Inzidenz liegt nun über 50
Wegen der Verunreinigung der Friedberger Ach und der deshalb mit PFC belasteten Fische, tun sich die fünf betroffenen Gruppen des Bund Naturschutzes zusammen. Ziel ist es, Druck auszuüben, damit schneller gehandelt wird
Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut für den Landkreis eine 7-Tage-Inzidenz von über 50. Daraus könnten sich bald Konsequenzen ergeben.
Landsberg/Augsburg/AichachFried berg/Donauwörth/Neuburg Fünf Kreise, fünf Betroffene: Die vom Fliegerhorst in Penzing bei Landsberg ausgehende Verunreinigung der Friedberger Ach – die dort noch verlorener Bach heißt – mit perund polyfluorierten Chemikalien (PFC) hat über Augsburg und Aichach-Friedberg zuletzt auch in den rund 100 Kilometer nördlich liegenden Landkreisen Donau-Ries und Neuburg-Schrobenhausen für Konsequenzen gesorgt (wir berichteten). Die Kreisgruppen des Bund Naturschutzes (BN) wollen nun näher zusammenrücken, damit Bundeswehr und Bund endlich schneller handeln.
In einer virtuellen Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag, an der die Vorsitzenden der fünf betroffenen Kreisgruppen sowie ein Chemiker und PFC-Experte aus dem ebenfalls stark von der Verunreinigung betroffenen Landkreis Altötting, teilnahmen, formulierten die BN-Vertreter ihre Forderungen. Letzter Auslöser für das gemeinsame Vorgehen sei der Appell der Landratsämter in Donau-Ries und Neuburg-Schrobenhausen an die Bürger gewesen, den Verzehr der belasteten Fische deutlich einzuschränken. Für den hiesigen Landkreis riet das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sogar, ganz darauf zu verzichten.
Für Alexander Helber, Leiter der BN-Kreisgruppe Donau-Ries, sei es unbegreiflich, dass das dortige Landratsamt – und das in NeuburgSchrobenhausen kurz darauf – erst zwei Jahre nach den anderen betroffenen Landkreisen eine Verzehrwarnung von Fischen aus der Friedberger Ach ausgesprochen habe. „Als BN fordern wir ein schnelles Handeln der Behörden über Landkreisgrenzen hinweg für das gesamte Flusssystem“, betonte Helber, der den Zusammenschluss der BNGruppen angestoßen hat.
Gerhard Merches, Umweltingenieur aus Altötting, wies darauf hin, dass die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge an PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) für den Menschen in zwei Schritten 2018 und 2020 sehr deutlich herabgesetzt worden sei. Gründe dafür seien unter anderem entwicklungstoxische Effekte und verringerte Geburtsgewichte, verringerte Antikörperbildung (Immunsystem) und erhöhte (LDL- und Gesamt) Cholesterin
Konzentrationen gewesen. Um die Anreicherung von PFC in der Nahrungskette zu vermeiden, sollten alle anliegenden Landnutzer die Bewässerung von Nutzpflanzen mit Wasser aus dem verlorenen Bach/ Friedberger Ach unterlassen, und keine Nutztiere mit dem Bachwasser tränken oder kontaminiertes Futter verabreichen, forderte Johannes Enzler, 1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Augsburg. Schließlich gelange das PFC nicht nur über Fische in die Nahrungskette.
Damit war man im hiesigen Landkreis und neben Penzing einer zweiten PFC-Quelle angekommen: dem Nato Flugplatz in NeuburgZell, wo über Jahre ebenfalls PFChaltiges Löschmittel zum Einsatz gekommen war. Das Gift sickert unaufhörlich ins Oberflächen- und Grundwasser und wird über den Grundwasserabstrom weiter transportiert.
Wie Günter Krell erzählte, seien bereits vor rund zehn Jahren auf Militär- und Privatflugplätzen rund 25 Verdachtsfälle festgestellt worden. Aber gemacht worden sei nichts. Mitte Juni 2018 habe der BN-Kreisvorsitzende einen entsprechenden Brief an den damaligen Landrat und jetzigen Wirtschaftssekretär im Bayerischen Landtag, Roland Weigert, geschrieben. „Erst dann wurde der Landkreis aktiv, vorher war nichts passiert, hatte man nur zugeschaut, was sich um den noch mehr belasteten Flugplatz Manching tut, wo man bereits ein halbes Jahr früher zu handeln begonnen hatte“, schilderte Krell.
