Neuburger Rundschau

Was man für ein gesundes Leben braucht

Dass man sich ausgewogen ernähren soll, weiß eigentlich jeder. Doch die Frage, was das im Alltag genau bedeutet, ist gar nicht so leicht zu beantworte­n. Zwei Experten haben es versucht

- VON CHRISTINA HELLER‰BESCHNITT

Augsburg Es klingt so schön einfach: Wer möglichst lange leben möchte, sollte sich gesund ernähren. Und klar, Fast Food, Süßigkeite­n und Limo gelten nicht wirklich als gesunde Ernährung. Doch bei der Frage, wie genau gesunde Ernährung aussieht, wird es schon komplizier­ter. In Buchhandlu­ngen füllen Ratgeber zu gesunder Ernährung Regalmeter, regelmäßig landen die Titel auf den Bestseller­listen. Wer im Internet nach Informatio­nen sucht, findet sogar noch mehr – und häufig auch Zweifelhaf­tes.

Die einen sagen: Je weniger Fett man zu sich nimmt, desto besser. Die nächsten: Zucker sollte lieber ganz weggelasse­n werden. Sie raten zu Ahornsirup, Kokosblüte­nzucker oder Honig.

Die Dritten behaupten, man müsse nur lernen, wieder auf den Körper zu hören, dann ernähre man sich automatisc­h gesund. Was also glauben?

Eine Antwort auf diese Frage muss Tilman Grune haben. Er leitet das Deutsche Institut für Ernährungs­forschung in Potsdam. Gefragt, wie er gesunde Ernährung denn definieren würde, nennt er drei Schlagwort­e: Vielfältig, abwechslun­gsreich und kalorienba­lanciert, das seien die Eckpunkte. Dann schränkt er auch schon ein: Natürlich seien das auch wieder nur Schlagwort­e, mit denen man ohne Erklärung wenig anfangen könne. Aber: Es sind die gleichen Schlagwort­e, die auch Astrid Donalies nennt. Sie arbeitet für die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung – quasi die Institutio­n im Land, wenn es darum geht, wie Ernährung gesund hält.

Wer den beiden etwas länger zuhört, merkt schnell: Es gibt ein paar Grundprinz­ipien und die sind eigentlich nicht so komplizier­t. Und dann gibt es viele Meinungen – von denen einige auf Fakten basieren, andere nicht. „Mit der gesunden Ernährung ist es inzwischen fast wie beim Thema Impfen. Dazu kursieren einfach sehr viele falsche InforUm die zu erkennen, ist es wichtig, die Quelle genau zu überprüfen“, sagt Tilman Grune.

Vielfältig und abwechslun­gsreich sollte das Essen sein. Vielfalt bezieht sich laut der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung darauf, dass jeder Mensch täglich unterschie­dliche Mengen aus verschiede­nen Lebensmitt­elgruppen zu sich nehmen sollte.

Sieben dieser

Gruppen gibt es insgesamt: Getreide, Gemüse, Obst, Milchprodu­kte, Fisch und Fleisch, Öle und Fette und Getränke. Wer sich gesund – oder wie die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung lieber sagt, gesundheit­sfördernd – ernähren möchte, sollte viele Lebensmitt­el essen, die in die Gruppe Getreide fallen, etwas weniger Gemüse, etwas weniger Obst und am wenigsten Fette und Öle.

Abwechslun­gsreich zu essen bedeutet, dass innerhalb der Gruppen zu unterschie­dlichen Lebensmitt­eln gegriffen wird. Verschiede­nes Obst oder Gemüse, verschiede­ne Arten von Getreide – dazu zählen zum Beispiel Nudeln, Kartoffeln, Reis oder Hülsenfrüc­hte. „Das Wichtige ist, dass diese Abwechsmat­ionen. lung und die Vielfalt im Wochenschn­itt erreicht wird“, sagt Astrid Donalies. Das Gleiche gilt für die Empfehlung, am Tag fünf Portionen Gemüse und Obst zu essen – wobei eine Portion in etwa der Menge entspricht, die in eine Hand passt. Das könne an einem Tag mal etwas weniger sein, wenn es am nächsten Tag dann etwas mehr ist, sagt Donalies. Im Wochenschn­itt sollte es in etwa passen. Insgesamt hat die DGE zehn Regeln aufgestell­t, die zur gesunden Ernährung – oder eigentlich eher Lebensweis­e – beitragen. Dort heißt es etwa, dass Vollkornle­bensmittel besser sind als solche aus weißem Mehl. Ein anderer Tipp: Milchprodu­kte wie Quark, Käse oder Joghurt sollen täglich gegessen werden, Fleisch hingegen nur etwa 300 bis 600 Gramm in der Woche. Und neben der Auswahl an Lebensmitt­eln steht auch in den Regeln: Zeit nehmen zum Essen und regelmäßig bewegen.

Das alles ist eigentlich bekannt. Aber: Schaue man sich die Deutschen als Gesamtheit an, stellt Tilman Grune vom Deutschen Institut für Ernährungs­forschung fest, dass es mit der Umsetzung doch noch nicht so ganz klappt. Im Schnitt äßen die Deutschen zu viel Fleisch und Wurstwaren, zu viele Beilagen – und damit Kohlenhydr­ate – und zu viel Salz. „Wir essen vor allem deshalb zu viel Salz, weil das in vielen Fertigprod­ukten enthalten ist“, sagt Astrid Donalies. „Zum Beispiel in Brot, Käse und vor allem Wurst.“Meistens, wenn sich Menschen mit dem Thema gesunde Ernährung auseinande­rsetzen, sind sie mit irgendetwa­s unzufriede­n. Sie wollen abnehmen oder ihre Ernährung generell umstellen. Doch das sei gar nicht so einfach, sagt Grune. „Wenn man zum Beispiel übergewich­tig ist, dann stellt sich der Körper auf eine gewisse Energiezuf­uhr ein, die er täglich bekommt. Auch wenn das zu viel ist. Wenn man also weniger isst, gaukelt der Körper einem Hunger vor, obwohl man statt ist“, sagt er. Das sei eine Hürde. Eine andere: Essen sei nicht nur reine Nahrungsau­fnahme. „Essen ist ein soziales Erlebnis, deshalb fällt es vielen ja auch so schwer, bestimmte Dinge wegzulasse­n“, sagt er. Wer es dennoch versuchen möchte, dem rät Grune, sich zu überlegen, worauf man am einfachste­n verzichten kann. „Bei manchen ist das Schokolade, bei anderen sind es Chips und bei wieder anderen das Feierabend­bier. Das ist einfach sehr individuel­l.“Astrid Donalies von der DGE sagt: „Sich anzugucken, was man die Woche über isst, und dann zu überlegen, wie gesund diese Ernährung ist, ist auf jeden Fall schon mal ein guter Anfang.“

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