ERC Ingolstadt
Mit Geduld und harter Arbeit zum großen Ziel
Ingolstadt Geduld ist eine Tugend, die bei den meisten Menschen sicherlich nicht zu den herausragenden Stärken im Leben zählt. Vielmehr ist die Ungeduld in der Regel der größere Begleiter. Diesbezüglich bildet der Sport freilich keine Ausnahme. Gerade junge Athleten müssen oftmals monate- oder jahrelang geduldig auf „ihre“Chance warten, gleichzeitig jedoch weiter hart arbeiten, ohne dabei aber den Glauben beziehungsweise den Blick auf das „große Ganze“zu verlieren.
Zweifelsohne ein extremer Spagat sowie eine anspruchsvolle Herausforderung, der sich Garret Pruden seit rund eineinhalb Jahren beim ERC Ingolstadt stellt.
Im Sommer 2019 lotste Sportdirektor Larry Mitchell den damals 20-Jährigen von dessen Heimatklub EC Bad Nauheim (DEL2) zu den Panthern. „Ich habe mich lange mit ihm beschäftigt. Er passt sehr gut in unser Anforderungsprofil und ich sehe großes Potenzial“, ließ sich Mitchell in der damaligen Pressemitteilung zitieren. Dass der Verteidiger (wie in diesem Alter üblich) mit einer Förderlizenz ausgestattet wurde, ließ bereits frühzeitig erkennen, dass er – sollte es mit dem sofortigen Sprung in den DEL-Kader des ERC Ingolstadt nicht klappen – anderweitig Spielpraxis sammeln und eben behutsam aufgebaut werden sollte.
„Klar, wenn du einen Vertrag bei einem DEL-Verein unterschreibst, dann hast du zunächst ausschließlich die DEL im Kopf und bist überglücklich, dass du es praktisch geschafft hast“, berichtet Pruden. Für andere Gedanken sei in diesem Moment kein Platz gewesen. „Die
Eventualität, dass man möglicherweise zu einem DEL2-Team geschickt wird, verwirft man anfangs eigentlich sofort – wohlwissend, dass es natürlich doch passieren könnte“, so der gebürtige Bad Nauheimer weiter. Nach seiner ersten Vorbereitung inklusive Testspielen mit dem ERC Ingolstadt folgte schließlich auch genau das, was der Youngster zunächst noch aus seinem Kopf verbannt hatte: der „Wechsel“zum damaligen DEL2-Kooperationspartner ESV Kaufbeuren.
„Ich würde nicht sagen, dass es für mich ein Schock war. Aber nach einer gewissen Zeit bekommt man schon den Wunsch und Anspruch, es wieder zurück zum DEL-Team zu schaffen“, sagt Pruden – was zu diesem Zeitpunkt freilich leichter gesagt als getan war. „Die Verteidiger der Panther haben seinerzeit sehr gut und erfolgreich gespielt, sodass es für Trainer Doug Shedden keinerlei Veranlassung gab, etwas zu ändern“, erinnert sich der Sohn des ehemaligen deutsch-kanadischen Verteidigers Greg Pruden (ehemals Iserlohn, Bad Nauheim, Nürnberg, Wolfsburg). Aus diesem Grund habe er sich entschieden, „das Beste aus dieser Situation zu machen, weiter hart an mir zu arbeiten und mich entsprechend durchzubeißen.“
Nach einem 13 Partien dauernden Abstecher nach Kaufbeuren (Pruden: „Auch wenn ich dort viel gelernt habe, lief es für mich persönlich in dieser Zeit überhaupt nicht gut.“) sowie einer kurzen Rückkehr nach Ingolstadt („Dort habe ich relativ schnell gemerkt, dass ich vom Kopf her für die DEL einfach noch nicht bereit war“), folgte schließlich das Engagement beim EHC Freiburg (DEL2) – was sich im Nachhinein
als wahrer Glücksfall erwies. „Die Monate in Freiburg haben mir in meiner weiteren Entwicklung sehr geholfen“, meint Pruden. „Der komplette Trainerstab ist hinter mir gestanden und hat mir geholfen, mein Spiel zu verbessern und die wichtigen Kleinigkeiten richtig zu machen.“Den wohl größten Schritt habe der leidenschaftliche Golfer allerdings auf mentaler Ebene gemacht. „Ich habe gelernt, dass man sich nicht ausruhen und in Selbstmitleid verfallen darf, wenn man einmal nicht spielt oder auf die Bank gesetzt wird. Denn letztlich ist jeder für sich und seine Situation selbst verantwortlich.“
