenge­schäftes in der Neuburger Innenstadt. Finanzhilf­en des Staates seien aktuell bei ihr noch nicht angekommen. Ob und wann etwas kommt, sei ungewiss.

„Keine Ahnung, wie lange das so weitergehe­n kann“, sagt Elfi Bergmair über ihre eigene Zukunft. Ihr bleibe derzeit nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass sie ihr Geschäft wieder öffnen kann. Dann will sie entscheide­n, wie es weitergeht.

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Foto: Michael Geyer Bei Juliane Gebert vom Bekleidung­shaus Fischer in Rennertsho­fen stapelt sich die nicht verkaufte Winterware. Sie und ihre Kol‰ legen hoffen darauf, ab dem 15. Februar öffnen zu können, um noch irgendetwa­s von der aktuellen Kollektion verkaufen zu kön‰ nen.

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