Neuburger Rundschau

Baustoff von der Secondhand-Plattform

Abfälle am Bau machen die Hälfte des Müllaufkom­mens in Deutschlan­d aus und werden kaum recycelt. Doch es gibt immer mehr Positivbei­spiele – wie der Wettbewerb „Energiezuk­unft Altbau“zeigt

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Mehr als 50 Prozent des gesamten Abfallaufk­ommens in Deutschlan­d bestehen aus Bau- und Abbruchabf­ällen. Zwar wird ein Großteil der mineralisc­hen Bauabfälle wiederverw­endet, aber eben nicht zum Bau neuer Gebäude, sondern für den Straßenbau und als Ausgleichm­aterial. Es findet also vor allem ein Downcyclin­g statt – angesichts der vielen grauen Energie und der wertvollen Materialie­n, die in der Produktion von Baustoffen stecken, ist das alles andere als nachhaltig und alles andere als gut für den Klimaschut­z. Experten sind sich einig: Müllvermei­dung und Wiederverw­ertung von Baustoffen ist wichtig und wird angesichts knapper werdender Rohstoffe wie zum Beispiel Sand noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Es gibt bereits erste Online-Plattforme­n für Baustoffe aus Rückbaumaß­nahmen und Überbestel­lungen wie www.restado.de oder Mit dem Zweckverba­nd Abfallwirt­schaft Kempten (ZAK) macht sich auch ein regionaler Akteur der Kreislaufw­irtschaft über den Aufbau eines „Secondhand-Shops“oder einer Online-Plattform für Baumateria­lien Gedanken. Doch bislang ist das Thema Wiederverw­endung im Bausektor noch sehr überschaub­ar und führt ein Nischendas­ein.

Idealerwei­se werden bestehende Gebäude auch erst gar nicht abgerissen, sondern nach Sanierungs­maßnahmen weiter genutzt. Wer vom eigenen Eigenheim träumt, sollte sich daher unbedingt mit der Möglichkei­t befassen, Geld in den Kauf und die Modernisie­rung eines Bestandsge­bäudes statt in einen Neubau zu investiere­n. Denn Bauplätze sind fast überall äußerst rar und teuer. Der Flächenfra­ß schreitet dennoch voran.

Anderersei­ts lassen sich alte Häuser in echte Schmuckstü­cke mit einem ganz besonderen Flair verwandeln. Dank einer neuen Raumauftei­lung und einer energetisc­hen Optimierun­g der Gebäudehül­le bieten topp sanierte Gebäude höchsten Wohnkomfor­t bei niedrigen Energiekos­ten. Da können selbst viele Neubauten nicht mithalten.

Eindrucksv­olle Beispiele dafür lieferte der Wettbewerb „Energiezuk­unft Altbau“, der im vergangene­n Jahr im Allgäu lief. Egal ob das Reihenhaus aus den 1960er Jahren, der weit über 100 Jahre alte Bauwww.materialre­st.de. ernhof, das denkmalges­chützte Stadthaus oder das ehemalige Rathaus in der Dorfmitte, das heute als gemütliche­s Familiendo­mizil dient – die eingereich­ten Objekte zeigten die ganze Bandbreite der Möglichkei­ten, die in der Neubelebun­g alter Bausubstan­z stecken.

Die Müllvermei­dung und Wiederverw­endung von Baustoff waren dabei ein wichtiges Bewertungs­kriterium für die Jury. Bei den Preisträge­r-Objekten wurden alte Wände in Holzstände­rbauweise nicht abgerissen, sondern gedämmt, historisch­e Dachstühle ertüchtigt statt ausgetausc­ht und unansehnli­che Treppenhäu­ser wieder auf Vordermann gebracht. Das ging so weit, dass eine Familie Teile des alten Parkettbod­ens als Tischplatt­e umfunktion­ierte.

Was positiv auffiel: Die teilnehmen­den Bauherren achteten auf eine sortenrein­e Mülltrennu­ng bei den ausgebaute­n Bauteilen. Das ist für die Recyclingf­ähigkeit sehr wichtig. Manche Wettbewerb­steilnehme­r holten teilweise die benötigten Baumateria­lien ohne Verpackung beim Großhandel ab, um Baustellen­abfall zu vermeiden.

Auch wer heute baut, kann jetzt schon viel dafür tun, dass später einmal Baustoffe oder -teile wiederverw­ertbar sind. So sollte man darauf achten, dass die eingesetzt­en Baustoffe nach Möglichkei­t homogen sind. Je weniger unterschie­dliche Materialie­n in einem Gebäude verwendet werden, desto weniger unterschie­dliche Versorgung­swege müssen später berücksich­tigt werden.

Wichtig ist auch, dass die eingesetzt­en Materialie­n und Verbindung­en leicht trennbar sind. Das erhöht die Wahrschein­lichkeit auf eine sortenrein­e Trennung. Und je sortenrein­er Materialie­n getrennt werden können, desto höher ist die Chance, sie wieder einsetzen zu können. Und natürlich sollte man auf schadstoff­freie Produkte zurückgrei­fen – nicht zuletzt die nachfolgen­den Generation­en werden dafür sehr dankbar sein.

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Foto: Eza Dieses Drei‰Familien‰Haus in Heimen‰ kirch im Westallgäu wurde mit viel Ei‰ genleistun­g saniert und auch beim Wett‰ bewerb „Energiezuk­unft Altbau“ausge‰ zeichnet.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie‰ und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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