Eine Arztpraxis für Haiti
Projekt Wie ein Aichacher Verein eine komplette Praxis aus der Schweiz in die Karibik brachte
Aichach/Cap Haitien Es war einmal ein Landarzt aus der Schweiz, der wollte seine Praxis aufgeben. Da fand er im Internet die Nachricht, dass ein junger Mediziner in Haiti eine Hausarztpraxis eröffnen wollte. So könnte diese Geschichte beginnen, die wie ein Märchen anfängt und endet. Nur in der Mitte ist sie nicht ganz so märchenhaft.
Die Nachricht fand der Arzt aus der Schweiz 2019 auf der Seite des Aichacher Vereins Haiti Kinderhilfe. Ein ehemaliger Heimbewohner des Vereins hatte seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und wollte sich als Hausarzt niederlassen, wie der Verein berichtet. Der
Schweizer nahm Kontakt auf, weil er seine Praxisausstattung verschenken wollte, und der Verein sagte zu, den Transport zu organisieren. Alle Gegenstände sollten bei einer Spedition in Deutschland seefest verpackt und per Container nach Haiti transportiert werden. Doch die Lieferung aus der Schweiz – einem Nicht-EU-Land – war die erste große Hürde. Nach vielen vergeblichen Telefonaten fand der Verein Unterstützung bei einer Spedition, die bei den Zollformalitäten half.
Für die Verschiffung musste jeder einzelne Gegenstand detailliert und mehrsprachig erfasst werden. Doch als der Container bereits versandbereit bei der Spedition stand, brachen in Haiti gewalttätige Unruhen aus, und schließlich machte auch Corona einen Strich durch die Rechnung.
Im August 2020 ging der Container über Hamburg nach Cap Haitien. Mit an Bord war auch eine Photovoltaikanlage, die der Verein gekauft hatte, um die neue Praxis unabhängig zu machen von der mangelhaften Stromversorgung auf Haiti. Als nach etwa sechs Wochen das Schiff in Haiti eintraf, glaubte sich der Verein bereits am Ziel, doch dann kamen die haitianischen Zollbehörden ins Spiel. Es dauerte letztlich bis Mitte Januar 2021, bis die Hilfslieferung freigegeben wurde.
Allein diese Verzögerung kostete den Verein mehrere Tausend USDollar Lagergebühren.
Aber nun – eineinhalb Jahre nach dem Beginn der Geschichte – ist der für den haitianischen Arzt so wertvolle Inhalt gut angekommen, freut sich der Aichacher Verein. Da es in Haiti keine soziale Absicherung und für den Großteil der Bevölkerung keine Krankenversicherung gibt, muss jeder Arzt- oder Klinikbesuch in der Regel teuer bezahlt werden. Es ist deshalb ein großes Anliegen des Vereins Haiti Kinderhilfe, die Arbeit des Arztes weiterhin zu unterstützen, um bedürftige Menschen behandeln zu können.