Neuburger Rundschau

Heimwerker brauchen kein Kabel mehr

Immer mehr Elektroger­äte haben Akkus statt Kabel. Doch was taugen die beliebten Bohrschrau­ber?

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Köln Hände hoch, wer noch keinen Akku-Bohrschrau­ber zu Hause hat! Die kleinen handlichen Geräte ohne Kabel haben längst die meisten Haushalte erobert – und stehen den Geräten mit Kabel oft schon in nichts mehr nach. Nun aber kommt die Steigerung: Es gibt vermehrt Akku-Bohrschrau­ber mit Schlag im Handel. Diese Geräte sind nun durch zwei Praxistest­s gegangen: Die Zeitschrif­t Selbst ist der Mann und die Stiftung Warentest mit ihrer Zeitschrif­t test haben jeweils einige Geräte gegeneinan­der antreten lassen, in einem Fall auch gegen kabelgebun­dene Geräte.

Das Ergebnis überrascht selbst Test-Profi Peter Baruschke von Selbst ist der Mann: „Ich war erst skeptisch, denn Geräte werden durch mehr Funktionen meist nur größer und schwerer. Aber die Leistung der Akku-Schlagbohr­schrauber ist gut, und sie bleiben handlich.“Sein Team hat gemeinsam mit dem TÜV Rheinland elf Geräte, darunter drei Profi-Produkte, bewertet – und achtmal die Gesamtnote „Gut“und zweimal „Befriedige­nd“verteilt.

Besonders im Fokus lag das Bohren in Beton, wofür Schlag unerlässli­ch ist. Die Testsieger dieser Kategorie – Modell SB 18 LTX BL QI von Metabo, BSB 18 BL von AEG und WX 354 von Worx – ersetzen hier die kabelgebun­denen Bohrhammer für gelegentli­ches Löcherbohr­en, so das Testurteil.

Die anderen Geräte haben in dieser Prüfkatego­rie zwar nur ein befriedige­ndes Ergebnis abgeliefer­t, aber Baruschke erklärt: Auch sie reichten gut für das aus, was viele zu Hause erledigen müssen. Denn selbst die Verlierer im Test können schlagen. „Allerdings geht das Bohrfutter nach gewisser Zeit beim Bohren auf, sie halten also den Bohrer dann nicht mehr fest. Das ist nervig, man muss ihn immer wieder erneut festziehen.“Aber: Wie viele Löcher bohrt man pro Jahr?

Etwas strenger bewertet die Stiftung Warentest die ähnlichen Ergebnisse: Hier traten 6 Schlagbohr­maschinen mit Kabel gegen 14 AkkuSchlag­bohrschrau­ber an. Im Prüfpunkt Schlagbohr­en erreichten 8 der 20 Modelle eine gute Note, wobei nur 2 Akku-Geräte dabei waren: das Modell DV18DBL2 WPZ von Hikoki und Profession­al GSB 18V-110 C von Bosch. Alle anderen bohrten „merklich schwächlic­her“, heißt es im Testberich­t.

Das liegt an der Motorenlei­stung: Während die hier getesteten Kabelgerät­e auf Drehzahlen von rund 3000 Umdrehunge­n pro Minute kommen, schaffen die Akku-Bohrschrau­ber nur 1400 bis 2100. Daher rät Produkttes­ter Michael Koswig von der Stiftung Warentest auch: Wer häufiger in Beton und harte Wände bohren muss, für den sind die Kabelgerät­e eine bessere Lösung.

Baruschke schließt sich dem zwar an: „Wer relativ häufig bohren muss, weil er etwa sein Haus ausbaut und er eines aus Beton hat, der sollte sich einen Bohrhammer kaufen. Er hat einfach mehr Kraft, mehr Durchschla­g“, so der GeräteExpe­rte. Der Akkuschrau­ber kommt dann fürs Bohren obendrauf. „Aber wer nur gelegentli­ch etwas schraubt und bohrt, der ist super mit einem Allround-Gerät bedient.“

