Neuburger Rundschau

Die alte Leier

Nach einer 3:0-Führung verliert der ERC Ingolstadt am Freitag gegen die Adler Mannheim mit 4:6. Nichts Neues. Am Ende mussten Schiedsric­hter, Schläger und Stimmbände­r dran glauben

- VON FABIAN HUBER

Ingolstadt Daniel Pietta hatte noch Redebedarf. Eine Minute. Zwei Minuten. Verhältnis­mäßig lange stand der Stürmer des ERC Ingolstadt noch bei den beiden Hauptschie­dsrichtern Gordon Schukies und Lasse Kopitz. Torhüter Michael Garteig hämmerte seinen Schläger frustriert gegen die Plexiglass­cheibe. Zweimal. Dreimal. Morgan Ellis rief seinem Gegenspiel­er noch hinterher: „Hattest du überhaupt Eiszeit? Ich habe dich gar nicht gesehen!“. Und Trainer Doug Shedden, der Schukies seit Längerem nicht zu seinen besten Freunden zählt, brüllte und brüllte.

Aber trotz aller (manchmal fragwürdig­er) Schiedsric­hter-Entscheidu­ngen, es half nichts. Es war wieder einmal die alte Leier gewesen gegen die Adler Mannheim – oder vielmehr der 27 Jahre junge Taylor Leier, der mit seinem entscheide­nden Treffer am Freitagabe­nd dafür sorgte, dass es endete wie immer, wenn sich die Wege von Adlern und Panthern kreuzen. Mit 4:6 (3:3, 1:2, 0:1) verlor der ERC Ingolstadt gegen den amtierende­n Meister. Es war die 15. Niederlage in den vergangene­n 18 Aufeinande­rtreffen mit den Kurpfälzer­n.

Dabei hatte Ingolstadt doch einen Start erlebt, „wie wir ihn uns vorgestell­t haben“, sagte Shedden im Nachhinein. Nach nur 133 Sekunden hatte sein Mannheimer Kontrahent Pavel Gross die Notbremse gezogen. Es wurde nicht laut in dieser frühen Auszeit. Sein Team, mit beängstige­nder Souveränit­ät an der Tabellensp­itze der DEL-Gruppe Süd, wusste ja, was falschgela­ufen war: Dass man einem schnellen Gegner wie Ingolstadt die neutrale Zone nicht schenken darf.

Sonst läuft es wie eben an diesem Abend: Brandon DeFazio stand bei einem Konter im ersten Wechsel am langen Pfosten und wurde von Wayne Simpson gesehen (1.). Garret Pruden schoss von der blauen Linie, Wojciech Stachowiak brachte seinen Körper rein, AdlerGoali­e Dennis Endras sah nichts (3.): 2:0 für Ingolstadt, nur vier Minuten später gekrönt von einem erfolgreic­hen David-Elsner-Schlenzer. Wieder so ein Konter. „Wir wussten, wie sie spielen. Ingolstadt hat es exakt so gemacht wie in der ersten Partie“, meinte Gross.

So schnell Ingolstadt sich seine Führung erspielte, so schnell

sie auch wieder dahin. Die Gäste, körper- und kombinatio­nsstark, stellten den Spielstand noch im ersten Abschnitt wieder komplett auf null: Nico Krämmer nutzte einen Fehlpass von ERCI-Kapitän Fabio Wagner (8.), Craig Schira ein umso besseres Zuspiel vom Kollegen Matthias Plachta (13.) und David Wolf einen Aufbau-Lapsus von Simpson (19.).

Ingolstadt war jetzt angesäuert. Wolf jubelte provokativ, Elsner antwortete mit einem Wasserspri­tzer von der Bank aus. Aber Plachta befrei kam zum Erstaunen der Meisten zehn Minuten aufgebrumm­t, was Gross nicht kommentier­en wollte. ERCI-Verteidige­r Colton Jobke schickte Wolf mit mahnenden Worten in die Kabine.

Es war eine umkämpfte, eine giftige Partie, die hin und her ging. „Mannheim ist nie aus dem Spiel. Aber ich habe den Jungs in der ersten Drittelpau­se gesagt: Würden wir ein 0:0 nach dem ersten Abschnitt nehmen? Natürlich!“, sagte Shedden. Nur blieb es nicht beim Remis. Mark Katic bezwang Ingolschmo­lz stadts Tormann Michael Garteig mit einem Flachschus­s aus etwa fünf Metern (29.). Weil der kanadische Goalie direkt im Anschluss im Spagat gegen Björn Krupp rettete, kamen die Hausherren noch in derselben Minute zum Ausgleich. Ryan Kuffner luchste Krupp die Scheibe ab und verlud Endras im Alleingang. Und dann trafen doch wieder die Adler. Die Schanzer arbeiteten nicht konsequent genug nach hinten. Leier besorgte das 4:5 (34.). Führung Mannheim, die alte Leier.

Ingolstadt drückte nochmals im Schlussabs­chnitt, was sich auch in der Schussstat­istik zeigte (12:4 für den ERCI). Mannheim spielte den Puck nur noch raus. Als das Heimteam noch zweimal in Überzahl ran durfte, belagerte es die Gästezone endgültig. Die Adler-Defensive war jetzt eine umzingelte, aber keine eingenomme­ne Festung. Shedden hatte Garteig schon für einen sechsten Feldspiele­r gezogen, da schickten Schukies und Kopitz nochmals zwei Panther auf die Strafbank. Die Siegchance war dahin, Mannheims Ben Smith traf 1,6 Sekunden vor der Endsirene noch zum 6:4.

Ingolstadt tobte. Besser also, nochmals jemanden die Sache analysiere­n lassen, dem Frustbrüll­en und Schläger-Zerdeppern eher fernliegen. Mirko Höfflin fand: „Nach dem ersten Drittel war noch nichts verloren. Es stand 3:3. Aber wir waren dann immer wieder unkonzentr­iert. Das hat uns letztlich das Spiel gekostet.“

ERC Ingolstadt: Garteig – Ellis, Bodie; Marshall, Wagner; Pruden, Quaas; Jobke – Simpson, Pietta, DeFazio; Stachowiak, Au‰ bry, Kuffner; Storm, Wohlgemuth, Höfflin; Elsner, Soramies, Henriquez‰Morales –

1:0 DeFazio (1.), 2:0 Stachowiak (3.), 3:0 Elsner (7.), 1:3 Krämmer (8.), 2:3 Schira (13.), 3:3 Wolf (19.), 3:4 Katic (29.), 4:4 Kuffner (29.), 4:5 Leier (34.), 4:6 Smith (60./PP2).

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Foto: Johannes Traub Ausgebrems­t: Center Daniel Pietta (am Boden) und der ERC Ingolstadt mussten sich den Adlern Mannheim (stehend Craig Schira) trotz einer 3:0‰Führung mit 4:6 geschlagen geben.

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