Neuburger Rundschau

„Der Friseurbes­uch ist Lebensqual­ität“

Friseure in Bayern dürfen ab 1. März öffnen. Was heißt das nun für Betriebe und Kunden? Ein Gespräch mit Matteo Leggio über verschnitt­ene Haare und das Gefühl, sich schön zu fühlen

- Interview: Maria Heinrich

Herr Leggio, wie war der Moment für Sie, als bekannt wurde, dass Sie Ihr Geschäft bald wieder öffnen dürfen? Matteo Leggio: Das war ein sehr leichter Moment für mich. Wir haben im Innungsver­band wahnsinnig viel dafür getan, um dieses Ziel zu erreichen. Wir standen in Kontakt zu Jens Spahn, zu Hubert Aiwanger und allen Verbänden. Jetzt ist uns allen wirklich ein Stein vom Herzen gefallen. Es fühlt sich an wie ein Aufschwung, wir sehen endlich ein Licht am Ende des Tunnels. Wir alle sind glücklich und lachen endlich wieder, es ist so schön.

Ihr Telefon steht seither bestimmt kaum noch still, oder? Die Leute rennen Ihnen doch sicherlich den Salon ein, um gleich für März einen Termin zu bekommen?

Leggio: Die Leute freuen sich wirklich, dass sie endlich wieder kommen dürfen, und rufen seit Donnerstag­vormittag ununterbro­chen bei uns im Geschäft an. Jeder will natürlich gleich drankommen und einen Termin ergattern.

Und wie entscheide­n Sie, wer als Erstes an die Reihe kommt?

Leggio: Manche Kunden haben im

Januar und Februar schon eine Anmeldung für einen Termin bei uns abgegeben. Die nehmen wir natürlich als Erstes dran. Ansonsten gilt bei uns aber: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – und bekommt wieder die Haare schön gemacht.

Also nicht nach dem Prinzip: Wer die schlimmste Frisur hat, kommt als Erstes an die Reihe?

Leggio: Nein (lacht). Aber die Leute sind so froh, dass es für sie überhaupt keine Rolle spielt, ob ein oder zwei Tage früher oder später. Sie wollen einfach endlich wieder Kontakt zu ihrem Friseur haben.

Es geht also gar nicht mal unbedingt um den neuen Schnitt oder die frischen Strähnchen, sondern vielmehr um den Friseurbes­uch an sich?

Leggio: Genau! Sich verwöhnen lassen, eine schöne Kopfmassag­e bekommen, es sich gut gehen zu lassen und sich schön fühlen. Das ist Lebensqual­ität. Viele ältere Damen haben mir in den vergangene­n Monaten auch persönlich­e Briefe geschriebe­n, weil sie gar kein E-MailProgra­mm oder Whatsapp haben. Die waren alle so nett formuliert, mit so vielen lieben Grüßen an uns.

Das kann man gar nicht beschreibe­n, das war ein besonderes Erlebnis, bei dem ich richtig Gänsehaut bekommen habe.

Wie war es für Sie als Friseurmei­ster, wenn Sie in den vergangene­n Monaten durch die Stadt gegangen sind und die vielen Strubbelkö­pfe und herausgewa­chsenen Ansätze gesehen haben? Leggio: Das waren gemischte Gefühle, das muss ich zugeben. Einerseits war es manchmal schon zum Lachen, wenn jemand an die eigenen Haare Hand angelegt und sich richtig zugerichte­t hat. Anderersei­ts war es für uns auch sehr traurig. Wir haben erfahren, dass viele ältere Kunden gar nicht mehr mit ihren Haaren zurechtkam­en, weil sie einfach Hilfe beim Waschen und Föhnen brauchen.

Für Sie und Ihre Kollegen bedeutet die Öffnung der Salons sicherlich auch eine finanziell­e Erleichter­ung ... Leggio: Es war für uns wirklich ein wahnsinnig glückliche­r Moment, weil wir jetzt endlich wieder Geld verdienen können. Viele von uns können sich wieder etwas leisten. Manche Kollegen mussten wirklich ihren Lebensstan­dard extrem nach

Symbolfoto: Roland Schlager, dpa unten schrauben, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Welche Corona-Vorgaben müssen Sie künftig im Salon einhalten?

Leggio: Neu ist bei uns, dass die Kunden nur mit FFP2-Masken das Geschäft betreten dürfen. Wir Mitarbeite­r müssen entweder FFP2oder OP-Masken bei der Arbeit tragen. Wenn eine Kunde seine Maske vergisst, dann stellen wir ihm selbstvers­tändlich eine zur Verfügung.

Und man darf nur noch mit Termin kommen, oder?

Leggio: Ja, aber das war ja schon vorher so. Man darf nur mit Reservieru­ng kommen, man muss, wann immer möglich, 1,5 Meter Abstand halten und es werden regelmäßig die Hände und die Plätze desinfizie­rt. Und allen Kunden werden zu Beginn die Haare gewaschen. Das gilt in all unseren Innungsbet­rieben.

Matteo Leggio ist Obermeiste­r der Friseurinn­ung Augsburg und betreibt seit 35 Jahren seinen Salon.

 ??  ??
 ??  ?? Die Menschen in Bayern freuen sich, dass Friseure im März ihre Salons wieder öffnen dürfen. Für viele geht es aber in erster Linie gar nicht mal darum, sich die Haare schnei‰ den zu lassen. Sie wollen sich vielmehr etwas Gutes tun und sich verwöhnen lassen.
Die Menschen in Bayern freuen sich, dass Friseure im März ihre Salons wieder öffnen dürfen. Für viele geht es aber in erster Linie gar nicht mal darum, sich die Haare schnei‰ den zu lassen. Sie wollen sich vielmehr etwas Gutes tun und sich verwöhnen lassen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany