Neuburger Rundschau

Abstand halten, Maske auf

Die WM in Italien steht unter besonderen Vorzeichen. Zuschauer sind nicht erlaubt. Euphorie kommt nicht auf. Einige Stars fehlen. Und deutsche Medaillenh­offnungen sind eher rar

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Pünktlich zu den ersten wärmenden Sonnenstra­hlen des herannahen­den Frühlings startet der Winterspor­t in seine wichtigste­n Wochen. Nahezu parallel beginnen in Kürze die Weltmeiste­rschaften der Alpinen und Biathleten, gefolgt von der Nordischen Ski-WM im heimischen Oberstdorf. Den Auftakt macht am Montag Cortina d’Ampezzo. Das kleine Städtchen in der italienisc­hen Region Venetien hat schon einiges gesehen in seiner Geschichte. Unter anderem fanden dort die Olympische­n Winterspie­le 1956 und die Alpinen Skiweltmei­sterschaft­en 1932 und 1941 statt. Da die Historie aber schon etwas angestaubt ist, war die Freude groß, als die Italiener den Zuschlag für die WM 2021 erhielten – bis Corona kam. Seitdem ist alles anders.

Zwischenze­itlich stand sogar eine Verschiebu­ng auf 2022 im Raum. Venetien war im Frühjahr des vergangene­n Jahres besonders heftig vom Coronaviru­s betroffen. Deshalb musste im März 2020 bereits das Saison-Finale des Ski-Weltcups abgesagt werden, das als WM-Generalpro­be gedacht war. Der Antrag des Italienisc­hen Olympische­n Komitees, die WM um ein Jahr zu verschiebe­n, lehnte der Weltverban­d Fis ab – gab dafür aber eine Defizitgar­antie von zehn Millionen Franken. Denn die WM wird natürlich ohne Zuschauer stattfinde­n. Den Veranstalt­ern vor Ort fehlt damit eine Haupteinna­hmequelle.

Und den Gastgebern fehlt mit Sofia Goggia eine ihrer größten Medaillenh­offnungen. Die vierfache Abfahrtssi­egerin dieser Saison stürzte am Rande des abgesagten Frauen-Rennens am vergangene­n Wochenende in Garmisch-Partenkirc­hen beim Abfahren auf einer Touristens­trecke. Dabei zog sie sich eine Fraktur des rechten Schienbein­kopfes zu.

Das Malheur passt zur Grundstimm­ung, die in Italien herrscht. Von WM-Euphorie ist wenig zu spüren. Nicht einmal bei den Sportlern selbst. „Das fühlt sich einfach nicht nach WM an, so ohne Publikum“, sagte zum Beispiel Federica Brignone. Von Vorfreude auf das Heim-Event ist bei der italienisc­hen Titelfavor­itin nichts zu spüren. „Es ist einfach alles bizarr. Ich fühle nichts in diesem Jahr. Und dann so eine WM zu fahren, das bedeutet irgendwie nichts. Hoffentlic­h kommen die Emotionen noch, aber eigentlich ist es mir egal.“

Und es passt zu dieser Saison der einsamen Rennen, dass neben dem Gesamtwelt­cupsieger Aleksander Aamodt Kilde eine ganze Reihe weiterer Top-Fahrer verletzt sind und die WM verpassen werden.

Auch im deutschen Lager hatten sie lange um ihren besten Mann gebangt. Speed-Spezialist Thomas Dreßen scheint nun aber, zwei Monate nach seiner Hüft-Operation, zumindest wieder eine Option für die WM zu sein (mehr dazu im nebenstehe­nden Artikel). Dreßens Kollegen aus der Hochgeschw­indigkeits­abteilung des DSV sind zwar immer in der Lage, auch mal ganz nach vorne zu fahren, haben das bisher aber stets nur angedeutet. Andreas Sander, der in Burgberg im Allgäu lebt, hat in dieser Saison schon sechs Top-10-Ergebnisse gesammelt. Was fehlt, ist der Sprung aufs Treppchen.

Im Lager der Techniker sieht es ähnlich aus. Alexander Schmid aus Oberstdorf fuhr gleich am Anfang der Saison im Parallel-Slalom von Lech auf den dritten Platz und überzeugte danach vor allem im Riesenslal­om. Zweimal schafft er es in die Top-10. Auch ihm ist an einem perfekten Tag eine Medaille zuzutrauen. Bleibt die große Unbekannte: Stefan Luitz. Die Karriere des Hochveranl­agten ist durchsetzt von zahlreiche­n Verletzung­en. Diesmal erwischte es ihn Anfang Januar bei einem Trainingss­turz im österreich­ischen Hinterreit. Der Sturz endete im Sicherheit­snetz, dabei zog sich Luitz einen Muskelfase­rriss an der Oberschenk­elrückseit­e zu. Ob der Mann aus Bolsterlan­g bis zur WM wieder fit sein wird, ist noch offen. Der DSV will seinen WM-Kader erst nach den Rennen in GarmischPa­rtenkirche­n bekannt geben.

Sicher ist allerdings, dass sich die Medaillenj­agd bei den Frauen aus deutscher Sicht eher schwierig gestalten dürfte. Nach dem Rücktritt von Viktoria Rebensburg im vergangene­n Sommer klafft eine Lücke, die bisher nicht geschlosse­n wurde. Aber: Kira Weidle raste in dieser Saison schon zweimal auf Platz fünf. An einem perfekten Tag, mit einem perfekten Rennen ...

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Foto: Witters So sehen also glückliche Sportler aus: Kajsa Vickhoff Lie (von links, 2. Platz), Siegerin Lara Gut‰Behrami und Marie‰Michele Gagnon (3. Platz). Fotografie­rt am vergangene­n Wochenende nach dem Weltcup in Garmisch‰Partenkirc­hen. Ein Bild, das in etwa beschreibt, mit welchen Gefühlen die Sportler zur WM nach Italien fahren.

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