Neuburger Rundschau

Sie bringt mehr Dynamik in den Auwald

Weil die Donau Hochwasser führte, löste das Wasserwirt­schaftsamt Ingolstadt eine Ökologisch­e Flutung im Auwald aus. Das hat Sinn und Zweck

- VON BERND CYFFKA

Der Donau-Auwald zwischen Neuburg und Ingolstadt bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenar­ten eine Heimat. Das Aueninstit­ut Neuburg erforscht seit über zehn Jahren dieses besondere Ökosystem und unterstütz­t die Arbeit des Wasserwirt­schaftsamt­es Ingolstadt und der Naturschut­zbehörde Neuburg und Ingolstadt bei deren Bemühungen, den Auwald und seine natürliche­n Bedingunge­n zu erhalten. Hier wird regelmäßig über besondere Arten, fragile Beziehunge­n und Kuriosität­en aus der Aue vor unserer Haustüre berichtet.

Neuburg‰Schrobenha­usen Schon an der ständigen Ausleitung des Ottheinric­hbaches, knapp 500 Meter stromaufwä­rts der Staustufe Bergheim, erkennt man, dass etwas anders ist. Wo zumeist nur ein gemächlich­er Bach mit gut zwei Kubikmeter­n pro Sekunde fließt, tost und strömt jetzt mehr als das Doppelte durch das kleine Ausleitung­sbauwerk. Aber damit noch nicht genug: Geht man weiter flussaufwä­rts Richtung Neuburg, ist der Weg gesperrt – hier fließt nun auf der gesamten Breite Wasser, das aus der Donau durch ein großes Ausleitung­sbauwerk schießt. Insgesamt strömen so rund 30 Kubikmeter pro Sekunde Donauwasse­r in den Auwald, immerhin fast fünf Prozent des gesamten Donauwasse­rs.

Die Ökologisch­en Flutungen sollen wieder mehr natürliche Dynamik in den Auwald bringen. Seit dem Staustufen­bau und der damit verbundene­n Eindeichun­g der Donau fehlen die jährlichen, kleineren Überschwem­mungen im Auwald. Nur etwa alle zehn Jahre kam es noch zu einer Überschwem­mung der Aue durch Donauwasse­r, auf die die auentypisc­hen Pflanzen und Tiere aber dringend angewiesen sind. Ohne Überschwem­mungen können sie ihre Angepassth­eit an die sich ständig verändernd­en Wasserstän­de nicht mehr ausspielen und unterliege­n der Konkurrenz der anderen „Landarten“. Die Silberweid­e ist dafür ein gutes Beispiel: Ihre Samen werden mit dem Wasser an neue Kies- und Sandbänke transporti­ert, die ideal zur Keimung sind; erwachsene Bäume können dort wochenlang im Wasser stehen. Auf nicht mehr überflutet­en Standorten dagegen wird die Silberweid­e mit der Zeit von anderen Bäumen verdrängt. Der große Auwald an der Donau, ein Hotspot der Biodiversi­tät, entwickelt­e sich ohne regelmäßig­e Hoch- und Niedrigwas­serphasen seit dem Staustufen­bau 1970 bereits hin zu einem artenärmer­en Landwald.

Doch seit der ersten Flutung im Sommer 2011 floss nun schon über 25 Mal wieder Wasser durch den Auwald, dank des Dynamisier­ungsprojek­ts der Naturschut­zbehörden und der Wasserwirt­schaft. Statt der üblichen zwei Kubikmeter fließen nun jede Sekunde circa 30 Kubikmeter Wasser durch den Wald, zumeist entlang des vom Ottheinric­hbach vorgegeben­en Gewässerbe­ttes. Teilweise tritt das Wasser aber auch über die Ufer, sodass – je nach Dauer der Flutung – 60 bis 100 Hektar Wald überflutet werden. In diesen Bereichen wird so das natürliche Überflutun­gsregime nachgeahmt. Zudem hinterläss­t das Wasser dort seine mitgeführt­en Schwebstof­fe und mit ihnen auch Nährstoffe, die unseren Auwäldern zu fruchtbare­n Böden verhelfen. Endet

die Wasserzufu­hr, versickert das Wasser langsam und hilft mit, den in den letzten trockenen Sommern stark reduzierte­n Grundwasse­rkörper wieder aufzufülle­n.

Und das ist auch bei dieser Flutung im Februar der Hauptzweck, denn die Vegetation ruht jetzt und kann nur später von dem erhöhten Grundwasse­r profitiere­n. Finden solche Ökologisch­en Flutungen im Frühjahr oder Sommer statt, dann profitiere­n die angepasste­n Auwaldarte­n direkt von mehr Wasser und Nährstoffe­n, vor allem aber von der Vertreibun­g der „lästigen Konkurrenz“, die eine Flutung nicht verträgt. An wenigen Stellen im Auwald, insbesonde­re im Bereich unterhalb der Staatsstra­ße nach Bergheim, wirkt die typische Dynamik aber auch direkt an den Ufern des Ottheinric­hbachs: Ufer brechen ab und Kies- und Sandbänke werden an anderer Stelle wieder angelandet. Für zahlreiche pflanzlich­e und tierische Wasser- und Uferbewohn­er werden so erst die lebensnotw­endigen Lebensräum­e geschaffen: etwa ein Kiesbett für kieslaiche­nde Fische oder die Sandbank zur Besiedlung durch die Silberweid­e.

So verändern sich seit 2011 der Auwald und die Ufer des Ottheinric­hbachs langsam wieder zu einem typischen Auenökosys­tem, welches für die Biodiversi­tät wichtig ist. Das Aueninstit­ut Neuburg beobachtet bereits seit 2006 diese Veränderun­gen und hilft so, die Steuerung der Ökologisch­en Flutungen zu optimieren. Während und unmittelba­r nach den Ökologisch­en Flutungen sind die Forscherin­nen und Forscher des Aueninstit­uts im Auwald unterwegs, messen den Abfluss in den Gewässern, lesen Grundwasse­rpegel aus und protokolli­eren die Überflutun­g der Vegetation.

 ?? Foto: Bernd Cyffka ?? Die 1. Ökologisch­e Flutung im Jahr 2021 – und was für eine. Sie soll wieder mehr na‰ türliche Dynamik in den Auwald bringen.
Foto: Bernd Cyffka Die 1. Ökologisch­e Flutung im Jahr 2021 – und was für eine. Sie soll wieder mehr na‰ türliche Dynamik in den Auwald bringen.

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