Das Landgericht Ingolstadt wird digital
Das Gericht kann Zivilprozesse per Videoschalte abhalten und führt als erstes die E-Akte im Regelbetrieb ein
Ingolstadt In einem Prozess dem Richter nicht mehr persönlich gegenüber sitzen, sondern nur noch per Videoschalte? Am Landgericht Ingolstadt wird das seit Mitte Januar mit Unterstützung des Oberlandesgerichts München getestet. Wie der Pressesprecher des Landgerichts, Jürgen Häuslschmid, mitteilt, seien die ersten digitalen Verhandlungen in Zivilsachen bereits erfolgreich geführt worden.
Diese Form der Kommunikation sei vor allem mit Blick auf die aktuelle Corona-Pandemie eine wichtige weitere Option, ohne gesundheitliche Risiken im Zivilprozess verhandeln zu können, erklärt Häuslschmid. Voraussetzung für eine solche audio-visuelle Übertragung sei lediglich, dass die Beteiligten über eine ausreichende technische Ausstattung und einen stabilen Internetzugang verfügten. Damit die Übertragung nicht gehackt werden könne, sei sie durch spezielle Sicherheitsvorkehrungen geschützt.
Ob in einem Verfahren auf diesem neuen Weg verhandelt wird, entscheidet der Richter. Zudem müssen alle Beteiligten einverstanden sein. Wer die nötige technische Ausstattung nicht hat oder lieber persönlich vor Gericht erscheinen will, dem bleibt nach wie vor die Möglichkeit einer analogen Verhandlung, sagt der Sprecher des Landgerichts. Gleichzeitig besteht kein Anspruch auf eine digitale Verhandlung.
Häuslschmid räumt ein, dass die digitale Verhandlung aber auch an ihre Grenzen stoße. Zum Beispiel, wenn eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist oder es viele Prozessbeteiligte gibt. Deshalb werden Strafprozesse wohl auch auf absehbare Zeit nicht digital stattfinden. Hier werden oft reihenweise Zeugen gehört, erklärt der Pressesprecher. Hinzukommen Richter, Schöffen, Verteidiger, Staatsanwalt und Sachverständige. Die vollständige Verhandlung digital durchzuführen, sei bei so vielen Beteiligten schwierig. Einzelne Zeugenvernehmungen würden aber durchaus schon per Videoübertragung abgehalten.
Der Zivilprozess ist nicht der einzige Bereich, in dem das Landgericht digitaler wird. Das Landgericht Ingolstadt bekommt als erstes Landgericht im Regelbetrieb die elektronische Akte im Zivilrecht. Die dafür erforderlichen Umbauarbeiten im Gebäude laufen bereits. Ab voraussichtlich Mitte Mai werden dann die neuen Verfahren nicht mehr in Papier-Akten, sondern nur noch digital geführt. Das wird enorme Papierberge sparen. Außerdem werde die E-Akte das Arbeiten am Landgericht leichter und effizienter machen, meint Häuslschmid.
Denn: Bislang mussten Schriftsätze, die digital empfangen wurden, für die Papierakte ausgedruckt werden. Schriftsätze, die in Papierform am Landgericht eingegangen sind, mussten eingescannt werden, bevor sie weiterverarbeitet oder verschickt werden konnten.
Zwar dürfen Anwälte noch bis Ende des Jahres Papier-Schriftsätze einreichen, denn gesetzlich verpflichtend wird die E-Akte erst ab 2022, doch die Präsidentin des Landgerichts Ingolstadt, Dr. Elisabeth Kurzweil, appelliert bereits jetzt: „Für einen reibungslosen Start setzen wir auch auf die Mitwirkung unserer Rechtsanwaltschaft. Sofern ab diesem Zeitpunkt die Schriftsätze nur noch digital eingereicht werden, können wir diese sofort in die E-Akte übernehmen und ohne Medienbruch bearbeiten.“