Der Traum von ein bisschen Freiheit
Vor einer Woche hat Markus Söder angekündigt, dass acht Modellstädte nach dem Tübinger Modell öffnen sollen. Ingolstadt ist raus, doch wie stehen Neuburgs Chancen?
Ingolstadt/Neuburg Die Stadt hatte schon ein fertig ausgearbeitetes Konzept in der Schublade, der Stadtrat hatte am Donnerstag sein einstimmiges Okay gegeben. Am Dienstagvormittag hat Oberbürgermeister Christian Scharpf dann den Pressevertretern bei einer Pressekonferenz noch detailliert erzählt, wie sich Ingolstadt in zwei Wochen verändert haben könnte, wenn die Stadt denn eine von acht bayerischen Modellkommunen nach Tübinger Vorbild werden könnte. Menschen, die sich nach dem Einkaufen mit ihren vollen Tüten in ein Café in der Fußgängerzone setzen, dort ihren Eisbecher in der warmen Sonne genießen und abends dann, wenn es ein bisschen kühler wird, ins Kino oder Theater gehen könnten. Auch der Studienbetrieb an der THI und an der Uni sollte sich wieder ein bisschen mehr normalisieren. All das sollte ab Mitte April möglich sein. Zumindest dann, wenn auf einer Handy-App das negative Ergebnis eines Schnelltests zu sehen ist. Dafür sollten mitten in der Innenstadt weitere entsprechende Testmöglichkeiten geschaffen werden. „Nur zusperren geht nicht“, begründete Scharpf das Engagement der Stadt.
Doch es dauerte nur eine gute Stunde, dann hatte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek Scharpfs Pläne, die er bei der
Pressekonferenz vorgestellt hatte, komplett über den Haufen geworfen. Ingolstadt muss seine Träume von einer Modellkommune à la Tübingen begraben. Denn die Stadt erfüllt ein wichtiges Kriterium nicht: Sie hat nicht unter 100.000 Einwohner. Und das hat Holetschek am Dienstag zur Bedingung gemacht. Denn kleinere Kommunen hätten laut Holetschek nicht eine derartige Magnetfunktion für Menschen aus dem Umland wie Großstädte. Entsprechend enttäuscht zeigte sich Christian Scharpf am Nachmittag. „Die Beschränkung des Modellversuchs auf Städte unter 100.000 Einwohner ist willkürlich und nicht nachvollziehbar. Ingolstadt hat mit seinen gut 138.000 Einwohnern die richtige Größe“, so der SPD-Oberbürgermeister in einer Mitteilung. Zum Vergleich führt er Tübingen mit 90.000 Einwohnern und Rostock mit 210.000 Einwohnern an: „In beiden Städten klappt der Modellversuch gut.“„Öffnungen mit Sicherheit“müssten zum Regelfall erklärt werden für diejenigen Städte, die Willens und in der Lage seien, die notwendige Teststrategie umzusetzen, betont Scharpf. Lockerlassen wolle er trotz der Absage aus München in dieser Frage aber weiterhin nicht. Während Ingolstadt nun also aus dem Rennen ist, kann sich Neuburg mit seinen rund 30.000 Einwohnern weiter Hoffnung machen. Denn auch die Politiker dort haben ihre Bewerbung in München abgegeben. „Ich meine, dass wir genau reinpassen“, sagt Landtagsabgeordneter Matthias Enghuber. „Ich sehe sehr gute Chancen.“Um die Schnelltests zu gewährleisten, die für weitergehende Öffnungen notwendig sind, soll laut Enghuber in der Markthalle ein Schnelltestzentrum eingerichtet werden. Das aber auch in dem Fall, wenn Neuburg keine Modellstadt werden sollte. Denn in den beiden anderen Test- und Impfzentren im Landkreis sei das aktuell aus Platzgründen nicht umsetzbar. Wichtig sei nun, erklärt Enghuber, „dass wir jede Chance nutzen“. Denn ein alleiniges Warten auf die Impfung könne nicht die Lösung sein. Gleichzeitig appelliert er aber, dass sich viele Menschen jeden Alters für eine Impfung registrieren sollen.
Matthias Enghuber jedenfalls sieht Neuburg für einen Modellversuch, der auch wissenschaftlich begleitet werden würde, bestens gerüstet. Aus seiner Sicht könnte es am 12. April mit den Lockerungen samt notwendigen Schnelltests losgehen. Irgendwann in den kommenden Tagen soll in München die Entscheidung fallen. Vorausgesetzt, die Inzidenzwerte steigen nicht rasant nach oben.