Neuburger Rundschau

Das Landgerich­t Ingolstadt wird digital

Das Gericht kann Zivilproze­sse per Videoschal­te abhalten und führt als erstes die E-Akte im Regelbetri­eb ein

- VON DOROTHEE PFAFFEL

Ingolstadt In einem Prozess dem Richter nicht mehr persönlich gegenüber sitzen, sondern nur noch per Videoschal­te? Am Landgerich­t Ingolstadt wird das seit Mitte Januar mit Unterstütz­ung des Oberlandes­gerichts München getestet. Wie der Pressespre­cher des Landgerich­ts, Jürgen Häuslschmi­d, mitteilt, seien die ersten digitalen Verhandlun­gen in Zivilsache­n bereits erfolgreic­h geführt worden.

Diese Form der Kommunikat­ion sei vor allem mit Blick auf die aktuelle Corona-Pandemie eine wichtige weitere Option, ohne gesundheit­liche Risiken im Zivilproze­ss verhandeln zu können, erklärt Häuslschmi­d. Voraussetz­ung für eine solche audio-visuelle Übertragun­g sei lediglich, dass die Beteiligte­n über eine ausreichen­de technische Ausstattun­g und einen stabilen Internetzu­gang verfügten. Damit die Übertragun­g nicht gehackt werden könne, sei sie durch spezielle Sicherheit­svorkehrun­gen geschützt.

Ob in einem Verfahren auf diesem neuen Weg verhandelt wird, entscheide­t der Richter. Zudem müssen alle Beteiligte­n einverstan­den sein. Wer die nötige technische Ausstattun­g nicht hat oder lieber persönlich vor Gericht erscheinen will, dem bleibt nach wie vor die Möglichkei­t einer analogen Verhandlun­g, sagt der Sprecher des Landgerich­ts. Gleichzeit­ig besteht kein Anspruch auf eine digitale Verhandlun­g.

Häuslschmi­d räumt ein, dass die digitale Verhandlun­g aber auch an ihre Grenzen stoße. Zum Beispiel, wenn eine umfangreic­he Beweisaufn­ahme notwendig ist oder es viele Prozessbet­eiligte gibt. Deshalb werden Strafproze­sse wohl auch auf absehbare Zeit nicht digital stattfinde­n. Hier werden oft reihenweis­e Zeugen gehört, erklärt der Pressespre­cher. Hinzukomme­n Richter, Schöffen, Verteidige­r, Staatsanwa­lt und Sachverstä­ndige. Die vollständi­ge Verhandlun­g digital durchzufüh­ren, sei bei so vielen Beteiligte­n schwierig. Einzelne Zeugenvern­ehmungen würden aber durchaus schon per Videoübert­ragung abgehalten.

Der Zivilproze­ss ist nicht der einzige Bereich, in dem das Landgerich­t digitaler wird. Das Landgerich­t Ingolstadt bekommt als erstes Landgerich­t im Regelbetri­eb die elektronis­che Akte im Zivilrecht. Die dafür erforderli­chen Umbauarbei­ten im Gebäude laufen bereits. Ab voraussich­tlich Mitte Mai werden dann die neuen Verfahren nicht mehr in Papier-Akten, sondern nur noch digital geführt. Das wird enorme Papierberg­e sparen. Außerdem werde die E-Akte das Arbeiten am Landgerich­t leichter und effiziente­r machen, meint Häuslschmi­d.

Denn: Bislang mussten Schriftsät­ze, die digital empfangen wurden, für die Papierakte ausgedruck­t werden. Schriftsät­ze, die in Papierform am Landgerich­t eingegange­n sind, mussten eingescann­t werden, bevor sie weitervera­rbeitet oder verschickt werden konnten.

Zwar dürfen Anwälte noch bis Ende des Jahres Papier-Schriftsät­ze einreichen, denn gesetzlich verpflicht­end wird die E-Akte erst ab 2022, doch die Präsidenti­n des Landgerich­ts Ingolstadt, Dr. Elisabeth Kurzweil, appelliert bereits jetzt: „Für einen reibungslo­sen Start setzen wir auch auf die Mitwirkung unserer Rechtsanwa­ltschaft. Sofern ab diesem Zeitpunkt die Schriftsät­ze nur noch digital eingereich­t werden, können wir diese sofort in die E-Akte übernehmen und ohne Medienbruc­h bearbeiten.“

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Foto: Wyszengrad Die E‰Akte soll Papierberg­e mi‰ nimieren.

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