Kirche stellt Priester frei – Tatort liegt in der Region
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt prüft Vorwürfe gegen einen Priester, der im katholischen Dekanat Neu-Ulm tätig ist. Der mögliche „Tatort“liegt jedoch in der Region
Ingolstadt/NeuburgSchrobenhausen In einem anonymen Schreiben ist ein katholischer Pfarrer beschuldigt worden, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Knapp fünf Jahre ist dieser Vorfall in einer oberbayerischen Pfarrei her. Der Mann ist inzwischen als Priester im katholischen Dekanat Neu-Ulm tätig. Nun soll der gleiche Geistliche nach Informationen unserer Zeitung im Fokus eines Ermittlungsverfahrens stehen. Ob die Behörden aus den gleichen Gründen ermitteln wie damals, ist allerdings unbekannt.
Sowohl die zuständige Staatsanwaltschaft Ingolstadt als auch das Bistum Augsburg verwiesen auf das laufende Verfahren und wollten keine detaillierten Angaben machen. Eine offizielle Bestätigung dafür, dass es sich um den gleichen Mann handelt, gibt es deshalb nicht.
Es werde gegen einen Geistlichen aus dem Bistum Augsburg ermittelt, sagte Oberstaatsanwältin Andrea Grape, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ingolstadt. Der mögliche
Tatort befinde sich im Zuständigkeitsbereich der Behörde. Dieser umschließt neben der Stadt Ingolstadt die Landkreise NeuburgSchrobenhausen, Eichstätt und Pfaffenhofen an der Ilm. Auf welchen Zeitraum sich die Vorwürfe beziehen, sagte Grape nicht. Auch zur Art der Vorwürfe machte sie keine Angaben.
Das katholische Bistum Augsburg vermeldete am Freitagmorgen, ein Priester aus dem Dekanat Neu-Ulm sei wegen eines laufenden Ermittlungsverfahrens entpflichtet worden. In der Mitteilung der Diözese betont Generalvikar Harald Heinrich: „Die sofortige Freistellung bedeutet keine Vorverurteilung seitens des Bistums. Damit wird nicht bereits seine Schuld festgestellt.“Ein Sprecher des Bistums teilte auf Nachfrage mit, die Diözese werde sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht äußern. Bekannt geworden waren die früheren Vorwürfe gegen den Priester im Mai 2016. Mitte März des gleichen Jahres soll das anonyme Schreiben eingegangen sein, wie Harald Heinrich seinerzeit berichtete. Heinrich war schon damals Generalvikar des Bistums Augsburg und damit oberster Dienstvorgesetzter aller Mitarbeiter der Diözese.
Bis auf Weiteres darf er keine Gottesdienste mehr feiern
Ein halbes Jahr später gab die Staatsanwaltschaft Ingolstadt bekannt, die Vorwürfe hätten sich als haltlos erwiesen. Nach der Befragung von Angehörigen der betroffenen Pfarreien und von möglichen Geschädigten habe man keine Hinweise auf strafrechtlich relevantes Verhalten des Mannes gegenüber Kindern und Jugendlichen gefunden.
Der Geistliche soll in der Gemeinde, in der er beim Aufkommen der Vorwürfe tätig gewesen war, nicht übermäßig beliebt gewesen sein. Nach Medienberichten hätten innerhalb eines Jahres etwa 50 Ministranten wegen seines rauen Umgangstones ihren Dienst quittiert. Einen sexuellen Übergriff auf Minderjährige, so sagten es Gemeindemitglieder damals, traue man ihm aber nicht zu. Der Geistliche, so berichten es Gläubige, die dabei waren, habe in seiner ersten Predigt an seiner aktuellen Wirkungsstätte die Vorwürfe angesprochen. Er habe gesagt, es sei ja bekannt, was über ihn geschrieben werde. Wer Fragen habe, könne ihn ansprechen.
Nun hat ihn der Augsburger Generalvikar Harald Heinrich wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entpflichtet. Die Ordnung der Deutschen Bischofskonferenz sieht in einem solchen Fall vor, dass ein Priester, solange ein solches Verfahren andauert, nicht weiter seinen Dienst ausüben kann. Zugleich wird entsprechend der Vorgaben auch eine kirchenrechtliche Voruntersuchung eingeleitet.
So war es auch vor fünf Jahren, als sogar der Papst in Rom eingeschaltet wurde. „Von seinen Aufgaben entpflichtet“bedeutet nach Auskunft eines Bistumssprechers, dass er derzeit keine öffentlichen Gottesdienste feiern und keine Sakramente mehr spenden darf.