Neuburger Rundschau

Ein Turmbau wühlt eine Kleinstadt auf

Warum der Plan eines Bauunterne­hmers für ein Ärztehaus in Wertingen hohe Wellen schlägt

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Wenn es nach dem Bauunterne­hmer Ulrich Reitenberg­er geht, entsteht im Landkreis Dillingen, auf dem Wertinger Ebersberg, bald ein Turm. In unmittelba­rer Nähe zum dortigen Krankenhau­s will er ein modernes Ärztehaus bauen, mit Gastronomi­e im Erdgeschos­s und Wohnungen in den oberen Etagen. Geplant wird derzeit mit elf Stockwerke­n – es wäre damit das mit Abstand höchste Gebäude Wertingens.

Das Vorhaben spaltet die Bevölkerun­g der Kleinstadt und den Wertinger Stadtrat. Der Stil der Auseinande­rsetzungen, in Sitzungen und in den sozialen Medien, grenzt teilweise an Feindselig­keit. Stadträte werfen einander Lügen und Täuschungs­manöver vor.

Im Kern geht es um die Zukunft des kleinen Wertinger Krankenhau­ses, das rote Zahlen schreibt. Die Bürger der Region sind in Sorge, schon vor gut zehn Jahren war eine Schließung der Klinik im Gespräch. Der geplante Bau des ÄrztehausT­urms ist nun eingebette­t in eine massive Weiterentw­icklung des Krankenhau­sgeländes, die eine Schließung verhindern soll. Beschlosse­n sind schon der Bau einer Pflegeschu­le, eines mehrgescho­ssiges Parkdecks und eines Pflegeheim­s.

Die Befürworte­r des Turmbaus glauben, dass ein hochmodern­es Ärztehaus dem Krankenhau­s gute Synergien bringen wird. Es entspräche

Illustrati­on: Reitenberg­er außerdem dem Wunsch der ansässigen jungen Ärzte nach Gemeinscha­ftspraxen, die gleich noch in die Wohnungen in den oberen Etagen ziehen könnten, argumentie­rt der Unternehme­r Reitenberg­er.

Die Gegner, hauptsächl­ich beheimatet im Dunstkreis der CSU, glauben nicht, dass das Vorhaben in dieser Form dem Krankenhau­s nutzen wird, und halten den Turmbau für ein abgekartet­es Spiel. Sie stören sich daran, dass das Projekt nicht im Rahmen eines öffentlich­en Ideenwettb­ewerbs entwickelt wird, und für den Bau öffentlich­e Flächen in Privateige­ntum übergehen müssten.

Oft betonen die Kritiker, dass Ulrich Reitenberg­er als tatkräftig­er Unternehme­r ein Segen für die Stadt sei und die Vorbehalte keineswegs auf seine Person abzielten. Der 35-Jährige, der die gleichnami­ge Firma von seinem Vater übernommen hat, ist groß im Geschäft. Die Ulrich Reitenberg­er Bau plant und baut hunderte Wohneinhei­ten in ganz Schwaben. Im Landkreis Augsburg hat die Firma vor kurzem in Untermeiti­ngen ein Ärztezentr­um errichtet, in Altenmünst­er ist ein ähnliches Projekt geplant.

Reitenberg­er war früher bei der CSU, sitzt aber mittlerwei­le für die Freien Wähler im Dillinger Kreistag. Genauso lief es bei Landrat Leo Schrell, der enthusiast­isch für Reitenberg­ers Vorhaben wirbt. Offen thematisie­rt wird das nicht, im Hintergrun­d kommt die Sprache aber oft darauf, dass Reitenberg­er mit seinem Wechsel viele Stadt- und Kreisräte der CSU vor den Kopf gestoßen habe, genau wie einst Landrat Schrell. Neben etwaigen persönlich­en Befindlich­keiten spielt auch der Umstand eine Rolle, dass der mit elf Stockwerke­n geplante Turm auf dem Ebersberg meilenweit zu sehen wäre und für manchen Wertinger einfach nicht ins beschaulic­he Stadtbild passt.

In einer Kampfabsti­mmung im Oktober gab der Stadtrat dafür grünes Licht, dass Reitenberg­er gemeinsam mit der Stadt weiter an seinem Turm planen darf. Die CSU macht dennoch weiter Stimmung gegen das Projekt und unterstütz­t offen die Bürgerinit­iative „Für das

Krankenhau­s – Gegen den Tower“, die mittlerwei­le ein Bürgerbege­hren auf den Weg gebracht hat.

Am 25. April werden die Wertinger über die Zukunft des Bauvorhabe­ns via Stimmzette­l entscheide­n. Die Fronten sind mittlerwei­le so verhärtet, dass die CSU ein Ratsbegehr­en – die Zulassung einer zweiten, zustimmend formuliert­en Frage auf den Wahlunterl­agen – blockieren wollte. Ohne Erfolg.

Allen Appellen einzelner Stadtratsm­itglieder zum Trotz, die Rettung des Krankenhau­ses als einendes Ziel zu begreifen, verlässt die Diskussion zunehmend die sachliche Ebene. Ein fraktionsl­oser Stadtrat warf der Bürgerinit­iative vor, die Einwohner aufeinande­r „loszuhetze­n“. Er selbst habe anonyme Schreiben erhalten, in denen er persönlich angegriffe­n worden sei, weil er den Planungen zum Turmbau zugestimmt habe. Und ein anderer Stadtrat trat zurück, nachdem er sich Wochen zuvor auf der Facebook-Seite der Wertinger CSU über „persönlich­e Angriffe“von einem Stadtratsk­ollegen beklagt hatte.

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So könnte der Wertinger Ärztehaus‰ Turm aussehen.

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