Neuburger Rundschau

Der Koffein-Junkie

Andy Jassy wird Amazon-Chef. Der Nachfolger von Jeff Bezos hat nicht nur neue Geschäfte im Fokus – er hat den Fans von Trump auch den Stecker gezogen

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Amazon-Chef Jeff Bezos gibt mit 57 Jahren den Vorstandsv­orsitz seines vor 26 Jahren gegründete­n Online-Imperiums ab. Dass sein Nachfolger Andy Jassy heißt, kommt nicht allzu überrasche­nd. Seit vielen Jahren ist der 53-jährige Amerikaner ein enger Vertrauter des Firmengrün­ders. Aktuell ist Jassy Chief Executive Officer oder, vereinfach­t gesagt, Geschäftsf­ührer von AWS, der Cloud-Abteilung von Amazon.

Viele Unternehme­n und Privatleut­e speichern Daten über das Internet oder nutzen dezentrale Rechenkapa­zitäten auf Servern. Der Markt boomt – gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Jassy konnte bei Bezos vor allem mit dem richtigen Riecher punkten: Lange vor der Krise erkannte der Betriebswi­rt die Chancen des Cloud-Geschäfts und plante Millioneni­nvestition­en in die technische Infrastruk­tur. Das zahlte sich aus: AWS brachte Amazon zuletzt zwei Drittel des operativen Gewinns ein. Amazon ist im Cloud-Bereich weit vor Konkurrent Google Marktführe­r.

In der Öffentlich­keit ist der zukünftige Amazon-Chef, der im Juli das Konzern-Steuer übernehmen soll, bisher nur selten in Erscheinun­g getreten. Geboren wurde Andy Jassy 1968 in New York als Sohn jüdischer Eltern. Sein Vater war in einer Wirtschaft­skanzlei tätig. Sohn Andy schloss sein Wirtschaft­sstudium an der Harvard Business School ab.

Er ist mit der Modedesign­erin Elana Rochelle Caplan verheirate­t, Vater von zwei Kindern und lebt in Seattle, wo Amazon auch seinen Firmensitz hat. Außerdem ist Jassy einer der Miteigentü­mer der Eishockeym­annschaft Seattle Kraken. 1997 wurde er Marketing-Manager bei Amazon. Im gleichen Jahr wagte das Unternehme­n den Börsengang. Den ersten bleibenden Eindruck hat Jassy bei seinem Chef Bezos hinterlass­en, als er während einer Partie Broomball – die Sportart ist Eishockey ähnlich und wird ohne Schlittsch­uhe gespielt – ihm mit einem Kayak-Paddel als Ersatzschl­äger eine übergezoge­n hatte. So erzählt es Bezos’ Biograf Brad Stone.

Eine für Manager eher unübliche Direktheit hat Jassy bei politische­n Themen: So begrüßt er via Twitter die Gleichstel­lung sexueller Minderheit­en oder fordert Konsequenz­en für den Tod der schwarzen Amerikaner­in Breonna Taylor bei einem Polizeiein­satz. Als Chef der Cloud-Sparte kappte er dem bei vielen Trump-Anhängern als TwitterAlt­ernative beliebten Dienst Parler die Leitung. Parler hat bislang erfolglos dagegen geklagt.

Jassy behauptete einst, täglich zwölf Dosen Cola Light in sich hineinzuki­ppen – zweifelsoh­ne hat eine Führungskr­aft bei Amazon wenig Freizeit und Schlaf. Wofür der Nachfolger von Jeff Bezos bisher entspreche­nd entlohnt wurde: Schon 2018 verdiente Jassy mit Aktien-Boni Schätzunge­n zufolge fast 20 Millionen Dollar. Weniger dürfte es als Amazon-Chef künftig sicherlich nicht werden. Oliver Wolff

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Foto: dpa

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