Neuburger Rundschau

„Es ist viel, viel besser geworden“

Erstmals seit langer Zeit zeigt sich Ministerpr­äsident Söder vorsichtig optimistis­ch. Stufenplän­e für die Lockerung der Corona-Regeln lehnt er ab. Bayern werde sich an der „Ampel“mit drei Inzidenzwe­rten orientiere­n

- VON ULI BACHMEIER

München Das sind ganz neue Töne. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) tritt am Donnerstag nach der Kabinettss­itzung vor die Presse und sagt nicht: „Die Lage ist leider weiter sehr ernst.“Er sagt: „Eine gute Nachricht. Die Lage hat sich für Bayern deutlich verbessert. Es ist nicht vorüber, aber es ist viel, viel besser geworden.“Und – erkennbar erleichter­t – fügt er gleich noch hinzu: „Die Strategie war komplett richtig.“Der strenge Kurs bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sei „nicht umsonst“gewesen. Nach Schätzunge­n des Robert-Koch-Instituts hätte der strenge Lockdown in Bayern rund 1000 Menschen das Leben gerettet. „Also, es wirkt.“

Tatsächlic­h sieht es so aus, als gäbe es im Freistaat endlich mehr Licht als Schatten. Zum Höhepunkt der zweien Corona-Welle vor Weihnachte­n lagen in Bayern 95 der 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte über einem Corona-Inzidenzwe­rt von 100. Jetzt sind es nach Söders Worten noch 16. Zeitweise sei Bayern mit einem durchschni­ttlichen Inzidenzwe­rt von 217 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen auf Platz eins in Deutschlan­d gelegen. Mittlerwei­le sei dieser Durchschni­ttswert auf 63 gesunken. Bayern liege damit im Bundesverg­leich auf Platz neun unter den 16 Bundesländ­ern. München sei sogar die erste Großstadt mit einem Inzidenzwe­rt unter 50. Das freue ihn ganz besonders, sagt Söder, und wagt sogar die Prognose, dass Bayern insgesamt „noch im Februar oder Anfang März“unter diese Grenze kommt.

Erst nach diesen hoffnungsv­ollen Prognosen kommt Söder auf die Entwicklun­gen zu sprechen, die ihm Sorge bereiten. Er wisse, dass viele Menschen „müde, gestresst und genervt“seien und dass es Frustratio­nen über die schleppend­e Auszahlung der staatliche­n Finanzhilf­en an Unternehme­r und Selbststän­dige gebe. Er wisse aber auch, dass viele Menschen nach wie vor in großer Sorge vor den Mutationen des Virus seien. Diese Sorge ist nach seinen Worten berechtigt – insbesonde­re mit Blick auf Hotspots in Tschechien und Tirol. Etwa 40 bis 70 Prozent der Einreisend­en aus Tschechien, die positiv getestet wurden, hätten sich mit der britischen Mutation des Coronaviru­s infiziert. Ein Einreiseve­rbot, wie es für andere Mutationsg­ebiete bereits gilt, ist aus Söders Sicht deshalb zu begrüßen. Umfassende Erkenntnis­se darüber, wie sich die Mutationen in Bayern insgesamt ausbreiten, so ergänzt Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU), gebe zwar noch nicht. Man habe aber die Meldepflic­hten noch einmal nachgeschä­rft und werde „in Kürze“eine Übersicht haben.

An der Gefährlich­keit der Mutationen besteht laut Holetschek kein Zweifel: „Durch die Mutationen hat der Virus noch einmal einen Raketenant­rieb bekommen.“

Die Mutationen sind nach Aussage Söders auch der Hauptgrund dafür, dass Bayern weiterhin nur vorsichtig lockert. Die zweite CoronaWell­e sei zwar gebrochen. „Wir sollten jetzt aber nicht in die dritte Welle hineinstol­pern.“Aus diesem Grund lehnt er auch die vielfach geforderte­n Stufenplän­e als „Perspektiv­strategie“ab. „Stufenplän­e“, so Söder, „orientiere­n sich an Zeitachsen – Ampeln, und darauf konzentrie­ren wir uns wieder, orientiere­n sich an der Inzidenz. Die Inzidenz ist das Entscheide­nde.“In Bayern seien deshalb die drei Stufen 35, 50 und 100 so wichtig. „Ab 100 beginnt es irgendwann zu fliegen und ist nicht mehr zu kontrollie­ren. Unter 35 hat man eine dauerhafte Basis“, sagt Söder. Je besser der Wert, umso mehr sei möglich. Das gelte allerdings auch umgekehrt.

Diesem Prinzip sollen nun auch die ersten Lockerunge­n in Bayern folgen. Neben der Öffnung der Kitas und der schrittwei­sen Öffnung der Schulen ab 22. Februar kippt das Kabinett bereits am kommenden Montag die bayernweit­e Ausgangssp­erre (mit Ausnahme der Hotspots, dort aber erst ab 22 Uhr) und lässt Fahrschule­n (ab 22. Februar) und Friseure (ab 1. März) wieder arbeiten.

Die Beschlüsse im Kabinett wurden einstimmig gefasst. Auch Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der zuvor für schnellere Lockerunge­n plädiert hatte, stimmt zu. Er sagt zwar, die Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz seien nicht in seinem Sinne gewesen. Den Kompromiss in Bayern aber nennt er tragbar.

 ?? Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa ?? Ministerpr­äsident Markus Söder will im Kampf gegen die Pandemie „Umsicht und Vorsicht walten lassen“. Sprich: Lockerunge­n der Corona‰Maßnahmen in Bayern gibt es, aber nur langsam.
Symbolfoto: Peter Kneffel, dpa Ministerpr­äsident Markus Söder will im Kampf gegen die Pandemie „Umsicht und Vorsicht walten lassen“. Sprich: Lockerunge­n der Corona‰Maßnahmen in Bayern gibt es, aber nur langsam.

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