Aufgrund der jüngsten Erkenntnisse mit den belasteten Hühnereiern müsste nicht nur die längs-, sondern auch die horizontale Ausbreitung des Grundwasserstroms rund um den Flugplatz Neuburg noch genauer untersucht werden. Scheinbar sei die Ausbreitung doch breiter als angenommen. Im Zuge dessen sollte auch die Beprobung der Hausbrunnen erweitert werden, weil das Grundwasser vielleicht doch noch weiter östlicher fließt. „Das große Ziel muss es sein, dass an den Quellen allen Übels genauesten untersucht und saniert wird. Dass dies aufwendige Arbeiten sind, ist klar, doch diese sind notwendig, schließlich gibt es eine Verantwortung gegenüber der Gesundheit der Bürger“, verdeutlichte der Naturschützer.
Ein gutes Beispiel, wie man dem verseuchten Erdreich wieder Herr werde, liefere Audi auf dem verseuchten, riesigen Bayern-Oil-Gelände in Ingolstadt. „Dort wird das vorbildlich vorpraktiziert“, sagte Krell. Dass man weiter nur feststelle, was mit PFC belastet sei und vor dem Verzehr warne, sei nicht der richtige Weg, um das Problem zu lösen. „Notfall muss auch der Landkreis oder die Stadt wie die Gemeinde Manching den Bund verklagen. Dort war die Verseuchung des Bodens in zwei Ortsteilen aber auch noch viel krasser als in Neuburg, durften die Hausbrunnen nicht mehr zur Bewässerung dienen.
„Dass geklagt wurde, war vor allem auch der Hartnäckigkeit der Bürgerinitiative geschuldet und der Landrat zog mit“, beschrieb Krell. Dort würde sich jetzt auch was tun und die Sanierung vielleicht schneller voranschreiten. Übrigens sei in Manching, aber auch in Altötting oder Burghausen, wo die Chemiewerke für die Belastung durch das Austreten von PFC über die Schlote sorgen, das Gift bereits im Blut von Menschen nachgewiesen worden.
Wie in Penzing finden auch in Neuburg seit Jahren Untersuchungen statt. „Wir sehen, dass gehandelt wird, aber das Tempo der Sanierung muss deutlich beschleunigt werden, um eine weitere Verunreinigung der Gewässer und des Grundwassers zu verhindern“, erklärt auch Folkhart Glaser, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Landsberg.
Dabei würden auch kleinräumige Sanierungsmaßnahmen wie bei einer Wäscherei in Pöttmes sehr wohl funktionieren, auch ohne dass Jahre verstreichen, wie sein AichachFriedberger Kollege Ernst Haile sagte. „Dieses Tempo erwarten wir auch von der Bundeswehr bei der Sanierung des Fliegerhorsts Penzing und des 100 Kilometer langen Flusssystems.“
Die Forderungen des Bund Naturschutzes für den Fliegerhorst Penzing sind auch auf den NatoFlugplatz in Neuburg übertragbar. Gefordert werden:
● ein Grundwassermodell, das die momentane und künftige Belastung des Grundwassers mit PFC sowie die räumliche Ausdehnung der Verunreinigungen und deren weitere zeitliche Entwicklung abbildet.
● hydraulische Sperren, so genannte Abstromsicherungen, nach dem Vorbild des Flugplatzes Manching. Dadurch wird verhindert, dass noch mehr verseuchtes Grundwasser den Fliegerhorst verlässt.
● ein Grund- und Trinkwassermonitoring
● ein schnelleres Tempo bei der Sanierung.
Wichtig sei es dem Bund Naturschutz, so Annemarie Räder, BNRegionalreferentin Oberbayern, dass die Behörden über Zuständigkeiten hinweg miteinander kooperieren. „Denn es muss Druck aus den Regionen kommen, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) endlich mit den Sanierungen ihrer Standorte voran geht. Außerdem sehen wir ein bayernweites, systematische Monitoring als unerlässlich.“