Eine Frau, nicht nur fürs Schöne
Die Chefin der Parfümerie Douglas macht in letzter Zeit negative Schlagzeilen. Dabei ist es normalerweise Tina Müllers Spezialität, ein schlechtes Image aufzupolieren
Tina Müller begleiten zwei Themen bei ihrer Karriere: Schönheit und die Vorurteile gegen Frauen in Führungspositionen. Schönheit ist ihr allein von Berufs wegen wichtig. Nicht nur ihre eigene – roter Lippenstift gilt als ihr Markenzeichen –, sondern auch die ihres Unternehmens. So kann es der 52-Jährigen nicht leichtgefallen sein, eine unschöne Nachricht zu übermitteln: Douglas schließt europaweit 500 der 2400 Parfümerien. Rund 2500 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Betroffen sind in Bayerisch-Schwaben laut einer Douglas-Sprecherin die Filiale in Neu-Ulm und eine der zwei Filialen in Kempten. Dabei ist Deutschlands größte Parfümerie dank großem Online-Umsatz vergleichsweise gut durch die Krise gekommen.
Es ist nicht die einzige negative Schlagzeile, die Müller in der Corona-Krise wegstecken musste. Als die Mehrwertsteuer um drei Prozent gesenkt wurde, sollten Kundinnen statt eines Rabatts nur einen Gutschein im Wert von drei Prozent bekommen. Und im Dezember blieb ein Viertel der Parfümerie-Filialen trotz Lockdown als Drogerien offen. Nach Protesten ruderte Müller beide Male schnell wieder zurück.
Die Fauxpas verwundern, eilte die Managerin bisher doch von Erfolg zu Erfolg. Müller wuchs, wie sie selbst sagt, gut behütet in Bad Neuenahr-Ahrweiler auf, einer Kleinstadt bei Bonn. Nach VWL- und
BWL-Studium in Lyon und Trier stieg sie direkt in die Welt der Kosmetik ein. Sie arbeitete bei L’Oréal, dann bei Wella. Für Henkel entstaubte sie die Traditionsmarke Schwarzkopf und führte erfolgreich die Marke Syoss ein. Bei Henkel bekam sie ihre erste Position in der Führungsebene. In einem Interview mit dem Magazin Brigitte beschreibt sie das als den Wendepunkt in ihrer Karriere. „Ich merkte, wie sehr es mir gefällt, zu entscheiden und zu gestalten. Und wie gut ich das kann“, so Müller. Sie absolvierte 2011 deswegen in Harvard ein Management-Programm.
Als sie bei Henkel nicht weiter befördert wurde, wollte sie 2012 in den Vorstand des Konkurrenten Beiersdorf wechseln. Allerdings wurde daraus nichts. Henkel bestand auf die vertragliche Kündigungsfrist und das Wettbewerbsverbot. Daher wechselte Müller zunächst in die Automobilbranche. Sie sollte die Marke Opel wieder modern machen. Mit ihrer Kampagne „Umparken im Kopf“sorgte sie für Aufsehen und bekam Preise. Auf den Werbeplakaten waren Vorurteile abgebildet, die direkt entkräftet wurden. „Wenn ein Stier rot sieht, wird er aggressiv. Dabei sind Stiere farbenblind.“
Seit November 2017 ist sie Douglas-Chefin und damit wieder in ihrem eigentlichen Metier. Mit Digitalisierung und Stellenabbau zeigt sie, dass sie nicht nur eine Frau fürs Schöne ist. Das Manager-Magazin erklärte sie 2019 zur härtesten Managerin Deutschlands. Sie selbst findet, das zeige die Klischees, die es noch gegen weibliche Führungskräfte gebe. Bei einem Mann wäre ihr Vorgehen durchsetzungsfähig, bei einer Frau hart, so Müller. Der 52-Jährigen ist wichtig, dass mehr Frauen in höhere Positionen kommen. Sie unterstützt deswegen weibliche Karriere-Netzwerke.
Im Mai 2020 zog sie sich einige Wochen wegen einer Krankheit aus dem Tagesgeschäft zurück. Genaueres wurde nicht bekannt. Auch sonst findet sich wenig über ihr Privatleben. Wenn sie Zeit hat, produziert sie weiter Inhalte. Müller schrieb an zwei Ratgeber-Büchern mit und hat seit kurzem einen eigenen Podcast. Der handelt, wie soll es anders sein, von Schönheit, Unternehmertum und Leadership.