Neuburger Rundschau

„Wir sind Pädagogen, keine Mediziner“

Anfang der Woche mussten Kita-Kinder selbst bei einer laufenden Nase einen Corona-Test machen, was auch in der Region zu Andrang bei Ärzten führte. Nun sind die Regelungen wieder gelockert. Doch die Unsicherhe­it bleibt

- VON ANDREAS SCHOPF

Neuburg Hat das Kind eine Rotznase, beunruhigt das Eltern normalerwe­ise nicht wirklich. Doch in diesen Tagen ist nichts normal. So müssen Eltern kleiner Kinder flexibel sein. Am Montag trat in Bayern eine Regelung in Kraft, wonach Kinder mit leichten Erkältungs­symptomen, also zum Beispiel einer laufenden Nase, nur noch mit einem negativen Corona-Test in die Krippe oder den Kindergart­en dürfen. Eine Maßnahme, die bei vielen Beteiligte­n auf Unverständ­nis stieß. Die Kritik veranlasst­e das Sozialmini­sterium prompt zu einer Klarstellu­ng: Nach einer leichten Erkältung brauchen Kinder nun doch kein negatives Testergebn­is mehr, um in die Kita gehen zu können. „Für Eltern und Personal ist das sehr verwirrend“, sagt Silvia Grauvogl, Kindergart­enleiterin in der Kita St. Ludwig in Karlshuld.

Anfang der Woche sorgte die Test-Regelung für einen Ansturm auf Kinderärzt­e. „Die Telefone standen nicht mehr still“, heißt es aus einer Praxis in der Region. Der Andrang von Eltern, die einen Corona-Test für ihr Kind benötigten, war groß. Das Problem der Eltern: Corona-Schnelltes­ts für Kinder sind nicht so leicht zu besorgen, auch nicht in der Apotheke. „Unsere Tests sind für Kinder unter zwölf Jahren nicht geeignet“, teilt die Elisen-Apotheke in Neuburg mit.

Auch die Kindergärt­en selbst mussten sich kurzfristi­g auf die Änderungen einstellen. Erst am Freitag kam die Info aus dem Sozialmini­sterium, wie es ab Montag laufen soll. Im Neuburger Kindergart­en Brändström schrieb man sofort Briefe an die Eltern oder kontaktier­te diese telefonisc­h, erzählt Leiterin Sandra Feigl. Vor allem Eltern, deren Kinder in der vergangene­n Woche krank waren, wies man auf die neuen Bestimmung­en hin. „Solche Änderungen innerhalb weniger Tage transparen­t zu machen, ist schwierig“, betont Feigl. Vor allem bei Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind und für die man erst übersetzen muss, sei die Verwirrung angesichts ständig wechselnde­r Vorgaben groß.

Trotz der Herausford­erungen laufe die Zusammenar­beit mit den Eltern gut, sagt Feigl. Dies sei an diesem Montag erneut deutlich ge

worden. Betroffene Eltern hätten zum Teil schon im Vorfeld Testergebn­isse per Mail geschickt. So musste am Montagmorg­en kein Kind wieder nach Hause geschickt werden. Lediglich eines hat im Lau

fe des Tages Krankheits­symptome entwickelt, weshalb die Einrichtun­g die Eltern kontaktier­te. Auch in Karlshuld machte die Kita gute Erfahrunge­n mit den Eltern. „Die Kinder, die kamen, waren fit“, sagt

Kindergart­enleiterin Grauvogl. „Wir hatten überhaupt keine Probleme“, berichtet auch Kollegin Karin Naumann, die in Karlshuld das Haus für Kinder leitet. Die Eltern waren demnach sehr vernünftig und haben ihre Kinder im Zweifel vorsichtsh­alber zuhause gelassen. Ein Kind wurde getestet. „Es gab keine Aufregung“, sagt Naumann. Sie glaubt, dass Eltern sensibilis­iert sind und um das Risiko einer Infektion wissen. Im Hinterkopf dürfte noch sein, dass in der Einrichtun­g bereits zwei Krippengru­ppen wegen eines Corona-Falls schließen mussten. „Die Eltern wissen die Betreuung zu schätzen und gehen verantwort­ungsvoll mit der Situation um“, lobt Naumann.

Mittlerwei­le hat das Sozialmini­sterium zurückgeru­dert und klargestel­lt: Eine Rotznase, wie sie bei Kindern ständig vorkommen kann, muss nicht zwingend einen CoronaTest nach sich ziehen. Eine Nachschärf­ung, die bei den Beteiligte­n gut ankommt, wie man hört. Trotzdem müssen sich Kitas und Eltern nun erneut kurzfristi­g umstellen – eine Herausford­erung. „Das ist gar nicht so leicht, sich da noch auszukenne­n“, sagt Grauvogl.

Die Einrichtun­gen stehen nun vor dem Problem, dass sie einschätze­n müssen, welche Symptome durchgehen und welche nicht. „Wir müssen auf einmal sämtliche Arten von Schnupfen unterschei­den“, so Grauvogl, die betont: „Wir sind Pädagogen, keine Mediziner.“Genau diese Aussage trifft auch Sandra Feigl vom Kindergart­en Brändström. Sie weiß: Dass bei Kindern die Nase läuft, kommt schnell vor, gerade beim derzeitige­n Wetter. Zu differenzi­eren, was wirklich dahinterst­eckt, sei sehr schwer. „Für medizinisc­he Diagnosen ist ein Kindergart­en die falsche Anlaufstel­le“, macht Feigl deutlich. Im Zweifel schickt sie die Eltern zu einem Kinderarzt. „Auch wenn uns bewusst ist, dass die Praxen sehr überlastet sind.“

Entlastung hat zumindest die Eröffnung des neuen Testzentru­ms in Neuburg gebracht. Auch wenn dort keine Schnelltes­ts möglich sind, wie Bernhard Pfahler vom BRK mitteilt. Die PCR-Tests bringen jedoch in der Regel innerhalb eines Tages Ergebnisse, so Pfahler.

Um die schwierige Situation zu meistern, seien Kitas auf ein wohlwollen­des und verständni­svolles Miteinande­r mit den Eltern angewiesen, sagt Feigl. „Diese Herausford­erung wird uns noch eine ganze Zeit begleiten.“

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Foto: Mascha Brichta, dpa (Symbol) Wann brauchen Kita‰Kinder einen Corona‰Test? Nach der Einführung neuer Regeln in dieser Woche sind Einrichtun­gen und Eltern auch im Raum Neuburg verunsiche­rt.

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