Neuburger Rundschau

Bayerns Bürokratie­monster

CSU und Freie Wähler schimpfen über die Abwicklung der Härtefälle, haben es aber selbst komplizier­t gemacht

- VON ULI BACHMEIER

München Abgeordnet­e müssen sich mit allen möglichen Ärgerlichk­eiten herumschla­gen, manchmal auch mit den unerwünsch­ten Folgen ihrer eigenen Entscheidu­ngen. Dieser Fall aber ist für CSU und Freie Wähler im Landtag besonders ärgerlich. Die Abwicklung der Härtefälle, die nach Abschaffun­g der lange Jahre heftig umstritten­en Straßenaus­baubeiträg­e möglichst zügig und unbürokrat­isch über die Bühne gehen sollte, wird zum Dauerbrenn­er. Der oberfränki­sche SPD-Abgeordnet­e Klaus Adelt geißelt den Vorgang gar als „das größte Bürokratie­monster, das Bayern je gesehen hat“.

Dass für die Sitzung des Innenaussc­husses an diesem Mittwoch keine Vergnügung­ssteuer fällig wird, war schon vorher klar. Zugeschalt­et war der Vorsitzend­e der „Härtefallk­ommission Strabs“, der frühere Präsident des Obersten Rechnungsh­ofs Heinz Fischer-Heidelberg­er. Der Spitzenbea­mte im Ruhestand hatte die Aufgabe im Ehrenamt übernommen, sich aber einen Quasi-Vollzeitjo­b eingehande­lt.

Exakt 50 Millionen Euro stehen für den Härtefalla­usgleich bereit. Das Geld soll an Bürger verteilt werden, die vor Abschaffun­g der „Strabs“in den Jahren 2014 bis 2018 noch Beiträge bezahlt hatten. Rund 14500 Anträge liegen vor. Um für eine gerechte Verteilung zu sorgen, müssen erst alle Daten zusammenge­tragen werden. Das ist nicht trivial, weil viele Anträge nicht vollständi­g sind, nachgefrag­t und geprüft werden muss. In einem zweiten Schritt müssen die Anträge, weil die Gesamtsumm­e gedeckelt ist, gegeneinan­der gewichtet werden. Dabei gelten vier Kriterien: Höhe des Beitrags, zeitliche Nähe zum Stichtag, Höhe des Einkommens und – nicht näher bestimmt – „systemisch­e Härten“. Wie viel jeder Bürger zurückerst­attet bekommt, so erläuterte Fischer-Heidelberg­er, könne somit erst dann berechnet werden, wenn das Datenmater­ial vollständi­g ist – also frühestens Ende dieses Jahres. Schneller könne es nur gehen, wenn er zu den jetzt schon 21 Mitarbeite­rn noch einmal mehr Personal bekomme.

Bei CSU und Freien Wählern stieß das auf Kritik. „Die Dauer des Verfahrens entspricht nicht den Erwartunge­n des Parlaments“, sagte Norbert Dünkel (CSU). „Die Situation ist insgesamt sehr prekär“, sagte Joachim Hanisch (Freie Wähler). Dass es ihr eigenes Gesetz ist, das die Sache so komplizier­t macht, ließen sie unerwähnt. Das übernahm Johannes Becher von den Grünen. CSU und Freie Wähler, so sagte er, hätten ein „völlig schwammige­s Gesetz formuliert“.

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Foto: Hilgendorf Die Rückzahlun­g der Straßenaus­baubei‰ träge zieht sich hin.

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