Auch wenn sich das „Wechselspiel“zu Beginn dieser Saison zunächst fortsetzte (trotz einer starken Vorbereitung wurde Pruden mittels Förderlizenz an den Oberligisten Rosenheim „ausgeliehen“), scheinen sich – Stand März 2021 – die harte Arbeit, vorbildliche Einstellung und damit auch die Geduld des 22-Jährigen langsam aber sicher auszuzahlen. Nach der langfristigen Verletzung von Simon Schütz (Knie) rückte Pruden zunächst als siebter Verteidiger auf, wo er in der Rotation mit dem Verteidiger-Duo Emil Quaas und Colton Jobke rund vier Minuten Eiszeit pro Partie erhielt. In der vergangenen Auswärtspartie in Augsburg (7:4) durfte der Rechtsschütze aufgrund des Ausfalls von Jobke zum ersten Mal in dieser Spielzeit sogar „voll“ran (11.34 Minuten Eiszeit) und machte dabei seine Sache mehr als ordentlich.
„Wenn man regelmäßig auf dem Eis steht, ist es natürlich deutlich einfacher, seinen Rhythmus zu finden, als wenn es nur sieben oder acht Wechsel mit längeren Pausen sind“, weiß Pruden, der dementsprechend auch ein zufriedenes Fazit ziehen konnte: „Von mir wird jetzt nicht erwartet, dass ich ein Feuerwerk auf dem Eis abbrenne. Ich soll solide und einfach spielen sowie hinten keine Fehler machen. Und ich denke, dass mir das ganz gut gelungen ist.“
Bestätigung in seiner Einschätzung erhält der Youngster indes von seinem Cheftrainer Doug Shedden. „Unglücklicherweise war Garret bei zwei Gegentreffern auf dem Eis. Doch bei beiden war er absolut schuldlos. Insgesamt hat er seine Sache sehr gut gemacht und das Vertrauen, das wir als Coaches in ihn gesetzt haben, absolut gerechtfertigt“, lobt Shedden. Überhaupt zeigt sich der Panther-Dompteur mit der Entwicklung Prudens hochzufrieden: „In den vergangenen eineinhalb Jahren hat Garret einen richtig großen Sprung gemacht. Er hat als achter Verteidiger bei uns begonnen, kämpft mittlerweile um die Positionen fünf bis sieben und macht damit auf Emil Quaas, Colton Jobke und Simon Schütz ordentlich Druck. Genau das wollen wir als Trainer von ihm sehen.“
Aus diesem Grund traut Shedden seinem neuen „Juwel“auf Sicht „definitiv“den Sprung zum Stammspieler in der Deutschen EishockeyLiga zu. „Er ist ein junger deutscher Verteidiger, der sowohl in der Offensive als auch Defensive seinen Job zuverlässig erledigen kann. Solche Jungs werden in dieser Liga gesucht, da es nicht allzu viele davon gibt“, sagt Shedden. Entscheidend auf diesem Weg sei dabei laut dem ERCI-Headcoach vor allem eine Tugend: „Garret muss auch weiterhin geduldig bleiben und hart an sich arbeiten. Das habe ich ihm in der Vergangenheit schon immer gesagt und tue es auch heute noch.“Aber mit Geduld kennt sich Garret Pruden mittlerweile ja ohnehin bestens aus.
● ERC Ingolstadt in Kürze: Bis auf die verletzten Justin Feser, Hans Detsch und Simon Schütz kann Cheftrainer Doug Shedden am Freitagabend (18.30 Uhr/Saturn-Arena) im Spitzenspiel gegen die Adler Mannheim aus dem Vollen schöpfen.
Sicher scheint, dass Michael Garteig in den Panther-Kasten zurückkehren wird. Wer dafür als überzähliger Import-Spieler auf die Tribüne muss, wollte Shedden indes nicht verraten. Gut möglich aber, dass es diesmal Stürmer Brandon DeFazio treffen könnte.