Neuburger Rundschau

Auf dem Wochenmark­t endet eine Ära

Seit rund 60 Jahren verkauft die Familie Euringer Gemüse und Obst in Neuburg und der Region. Jetzt ziehen sich Johann Euringer und seine Tochter Regina zurück. Nachfolger stehen bereit

- VON ANDREAS SCHOPF

Neuburg Ganz genau kann sich Johann Euringer gar nicht mehr erinnern. „Ich war acht oder zehn“, sagt er. Damals, gegen 1960, half er das erste Mal am Stand seiner Eltern auf dem Neuburger Wochenmark­t. Diesen Gemüse- und Obststand gibt es immer noch. Und immer noch steht die Familie Euringer dahinter. Nach rund 60 Jahren ist damit Schluss. Johann Euringer und seine Tochter Regina werden sich zum 1. März zurückzieh­en. Nicht nur in Neuburg, sondern auch auf anderen Wochenmärk­ten in der Region endet damit eine Ära.

Sein Vater, ein gelernter Speditions­kaufmann, beginnt nach dem Krieg mit dem Gemüseanba­u. „Der Bedarf an Lebensmitt­eln war groß“, erzählt Johann Euringer. Das Geschäft entwickelt sich gut, die Nachfrage auf dem Markt ist groß. Also erweitert die Familie ihre Anbaufläch­en und zieht von der Jahnstraße in den Schleifmüh­lweg, wo der Betrieb noch heute angesiedel­t ist. Johann Euringer hilft als Bub am Marktstand mit. Nach der Mittleren Reife und einer Zeit bei der Bundeswehr absolviert er zunächst eine Lehre als Bankkaufma­nn. Einige Jahre arbeitet er bei einem Geldinstit­ut, dann merkt er: Das ist nichts für ihn. „Im Sommer bei Neonlicht im Büro zu sitzen, war nicht meins“, erinnert sich Euringer. Er hört bei der Bank auf und fährt einige Jahre Lastwagen. Dann, 1980, steigt er in den elterliche­n Betrieb ein. Nach dem Tod seines Vaters um 1990 übernimmt er die Geschäfte.

Es sind stressige Jahre für Eurinder sich sowohl um den Anbau als auch den Verkauf kümmern muss. Der Betrieb liefert Gemüse, wie etwa Salate, Tomaten und Karotten, aber auch Obst, wie Äpfel, Birnen und Kirschen – alles in BioQualitä­t. Dafür arbeitet Euringer mindestens sechs Tage die Woche. Gerade die Markttage ziehen sich in die Länge. Anfahrt, Aufbau, Verkauf, Abbau, und danach noch aufs Feld – da vergehen gut und gerne zwölf bis 14 Stunden am Tag. Und Euringer steht mit seinem Stand nicht nur auf dem Schrannenp­latz in Neuburg, sondern auch auf diversen anderen Märkten in der Region: Schrobenha­usen, Eichstätt, Pfaffenhof­en und Aichach. „Ich hatte zehn Jahre am Stück keinen Urlaub“, berichtet der heute 71-Jährige. Deshalb fallen ihm rückblicke­nd auf die vergangene­n Jahrzehnte als erstes die Begriffe „Hetze“und „Stress“ein. Aber viele positive Momente mit den Kunden hätten ihn motiger, viert, weiterzuma­chen. „Die Begegnunge­n waren oft nett und freundlich.“2015 übergibt Euringer den Bereich Handel an seine Tochter Regina. Zuletzt profitiert der Betrieb vom Lockdown. Um zehn bis 20 Prozent seien die Umsätze an seinen Markt-Ständen durch die Corona-Pandemie gestiegen. Vor allem dann, wenn die Politik neue Lockdown-Maßnahmen beschlosse­n hat, seien die Umsätze „schlagarti­g nach oben“gegangen, berichtet Euringer. Kochen als neues Corona-Hobby – davon profitiere­n Obst- und Gemüsehänd­ler.

Nun, nach 60 Jahren, ziehen sich die Euringers zurück. Zum einen Regina, zum anderen auch Johann Euringer. Er wolle sich nicht mehr dem Druck und dem Stress aussetzen, sagt der 71-Jährige. Ganz ohne Arbeit kann er aber nicht. Deshalb wird sich Euringer weiter um den Anbau kümmern. „Ohne Druck, so wie ich Lust habe“, sagt er. Die Bereiche Handel und Verkauf übernimmt ab 1. März die Familie Bichler aus Unterweile­nbach (Aresing), die selbst seit einigen Jahrzehnte­n Gemüse aus eigenem Anbau verkauft.

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Foto: Stegmann (Repro) Eine Aufnahme um 1960: Johann Euringers Mutter Auguste verkauft Gemüse in Neuburg.
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Foto: Schopf Johann Euringer zieht sich vom Wochenmark­t zurück. Er über‰ gibt unter anderem an Anna‰Maria Bichler.

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