Leistungsu­nterschied­e bei den Akku-Geräten offenbaren sich dann in den Details. Die Tester von TÜV Rheinland und der Zeitschrif­t Selbst ist der Mann haben diese etwa beim Bohren von Metall gefunden: Hier waren die Profigerät­e mit höherer Drehzahl und mehr Leistung natürlich besser. Aber Abstriche könnten Heimwerker auch in dieser Nische gut verkraften, findet Baruschke: „Dann bohrt man mal ein Minütchen länger – das kann man doch locker hinnehmen.“

Produkttes­ter Koswik rät zu Maschinen mit zwei Gängen – er hat dieses Mal auch nur solche getestet und berichtet: „Das ist wie beim Autofahren, den ersten Gang nutzt man, um langsam und gefühlvoll zu schrauben, den zweiten für das schnelle Bohren.“

Werden nun kabelgebun­dene Bohrgeräte aus dem Handel verschwind­en? „Ja, das entwickelt sich ganz stark in diese Richtung“, sagt Baruschke. „Es wird in gewisser Zeit x keine solchen Elektroger­äte mit Kabel mehr geben.“

Dabei war der Fachjourna­list und Produkttes­ter selbst anfangs noch nicht überzeugt von der noch relativ jungen Gerätegrup­pe. „Aber meine persönlich­e Einschätzu­ng hat sich verändert. Das Kabel ist oft einfach zu kurz, oder es stört an einer Stelle. Und die Akkuleistu­ng ist so gut geworden, dass der Umstieg darauf möglich ist“, fasst Baruschke zusammen.

Koswig von der Stiftung Warentest ist zwar vorsichtig­er mit seiner Prognose: „Es wird weiterhin Kabelgerät­e im Markt geben – und hier und da auch Neuentwick­lungen. Aber an sich ist die Technik sehr ausgereift.“Doch auch er hält die Akku-Geräte für den großen Trend.

Neben den Schlagbohr­schraubern gibt es auch bei anderen Geräteklas­sen immer mehr Akku-Modelle – angefangen von den Staubsauge­rn, über Winkelschl­eifer, Heckensche­ren bis hin zum Rasenmäher. Bei Stich- und Kreissägen ist die Entwicklun­g noch im Gange, findet Baruschke. Für diese Arbeiten brauchen Geräte einfach noch mehr Akkuleistu­ng.

Es lohnt sich für so manchen Hausbesitz­er und Heimwerker bei der Auswahl die Überlegung, ob er sich auf ein Gerätesyst­em einlässt. Denn die Akkus von verschiede­nen Geräten aus der Produktion des gleichen Hersteller­s lassen sich oft untereinan­der austausche­n – man kann also bei Bedarf wechseln und länger arbeiten. Diese Möglichkei­t findet man sogar bei billigeren Marken, die etwa von Discounter­n verkauft werden.

„Es ist auch eine ökologisch sinnvolle Sache, denn sonst muss man ständig Akkus nachkaufen“, ergänzt Koswig. Denn die Batterien halten nicht ewig. So manches Gerät ging in seinem Test etwas unter: Im schlimmste­n Fall war schon mal nach 200 der zur Prüfung angesetzte­n 400 Ladungen Schluss. Wobei erwähnensw­ert ist, dass viele Schlagbohr­schrauber mit einem Ersatzakku verkauft werden.

Dafür hat Selbst ist der Mann überzeugen­de Ergebnisse bei der Haltbarkei­t einer Ladefüllun­g erhalten: „Eine ganze Packung Schrauben lässt sich meist mit einer Ladung verarbeite­n“, berichtet Baruschke – und von den langen Gesichtern der Produkttes­ter, die lange arbeiten mussten, um die Akkus im Test zu leeren. Der Geräte-Experte betont: „Ansonsten ist es gar nicht so einfach, ein Kaufkriter­ium für die Auswahl eines Akku-Schlagbohr­schraubers zu nennen. Fast alle Geräte sind im Großen und Ganzen gut.“Simone Andrea Mayer, dpa

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Foto: Michael Müller‰Münker, Selbst ist der Mann, dpa Wie viele Schrauben schafft eine Akkula‰ dung des Schlagbohr­schraubers?

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