Neuburger Rundschau

Wird der Englische Garten zum Friedwald?

Die 65 Hektar große Fläche im Neuburger Auwald ist ein Problemkin­d des Wittelsbac­her Ausgleichs­fonds. Deswegen gibt es eine Idee, wie der Wald künftig genutzt werden könnte

- VON GLORIA GEISSLER

Neuburg Die Vögel zwitschern, die Blätter rauschen leise im Wind und die Sonne blinzelt durch die Äste der jahrhunder­tealten Bäume hindurch. Viele Neuburger haben einen Lieblingsp­latz im Englischen Garten, vielleicht einen ganz besonderen Baum, dem sie seit vielen Jahren auf ihren Spaziergän­gen begegnen. Wie wäre es, später einmal genau unter diesem Baum beerdigt zu werden? Den Grabschmuc­k übernimmt die Natur mit Buschwindr­öschen, Farnen oder im Herbst mit bunten Blättern.

Wenn es nach dem Wittelsbac­her Ausgleichs­fonds (WAF) geht, soll dies im Englischen Garten schon bald möglich sein. Forstdirek­tor Peter Niggemeyer hat die Idee ins Spiel gebracht und in einem ersten Schritt dem Ältestenra­t der Stadt vorgestell­t.

Der Zeitpunkt dafür scheint ungelegen, denn der WAF steht seit der Sperrung von sieben Hektar Wald im Englischen Garten im Kreuzfeuer der Kritik. Und nun kommt die Nachricht, dass das Naherholun­gsgebiet der Neuburger ein Friedhof werden soll. Doch Niggemeyer sieht die Sache positiv: „Ich bin froh, dass diese Diskussion angestoßen wurde.“Denn so könne man die Chance ergreifen und darüber sprechen, wie die Zukunft für dieses Stück Land aussehen soll. Denn wirklich glücklich ist der WAF mit diesem Areal nicht. Der Stiftung gehört zwar der Englische Garten, aber ordentlich bewirtscha­ften und Geld damit verdienen kann sie kaum. „Das sieht man ja gerade an dem Bereich, den wir gesperrt haben, was dann los ist“, sagt Niggemeyer. Die Bürger hätten den Englischen Garten durch die Stadtnähe quasi zu ihrem Naherholun­gsgebiet erklärt. „Wir sind von der Bevölkerun­g schon vor vielen Jahrzehnte­n enteignet worden.“

Für ihn stelle sich also die Frage: Was tun mit diesen 65 Hektar Wald, für die der WAF trotzdem zuständig ist, die Verkehrssi­cherungspf­licht hat und nach eigenen Worten jedes Jahr viel Geld hineinstec­kt. Deswegen sei er auf die Idee mit dem Friedwald gekommen: „Auf diese Weise werde der Englische Garten zu einem naturnahen Park, der von den Menschen genutzt werden kann und der WAF nimmt durch den Verkauf der Gräber etwas Geld ein. Auf diese Weise haben alle etwas davon“, ist sich Niggemeyer sicher. Doch ob das die Neuburger genauso sehen, ist fraglich. Oberbürger­meister Bernhard Gmehling findet die Idee, in Neuburg einen Bestattung­swald zu errichten, grundsätzl­ich gut. Bisher müssten Neuburger, die auf diese Weise beigesetzt werden wollen, in weit entfernte Orte ausweichen, wie zum Beispiel ins fränkische Pappenheim. Aber ob der Englische Garten dafür der richtige Ort ist, müsse erst noch diskutiert werden. Denn auch wenn der Friedwald grundsätzl­ich für alle Menschen frei zugänglich bleibt, wird es Einschränk­ungen geben. Joggen und Radfahren auf den Wegen bleibt weitestgeh­end erlaubt, auch Hunde dürfen dort Gassi gehen, allerdings nur an der Leine. Lautstark grölende Jugendlich­e mit voll aufgedreht­er Musik sind nicht erwünscht, wie Niggemeyer sagt. „Das ist Störung der Totenruhe und geht auf einem Friedhof nicht.“Als solcher nämlich wird der Friedwald ausgewiese­n, es gilt die von der Stadt erlassene Friedhofss­atzung.

Die Bäume, die in einem Friedwald als Bestattung­splätze zur Verfügung stehen, sind durch farbige Bänder gekennzeic­hnet. Bäume, an denen bereits Menschen ihre letzte Ruhe gefunden haben, zieren häufig kleine Namenstafe­ln. „Ansonsten merkt der Besucher nicht viel vom Friedhof“, bekräftigt der Forstwirt.

Der WAF kann die Fläche nicht ordentlich bewirtscha­ften

Der Besucher merkt kaum, dass er sich in einem Friedhof befindet

Die Asche der Verstorben­en ruht in biologisch abbaubaren Urnen. Die Beisetzung­en beginnen üblicherwe­ise an einem Andachtspl­atz, der mit einem Holzkreuz oder Stelen und Sitzgelege­nheiten ausgestatt­et ist. Die Gestaltung der Beisetzung bleibt den Wünschen der Verstorben­en und ihrer Angehörige­n überlassen. Christlich begleitete sind ebenso üblich wie Bestattung­en ohne geistliche­n Beistand.

Niggemeyer kennt die Bedenken der Bürger, wenn es um das Thema Bestattung­swald geht, denn in seiner berufliche­n Laufbahn hat er schon viele solcher Friedhöfe installier­t: „Aber überall waren die Menschen danach begeistert und die Bestattung­swälder wurden meist schon nach kurzer Zeit ausgeweite­t.“

Auch die Stadt profitiere von einer solchen Einrichtun­g, denn die Menschen, die sich auf diese Weise bestatten lassen, kommen oft von weit her. „Die Angehörige­n, die die Gräber besuchen, übernachte­n nicht selten in der Stadt oder treffen sich zum Familienes­sen“, berichtet Niggemeyer aus seinen Erfahrunge­n.

Übers Kreuz brechen will der WAF die Errichtung eines Bestattung­swaldes im Englischen Garten aber nicht. Die Idee stehe im Raum. Nun gehe es darum, sie zu diskutiere­n.

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Foto: Winfried Rein Oft sind es besonders markante Bäume, die sich die Menschen als letzte Ruhestätte aussuchen. Der Englische Garten in Neuburg hätte etliche davon zu bieten.
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Foto: FriedWald GmbH Ein Name, ein Psalm oder einfach ein letzter Gruß: Lediglich eine kleine Tafel wird an den Bäumen befestigt, an denen die Menschen bestattet sind.
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Foto: Schamberge­r/ddp In einem Friedwald sind nur Urnengrä‰ ber möglich.

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