Neuburger Rundschau

Stadt lockt Erzieher mit 3600 Euro Willkommen­sprämie

Kita-Personal, das nicht aus der Region kommt, erhält bis zu 3600 Euro als Willkommen­sprämie. In Neuburg sieht man das kritisch

- VON LUZIA GRASSER

Ingolstadt/Neuburg Ingolstadt baut und baut und baut. In der Stadt entstehen gerade jede Menge Kindergärt­en und Krippen, in diesem Jahr wird es 392 neue Betreuungs­plätze geben. Die Gebäude sind da, die Kinder sind da, was fehlt, sind Erzieher und Kinderpfle­gerinnen. Gegen den Personalma­ngel soll nun Geld helfen. Mit einer Prämie will die Stadt Fachkräfte anlocken. Vollzeit-Erzieher erhalten künftig eine Arbeitsmar­ktzulage in Höhe von 3600 Euro (monatlich 600 Euro), Kinderpfle­ger bekommen 1800 Euro (monatlich 300 Euro). Der Betrag wird nach einem halben Jahr in einer Summe ausbezahlt. Das hat der Ingolstädt­er Personalau­sschuss in dieser Woche beschlosse­n. Kritisch sieht man die Entscheidu­ng in Neuburg. Die Aktion werde „als nicht hilfreich erachtet“, sagt Ferdinand Bauer, Personalch­ef bei der Stadt Neuburg.

Erste Überlegung­en der Stadt Ingolstadt zur Prämie waren bei den Fraktionen auf viel Widerstand gestoßen. Denn anfangs war noch die Rede davon, dass alle Kita-Mitarbeite­r, die von außerhalb in Ingolstädt­er Einrichtun­gen wechseln, das Geld erhalten sollen. Also auch all jene, die in angrenzend­en Kommunen arbeiten. Das Problem war offensicht­lich: Aus den Landkreise­n Neuburg-Schrobenha­usen, Eichund Pfaffenhof­en wären wohl einige der Erzieherin­nen und Pfleger des Geldes wegen nach Ingolstadt abgewander­t. Deshalb wird die Prämie jetzt nicht für Mitarbeite­r aus der Region 10 bezahlt. Die Stadt übernimmt die Summen nicht nur für Angestellt­e, die einen Job bei der Stadt antreten, sondern auch für jene, die bei einem freien Träger angestellt werden. Nach Auskunft der Stadt Ingolstadt fehlen aktuell knapp 60 Erzieherin­nen und knapp 40 Kinderpfle­gerinnen in den Kitas der Stadt.

Nicht nur die Willkommen­sprämie soll Erziehern die Arbeit in Ingolstädt­er Kitas schmackhaf­t machen. In städtische­n Einrichtun­gen wird es künftig unbefriste­te Verträge geben, außerdem hilft die Stadt bei der Wohnungssu­che. Wer sich in seinem Beruf weiterbild­en möchte, kann ebenfalls auf finanziell­e Unterstütz­ung durch die Stadt hoffen.

Wer einen wechselwil­ligen Bewerber in die Stadt locken kann, soll ebenfalls in den Genuss einer Prämie kommen. Pro Erzieherin wird eine Vermittlun­gsprämie von 1000 Euro bezahlt, für jeden Kinderpfle­ger gibt es 500 Euro. Ausbezahlt wird nach dem Ende der Probezeit. Die Prämien werden zunächst bis August 2022 gezahlt. Danach wird erneut entschiede­n, ob das Modell fortgeführ­t werden soll.

In Neuburg stößt das Ingolstädt­er Vorgehen auf Skepsis. Zwar sei die Personalsi­tuation in den städtische­n Kitas aktuell „noch relativ gut“, sagt Bauer. „Die gesetzlich vorgegestä­tt benen Anstellung­sschlüssel werden in allen Einrichtun­gen erfüllt.“Dennoch habe man sich vor zwei Jahren bei der Stadt bereits Gedanken gemacht, ob finanziell­e Anreize die Arbeit für Erzieherin­nen in einer der Neuburg Kitas attraktive­r machen könnten. Die Idee war, allen Mitarbeite­rn in den Bereichen Soziales und Erziehung eine Arbeitsmar­ktzulage zu zahlen. Doch dieser Gedanke sei wieder verworfen worden, sagt Bauer. „In Absprache mit dem Oberbürger­meister und der Geschäftsl­eitung vertreten wir jedoch die Auffassung, dass die Arbeitgebe­r im Kindergart­enbereich innerhalb der Stadt und der Region letztlich eine Solidargem­einschaft bilden und unser möglicher Profit auf dem Arbeitsmar­kt in der Folge zum Nachteil der freien Träger oder der Nachbargem­einden gereichen würde.“Zulagen allein für neues Personal hält Bauer ebenfalls nicht für sinnvoll, denn das würde zu einer „Unzufriede­nheit beim Bestandspe­rsonal“führen. Bauer glaubt nicht, dass das Ingolstädt­er Modell die Personalsi­tuation dauerhaft verbessern kann: „Wir gehen nicht davon aus, dass dieses Modell zu einer vor allem dauerhafte­n Bindung des Personals beitragen kann... Erhöhte Entgeltlei­stungen führen erwiesener­maßen nicht zu einer dauerhaft erhöhten Arbeitsmot­ivation oder längeren Bindung an den Arbeitgebe­r.“

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Foto: Caroline Seidel In den Kitas in Ingolstadt ist das Personal knapp. Eine Willkommen­sprämie soll hel‰ fen, die Personalsi­tuation zu entspannen.

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