„Wir sind Pädagogen, keine Mediziner“
Anfang der Woche mussten Kita-Kinder selbst bei einer laufenden Nase einen Corona-Test machen, was auch in der Region zu Andrang bei Ärzten führte. Nun sind die Regelungen wieder gelockert. Doch die Unsicherheit bleibt
Neuburg Hat das Kind eine Rotznase, beunruhigt das Eltern normalerweise nicht wirklich. Doch in diesen Tagen ist nichts normal. So müssen Eltern kleiner Kinder flexibel sein. Am Montag trat in Bayern eine Regelung in Kraft, wonach Kinder mit leichten Erkältungssymptomen, also zum Beispiel einer laufenden Nase, nur noch mit einem negativen Corona-Test in die Krippe oder den Kindergarten dürfen. Eine Maßnahme, die bei vielen Beteiligten auf Unverständnis stieß. Die Kritik veranlasste das Sozialministerium prompt zu einer Klarstellung: Nach einer leichten Erkältung brauchen Kinder nun doch kein negatives Testergebnis mehr, um in die Kita gehen zu können. „Für Eltern und Personal ist das sehr verwirrend“, sagt Silvia Grauvogl, Kindergartenleiterin in der Kita St. Ludwig in Karlshuld.
Anfang der Woche sorgte die Test-Regelung für einen Ansturm auf Kinderärzte. „Die Telefone standen nicht mehr still“, heißt es aus einer Praxis in der Region. Der Andrang von Eltern, die einen Corona-Test für ihr Kind benötigten, war groß. Das Problem der Eltern: Corona-Schnelltests für Kinder sind nicht so leicht zu besorgen, auch nicht in der Apotheke. „Unsere Tests sind für Kinder unter zwölf Jahren nicht geeignet“, teilt die Elisen-Apotheke in Neuburg mit.
Auch die Kindergärten selbst mussten sich kurzfristig auf die Änderungen einstellen. Erst am Freitag kam die Info aus dem Sozialministerium, wie es ab Montag laufen soll. Im Neuburger Kindergarten Brändström schrieb man sofort Briefe an die Eltern oder kontaktierte diese telefonisch, erzählt Leiterin Sandra Feigl. Vor allem Eltern, deren Kinder in der vergangenen Woche krank waren, wies man auf die neuen Bestimmungen hin. „Solche Änderungen innerhalb weniger Tage transparent zu machen, ist schwierig“, betont Feigl. Vor allem bei Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind und für die man erst übersetzen muss, sei die Verwirrung angesichts ständig wechselnder Vorgaben groß.
Trotz der Herausforderungen laufe die Zusammenarbeit mit den Eltern gut, sagt Feigl. Dies sei an diesem Montag erneut deutlich ge
worden. Betroffene Eltern hätten zum Teil schon im Vorfeld Testergebnisse per Mail geschickt. So musste am Montagmorgen kein Kind wieder nach Hause geschickt werden. Lediglich eines hat im Lau
fe des Tages Krankheitssymptome entwickelt, weshalb die Einrichtung die Eltern kontaktierte. Auch in Karlshuld machte die Kita gute Erfahrungen mit den Eltern. „Die Kinder, die kamen, waren fit“, sagt
Kindergartenleiterin Grauvogl. „Wir hatten überhaupt keine Probleme“, berichtet auch Kollegin Karin Naumann, die in Karlshuld das Haus für Kinder leitet. Die Eltern waren demnach sehr vernünftig und haben ihre Kinder im Zweifel vorsichtshalber zuhause gelassen. Ein Kind wurde getestet. „Es gab keine Aufregung“, sagt Naumann. Sie glaubt, dass Eltern sensibilisiert sind und um das Risiko einer Infektion wissen. Im Hinterkopf dürfte noch sein, dass in der Einrichtung bereits zwei Krippengruppen wegen eines Corona-Falls schließen mussten. „Die Eltern wissen die Betreuung zu schätzen und gehen verantwortungsvoll mit der Situation um“, lobt Naumann.
Mittlerweile hat das Sozialministerium zurückgerudert und klargestellt: Eine Rotznase, wie sie bei Kindern ständig vorkommen kann, muss nicht zwingend einen CoronaTest nach sich ziehen. Eine Nachschärfung, die bei den Beteiligten gut ankommt, wie man hört. Trotzdem müssen sich Kitas und Eltern nun erneut kurzfristig umstellen – eine Herausforderung. „Das ist gar nicht so leicht, sich da noch auszukennen“, sagt Grauvogl.
Die Einrichtungen stehen nun vor dem Problem, dass sie einschätzen müssen, welche Symptome durchgehen und welche nicht. „Wir müssen auf einmal sämtliche Arten von Schnupfen unterscheiden“, so Grauvogl, die betont: „Wir sind Pädagogen, keine Mediziner.“Genau diese Aussage trifft auch Sandra Feigl vom Kindergarten Brändström. Sie weiß: Dass bei Kindern die Nase läuft, kommt schnell vor, gerade beim derzeitigen Wetter. Zu differenzieren, was wirklich dahintersteckt, sei sehr schwer. „Für medizinische Diagnosen ist ein Kindergarten die falsche Anlaufstelle“, macht Feigl deutlich. Im Zweifel schickt sie die Eltern zu einem Kinderarzt. „Auch wenn uns bewusst ist, dass die Praxen sehr überlastet sind.“
Entlastung hat zumindest die Eröffnung des neuen Testzentrums in Neuburg gebracht. Auch wenn dort keine Schnelltests möglich sind, wie Bernhard Pfahler vom BRK mitteilt. Die PCR-Tests bringen jedoch in der Regel innerhalb eines Tages Ergebnisse, so Pfahler.
Um die schwierige Situation zu meistern, seien Kitas auf ein wohlwollendes und verständnisvolles Miteinander mit den Eltern angewiesen, sagt Feigl. „Diese Herausforderung wird uns noch eine ganze Zeit begleiten.“