Neuburger Rundschau

Verzögerte Vernetzung

Um Infektione­n besser zu verfolgen, sollen Gesundheit­sämter das Programm Sormas verwenden. Warum das aber nicht überall der Fall ist

- VON PHILIPP WEHRMANN

München Im Kampf gegen das Coronaviru­s könnte uns die Digitalisi­erung noch viel stärker voranbring­en, als es bisher der Fall ist. Bei der Eindämmung der Pandemie kommt es darauf an, Infizierte zu erkennen, ihre Kontakte nachzuverf­olgen und Infektions­cluster ausfindig zu machen. Eine Software, die dabei hilft, gibt es für Gesundheit­sämter bereits. Sie heißt Sormas und soll Behörden in allen Landkreise­n Deutschlan­ds miteinande­r vernetzen. Um wirklich Vorteile zu bieten, muss das Programm aber in allen Gesundheit­sämtern bundesweit eingesetzt werden. Dafür haben sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Länderchef­s bereits im November 2020 ausgesproc­hen.

Doch wie stark wird die neue Software bislang von Bayerns Behörden genutzt? Das bayerische Gesundheit­sministeri­um erklärte vor einigen Wochen auf Anfrage unserer Redaktion, man habe „Gesundheit­sbehörden angewiesen, zum frühestmög­lichen Zeitpunkt die Einführung von Sormas vorzunehme­n“. Eine Deadline setzte das Ministeriu­m auch: Sormas sei „bis spätestens zum 1. Februar 2021 bei allen bayerische­n Gesundheit­sämtern einzuführe­n“. Diese Frist ist verstriche­n – und Sormas kommt noch lange nicht in allen bayerische­n Gesundheit­sämtern zum Einsatz.

Zum 1. Februar waren erst 71 Prozent aller Gesundheit­sämter, also 54 der insgesamt 76 kommunalen und staatliche­n Behörden, an Sormas angeschlos­sen. Das sagte ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums und verwies auf eine Verabredun­g zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Länderchef­s, wonach die neue Software Sormas erst bis Ende Februar flächendec­kend in allen Behörden eingericht­et sein muss. Um zumindest diesen Termin einzuhalte­n, seien „die organisato­rischen Vorkehrung­en bereits getroffen worden“, so der Sprecher.

Aus Sicht von Bayern steht fest, wer für die Verzögerun­g verantwort­lich ist: die Bundespoli­tik in Berlin. „Sofern ausreichen­d Ressourcen seitens des Bundes beziehungs­weise des Projekts Sormas bereitgest­ellt werden, steht einer raschen Installati­on bei den Gesundheit­sämtern nichts entgegen“, so die Erklärung aus dem Gesundheit­sministeri­um. Derzeit fehlten für die neue Software Sormas noch Schnittste­llen

zur vorhandene­n Meldesoftw­are. „Hier ist der Bund gefordert, die Schnittste­llen rasch bereitzust­ellen.“Um die Vernetzung der Behörden über Landesgren­zen hinweg zu verbessern, wird Sormas laufend weiterentw­ickelt. Mit der neuesten Version „Sormas X“sollen Infektions­cluster über die Grenzen von Landkreise­n und sogar Bundesländ­ern hinaus erkannt werden. Ursprüngli­ch war das Software-Update vom Bund für Januar angekündig­t worden, doch nun kommt es wohl erst im Februar.

Bislang hatte man in Bayern auf eine andere Software gesetzt: Sie heißt BaySIM und hat den Nachteil, dass für sie an der bayerische­n Landesgren­ze Schluss ist mit der Nachverfol­gung. Die Staatsregi­erung hatte 700000 Euro Kosten für sie angesetzt. Nun wird sie bald keinen Nutzen mehr haben. „Angesichts der klaren, bundesweit­en Entscheidu­ng für Sormas wird BaySIM als Anwendung für das Kontaktper­sonenverfo­lgungsmana­gement zum 30. April 2021 eingestell­t“, erklärt der Ministeriu­mssprecher. Es würden statt der 700 000 Euro „lediglich die Kosten anfallen, für die eine Leistung während des produktive­n Einsatzes der Software“erbracht worden sei. Wo die Kosten tatsächlic­h liegen werden, ließ er offen.

Es fehlen derzeit noch Schnittste­llen

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