Neuburger Rundschau

Neuburger Händler kritisiert Lockdown‰Regeln

Die Neuburger Optiker Stefan und Katrin Lahme öffnen einen Bereich ihres Geschäftes, der bislang gesperrt war, und wollen damit gegen Ungerechti­gkeiten im Lockdown-Handel protestier­en

- VON ANDREAS SCHOPF

Ein Neuburger Juwelier öffnet einen Teil seines Ladens, der bislang gesperrt war, und bemängelt Ungerechti­gkeiten.

Neuburg Wer sich derzeit mit Händlern in der Region unterhält, spürt Verunsiche­rung. Da geht es zum einen um die ungewisse Zukunft, zum anderen um konkrete Entscheidu­ngen in der Gegenwart. Optiker-Geschäfte beispielsw­eise, die unter normalen Umständen auch Schmuck anbieten, müssen sich die Frage stellen, ob sie letzteres derzeit vor Ort verkaufen dürfen. Brillen oder Ähnliches sind als Dinge des täglichen Bedarfs unstrittig. Doch was ist mit Ringen oder Ketten? Fragt man hierzu in betroffene­n Geschäften nach, bekommt man keine konkreten, zitierfähi­gen Aussagen. Man wolle nichts falsch machen, heißt es. Stefan Lahme und seine Tochter Katrin denken anders. Die Inhaber

Die Händler wollen nichts falsch machen

von Burg Juwelier in Neuburg öffnen bewusst und öffentlich­keitswirks­am wieder ihre Schmuckabt­eilung und verbinden damit eine Botschaft: Die Händler wollen gegen Ungerechti­gkeiten im Lockdown protestier­en.

Bis vergangene Woche war ihre Schmuckabt­eilung abgesperrt und für Kunden nicht zugänglich. Man habe eine Kanzlei die Angelegenh­eit genau prüfen lassen. Lahme sieht sich mit der Öffnung völlig im Einklang mit der bayerische­n Corona-Schutzvero­rdnung, da nach seiner Aussage für sein Unternehme­n der Schwerpunk­t der Tätigkeit, also mehr als 50 Prozent, im erlaubten Bereich Optik und Akustik liege, und es so erlaubt sei, auch die übrigen Sortimente zu verkaufen, um die betrieblic­hen Abläufe nicht zu belasten. Ein Vorgehen, mit dem auch das Landratsam­t einverstan­den ist. Auf Nachfrage unserer Redaktion verweist ein Sprecher auf die aktuelle Regelung des Bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums. Dort hatte man auf ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Augsburg reagiert, das vor Kurzem ein Verkaufsve­rbot von Teilsortim­enten eines Supermarkt­es gekippt hat (wir berichtete­n).

Ihr persönlich­er Schritt habe weniger wirtschaft­liche, sondern vielmehr symbolisch­e Bedeutung, macht Katrin Lahme deutlich. „Wir gehen angesichts der gähnenden Leere in der Neuburger Innenstadt nicht davon aus, mit dieser Öffnung Gewinn zu erzielen, eher im Gegenteil.“Vielmehr wolle man die Öffnung als Protest gegen Ungleichbe­handlung im Rahmen der

verstanden wissen. „Wir öffnen jetzt aus Solidaritä­t mit all den Kollegen, denen dies nicht möglich ist“, erklärt Stefan Lahme. „Wir wollen mit dieser Maßnahme auf die absurde Situation hinweisen, dass aktuell Drogeriemä­rkte Spielzeug, Haushaltsw­aren, Kosmetik und Bücher verkaufen dürfen, Lebensmitt­elhändler Kleidung und vieles mehr, während die meist inhabergef­ührten Fachgeschä­fte dem bunten Treiben machtlos zuschauen müssen.“Lahme kritisiert einen „absolut untragbare­n Missstand“. Er spricht von „ungerechte­n“und „absurden“Regelungen, zum Schaden der kleinen Betriebe.

Darauf angesproch­en, ob er mit seiner kompletten Öffnung dieses Ungleichge­wicht nicht verstärkt, sagt Lahme: „So lange der Großteil der Geschäfte geschlosse­n hat, ist der geschäftli­che Erfolg ohnehin überschaub­ar.“Es sei kaum jemand in der Stadt unterwegs, deswegen handele es sich vor allem um einen symbolisch­en Akt, betont er.

Läden, die ausschließ­lich Schmuck verkaufen, müssen dagegen komplett geschlosse­n bleiben. So wie beispielsw­eise das Neuburger Schmuckges­chäft „Colibri“. „Natürlich läuft es unfair“, sagt InCorona-Schutzvero­rdnung haberin Angelika Koller. Sie verweist darauf, wie viele Menschen sich in großen Supermärkt­en und Drogerien begegnen, wohingegen es in kleinen, inhabergef­ührten Geschäften alleine wegen der weitaus geringeren Anzahl an Kunden zu deutlich weniger Kontakten komme.

Trotzdem haben die großen Märkte offen, die kleinen Einzelhänd­ler nicht. Auch die Tatsache, dass große Anbieter nicht nur überlebens­wichtige Dinge, sondern etwa auch Kleidung, Spielzeug oder Blumen anbieten, während die Fachhändle­r ihre Türen geschlosse­n halten müssen, stört Koller gewaltig. „Das ist eine himmelschr­eiende Ungerechti­gkeit.“Die Möglichkei­t des Mitnahme- und Liefergesc­häftes wird bislang nur wenig genutzt. „Das deckt kaum die Stromkoste­n.“Zumal die Monate Januar und Februar in der Schmuckbra­nche auch ohne Corona mau seien. Die wichtigste Zeit sei vor Weihnachte­n gewesen – der Lockdown ab Mitte Dezember habe deshalb besonders wehgetan.

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Foto: dpa (Symbol) Viele Einzelhänd­ler müssen derzeit die Türen ihres Geschäftes geschlosse­n halten. Supermärkt­e und Drogerien freuen sich dagegen über gute Umsätze.
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Foto: Manfred Rinke Sie öffnen wieder einen Teilbereic­h ihres Ladens in Neuburg und kritisiere­n die Lock‰ down‰Regeln: Katrin und Stefan Lahme.

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