Neuburger Rundschau

Willst du mich heiraten, mi amore?

Oberbayer Bernd Morgenthal­er organisier­t profession­ell Hochzeitsa­nträge in Venedig. Bis zu 300 Mal im Jahr, mit Gondeln, Rosenblätt­ern und allem Drum und Dran. Hat dazu schon jemals eine Frau Nein gesagt?

- VON MARIA HEINRICH

Wolfratsha­usen/Venedig Eine Reise nach Venedig, eine romantisch­e Gondelfahr­t durch die Kanäle der Lagunensta­dt und dann, aus heiterem Himmel, kniet der Liebste nieder und fragt: „Willst du mich heiraten?“Für so manche Frau ist dieses Szenario wohl die Traumvorst­ellung schlechthi­n. Für Bernd Morgenthal­er aus dem oberbayeri­schen Wolfratsha­usen ist es weit mehr als das. Er lässt diesen Traum für Paare tatsächlic­h wahr werden. Seit 15 Jahren organisier­t er Verlobunge­n in Venedig, ungefähr 300 Mal im Jahr, schätzt er. „Die Überraschu­ng gelingt uns meist so gut, dass viele Frauen total perplex sind und weinen müssen“, erzählt er.

Eigentlich betreibt Morgenthal­er seit vielen Jahren ein Internetpo­rtal, das sich auf Reisetipps rund um den Urlaub in Venedig spezialisi­ert hat. Er vermittelt zum Beispiel freie Hotelzimme­r und vertreibt Tickets für Fahrten mit dem Vaporetto-Wasserbus. Doch vor 15 Jahren meldete sich ein Kunde, der um Hilfe bat, weil er seiner Freundin in der italienisc­hen Lagunensta­dt einen Antrag machen wollte. „Zusammen mit unseren Bekannten vor Ort haben wir das dann organisier­t und daraus ein Angebot für unser Portal entwickelt.“Für die ersten Anträge sei Morgenthal­er jedes Mal extra von Wolfratsha­usen nach Venedig gereist, um sich um alles zu kümmern. „Dabei sind mir wirklich jedes Mal selbst die Tränen gekommen, als ich zugeschaut habe“, erzählt er. Doch mittlerwei­le hat er eine feste Kontaktper­son vor Ort, die die Anträge organisier­t. Doch wie genau läuft das Ganze nun eigentlich ab?

Alles beginnt, wenn sich das Pärchen am Einstieg zu den Gondeln mit der Kontaktper­son trifft. Von dort fährt der Gondoliere die beiden ein paar Minuten durch die Kanäle, bis er abbiegt und auf eine kleine Brücke zuhält. An der Brüstung ist dann ein großes weißes Banner befestigt und darauf zum Beispiel zu lesen: „Meine liebe Susi, ich liebe dich. Willst du mich heiraten? Dein Michael.“Oben auf der Brücke steht dann eine Fotografin, die von dem Pärchen und ihrem besonderen Moment Fotos macht und anschließe­nd auf der anderen Seite der Brücke Rosenblätt­er auf die Gondel herab streut. Wie gut das bei den Paaren ankommt, ist auf der Internetse­ite von Bernd Morgenthal­er nachzulese­n. Dort sammelt er Rückmeldun­gen seiner Kunden: „Es war perfekt!“und „Meine Verlobte spricht jetzt nach zwei Wochen über diesen schönen Antrag.“Oder: „Man kann sich, glaube ich, keinen schöneren Antrag vorstellen.“

Für die einen mag so ein Antrag vielleicht viel zu kitschig sein, andere wieder sind derart angetan davon, dass ihnen selbst Corona keinen Strich durch ihre Pläne machen könne, erzählt der Wolfratsha­user am Telefon. Ein Kunde etwa hat für den Valentinst­ag am kommenden Sonntag gebucht – trotz Lockdown und Quarantäne­pflicht. Der nächste Antrag ist dann wieder im März. „Aber natürlich sind es nicht mehr so viele Buchungen wie sonst üblich.“

Wenn Morgenthal­er von seinen Aufträgen am Telefon erzählt, dann spricht er immer von seinem Kunden oder von seinem Auftraggeb­er. Melden sich bei ihm also nur Männer, die ihren Freundinne­n einen Antrag machen? „Ja, das ist tatsächlic­h so“, erzählt er. „Einmal in 15 Jahren hatten wir eine Frau, die tatsächlic­h ihrem Partner einen Antrag machte. Und dann haben wir ab und zu Frauen, die sich mit ihrer Lebensgefä­hrtin verloben möchten.“

Ist ein Antrag in Venedig also tatsächlic­h der Traum vieler Frauen? Hat schon jemals eine von ihnen abgelehnt? „Wir bekommen natürlich nicht immer eine Rückmeldun­g“, sagt Morgenthal­er. „Aber mir wäre nicht bekannt, dass jemals eine Frau Nein gesagt hat.“Wenn, dann seien sie derart überrascht, dass es ein wenig dauern könne, bis sie antworten. Oder wie es ein Kunde auf der Internetse­ite beschreibt: „Ich musste meine Freundin dreimal fragen, ob sie meine Frau werden will, so überwältig­t war sie.“

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Foto: Bernd Morgenthal­er Für manchen der Traum eines Antrags: romantisch bei einer Gondelfahr­t in Ve‰ nedig.
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B. Morgenthal­er

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