Neuburger Rundschau

Ein Platz an der Sonne

Warum die Briten auf einmal über die EU jubeln

- VON MARGIT HUFNAGEL

Es ist ja viel von positivem Denken die Rede in diesen Zeiten. Die Krise als Chance. Das Gute im Schlechten sehen. Probleme als dornige Chancen. Sie wissen schon. Doch während wir über den diesmal auch noch besonders harten CoronaWint­er fluchen, nehmen sich die Briten die Kalendersp­rüche zu Herzen – nicht alles ist schlecht an dieser Pandemie. Zumindest aus Sicht der Insulaner. „No German towels in sight“– keine deutschen Handtücher in Sicht, jubelt die Zeitung The Telegraph.

Der Hintergrun­d des ungewöhnli­chen Freudensch­reis: Während Deutschlan­d beim Impffortsc­hritt nur im Schneckent­empo vorankommt, könnten in Großbritan­nien bis zum 15. Februar schon 16 Millionen Menschen ihre erste Impfdosis erhalten haben. Die logische Schlussfol­gerung: Britische Touristen könnten die Strände im Sommer endlich für sich allein haben. Kein Kampf um die Pool-Position. Kein Aufstehen um halb fünf, um die besten Liegen zu besetzen. Kein Reviermark­ieren. Bekam nicht das Wort „Morgengrau­en“während des Mallorca-Urlaubs immer einen sehr doppeldeut­igen Klang?

Selten haben die Engländer lautere Jubel-Arie auf die Europäisch­e

Union gesungen, der sie diesen Vorsprung ja indirekt zu verdanken haben. Der Platz an der Sonne ist ihnen sicher – zumindest nach heutigem Stand. Denn wenn uns dieses Virus eines gelehrt hat, dann, dass es unberechen­bar ist und sich niemand in Sicherheit wiegen sollte. Wer Sieger wird im Badetuch-Krieg der Briten gegen die Teutonen, das wird sich noch zeigen. Liebe Briten: So früh werden wir das Handtuch nicht werfen! Und überhaupt: Wäre es nicht schade um diese völkerüber­greifende Tradition des Wahnsinns?

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Foto: Adobe Stock

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