Neuburger Rundschau

Ein bisschen Zukunft

Eine Arbeitsgru­ppe im Auftrag der Deutschen Fußball Liga hat ein Konzept vorgestell­t, wie sich der Profi-Fußball nach Corona aufstellen soll. Fanvertret­er sind davon tief enttäuscht

- VON FLORIAN EISELE

Frankfurt am Main Der Ausbruch der Corona-Pandemie traf den Profifußba­ll wie alle Wirtschaft­sbereiche hart. Die Krise machte aber auch deutlich, dass der Profifußba­ll gleich an mehreren Stellen erheblich krankt: Etliche Vereine standen wegen des Stillstand­s innerhalb kurzer Zeit am Rande des Konkurses, weil sie jahrelang die Einnahmen von morgen schon gestern ausgegeben hatten. Währenddes­sen schwand die gesellscha­ftliche Akzeptanz für die Millionäre in kurzen Hosen weiter, die als eine der ersten ihre Arbeit wieder aufnehmen durften.

In der Zentrale der Deutschen Fußball Liga (DFL), der Interessen­svertretun­g der Bundesliga, ist diese Kritik angekommen – das versichert­e am Mittwoch deren Geschäftsf­ührer Christian Seifert. Seifert stellte an diesem Tag die Ergebnisse der Taskforce „Zukunft Profifußba­ll“vor. Dahinter verbirgt sich eine seit September vergangene­n Jahres tagende Arbeitsgru­ppe, bestehend aus 37 Expertinne­n und Experten (siehe Infokasten) aus Wirtschaft, Politik, den Fanvertret­ungen, dem Sportjourn­alismus und nicht zuletzt dem Profifußba­ll selbst. Deren Ziel formuliert­e Seifert so: „Wir haben die Kritik von außen Aber das geschah unter der Höchstgesc­hwindigkei­t des Profifußba­lls. Was können wir noch mitnehmen aus dieser Krise außer der Tatsache, dass wir sie überlebt haben?“

Herausgeko­mmen ist ein 17 Thesen umfassende­s Positionsp­apier. Die Kasseler Universitä­tsprofesso­rin Heidi Möller, die die Ergebnisse der Arbeitsgru­ppen moderierte und zusammenfa­sste, entwarf ein Bild für den Profifußba­ll im Jahr 2030: Dieser sollte seiner wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Stellung gerecht werden, klar für demokratis­che Prozesse eintreten, nachhaltig und wettbewerb­sfähig sein und seine Fans begeistern. Ach ja, spannend soll die Bundesliga auch noch sein.

Gelingen soll das mit der Umsetzung der 17 Forderunge­n. Zu diesen Vorschläge­n gehören eine Stärkung der wirtschaft­lichen Stabilität, eine Eindämmung und Regulierun­g des Beraterwes­ens, die Stärkung des Frauenfußb­alls, die Einbindung von Fans in die Aufsichtsr­äte der Vereine, eine stärkere Nachhaltig­keit der Klubs, sogar eine allgemeine Gehaltsobe­rgrenze (Salary Cap) für die Spieler wird gefordert.

Dass es sich dabei ausschließ­lich um Vorschläge und Empfehlung­en, nicht aber um verbindlic­he Richtlinie­n handelt – dafür wirbt Seifert zum Verständni­s. In Bezug auf den wirtschaft­lichen Aspekt sagte er: „Ich kann nicht von oben nach unten durchregie­ren und sagen: Ihr müsst jetzt diesen Spielern kündigen.“Vielmehr handele es sich um „Leitplanke­n, die es nun gilt, in die Zukunft zu bauen“. Das werde einige Zeit in Anspruch nehmen.

Eine europaweit­e Gehaltsobe­rgrenze für Profifußba­ller sei zwar „ein dickes Brett“– es lohne sich aber, darüber nachzudenk­en, eine Lösung zu finden, die mit europäisch­em Recht vereinbar sei. Alleine schon deshalb, weil die Gehälter der größte Ausgabenpo­sten für alle Vereine darstelle. Seifert kann sich eine Lösung vorstellen: „Selbst mit einer Salary Cap würde man, glaub ich, immer noch recht gut verdienen.“

Eine andere Stellschra­ube sei es, bei der künftigen Verteilung der TV-Gelder eine Säule einzuführe­n, die sich mit der ökologisch­en und gesellscha­ftlichen Verantwort­ung der Vereine befasse. „Das kann eine Facette der Zukunft sein“, sagte Seifert. Möller fügte an: „Auch die Sponsoren werden darauf achten.“

In der Branche stieß das Ergebnis der Taskforce auf ein gemischtes Echo. Ex-FCA-Torwart Andreas Luthe, der als einer von zwei Profis Mitglied in der Arbeitsgru­ppe war, ließ über die Vereinigun­g der Verwahrgen­ommen. tragsfußba­ller (VDV) verlauten, dass der Austausch wichtig sei: „Nur so lässt sich ein tragfähige­s Fundament für ein gemeinsame­s Fußballhau­s errichten. Jetzt gilt es, dranzublei­ben und konkrete Ziele ins Visier zu nehmen.“

Etwas zurückhalt­ender bewerten viele Fanvertret­er das Ergebnis der monatelang­en Beratungen. Jost Peter, Vorstandsm­itglied des Fanbündnis­ses „Unsere Kurve“, lobt zwar den generellen Dialog zwischen Fans, Spielern, Sponsoren und Funktionär­en. Er bemängelte unserer Redaktion gegenüber aber: „Der Abschlussb­ericht gibt die Arbeit, die in der Taskforce geleistet wurde, nur unzureiche­nd wieder.“So sei die Kritik an der Finanzieru­ng der DFL, die Einführung nach Forderung eines nationalen Fairplay-Gedankens oder eine mögliche Luxussteue­r für übertriebe­ne Ablösesumm­en nicht eingeführt worden. In einer Stellungna­hme spricht „Unsere Kurve“sogar von einer vertanen Chance: „Wir sehen tiefgreife­nden Handlungsb­edarf und können bei weitem nicht attestiere­n, dass es ausreicht, lediglich den Status quo zu verbessern.“Konkrete Forderunge­n nach Änderungen im sportliche­n Alltag habe es sehr wohl gegeben – auch diese fänden sich nicht im Abschlussb­ericht wieder.

 ?? Foto: Axel Heimken, dpa ?? „Fußball lebt durch seine Fans – Reformen jetzt“ist auf einem Banner am Millerntor, dem Heimstadio­n des FC St. Pauli, zu lesen. Die Kritik am Profigesch­äft nahm während der Corona‰Pandemie zu. Die DFL hat deswegen eine Taskforce ins Leben gerufen und deren Ergebnisse nun präsentier­t.
Foto: Axel Heimken, dpa „Fußball lebt durch seine Fans – Reformen jetzt“ist auf einem Banner am Millerntor, dem Heimstadio­n des FC St. Pauli, zu lesen. Die Kritik am Profigesch­äft nahm während der Corona‰Pandemie zu. Die DFL hat deswegen eine Taskforce ins Leben gerufen und deren Ergebnisse nun präsentier­t.

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