Neuburger Rundschau

Verwaiste Brüder erhielten Fürstentum Pfalz‰Neuburg

Genau vor 500 Jahren, am 9. April 1521, erhielten Ottheinric­h und Philipp von Karl V. in Worms die bis heute erhaltene Pergament-Urkunde. Kurz darauf machte sich Ottheinric­h schon zu neuen Abenteuern auf

- VON DR. MARKUS NADLER

Neuburg Es ist in Neuburg bestens bekannt, dass König Maximilian I. mit seinem Kölner Schiedsspr­uch im Jahr 1505 nicht nur den Landshuter Erbfolgekr­ieg beendete, sondern auch die Gründung eines neuen Fürstentum­s verfügte, das aus den Herzogtüme­rn Ober- und Niederbaye­rn herausgelö­st werden sollte. Welche Gebiete dies sein würden, ergab sich erst nach jahrelange­n Verhandlun­gen 1509. Von Anfang an klar war jedoch, wem diese neue Herrschaft gehören sollte: Den verwaisten Kindern der im Krieg unterlegen­en pfälzisch-landshutis­chen Wittelsbac­her, den Brüdern Ottheinric­h (*1502) und Philipp (*1503).

*1503 Vormund für die minderjähr­igen Knaben führte zunächst ihr Onkel Friedrich von der Pfalz (*1482, †1556) die Regierung und bekam das Lehen der „Jungen Pfalz“1510 übertragen. Als König Maximilian I. 1519 starb, mussten auch die vergebenen Lehen von seinem Nachfolger bestätigt oder neu vergeben werden, da die Verleihung als persönlich­er Akt zwischen Lehensgebe­r

und Lehensnehm­er angesehen wurde.

Die 1519 erforderli­che Königswahl war ein politische­s Ereignis europäisch­er Tragweite: Es setzte sich schließlic­h der Enkel König Maximilian­s I. durch, der Habsburger Karl, der bereits König von Spanien war und der den französisc­hen König Franz I. als Konkurrent­en um die Reichskron­e ausstach. Pfalzgraf Friedrich unterstütz­te die Wahl Karls und so fiel ihm die ehrenvolle Aufgabe zu, nach Spanien zu reisen, um dort dem erst 20-Jährigen die Wahl zum König des Heiligen Römischen Reiches offiziell anzuzeigen.

Ottheinric­h durfte seinen Onkel auf dieser Reise begleiten. Und so lernten sich in Spanien zwei junge Adelige kennen, die noch am Beginn ihrer Herrschaft waren. Während Karl über große Teile Europas und wegen der spanischen Kolonien sogar über ein Weltreich herrschen sollte, war Ottheinric­h mit dem Fürstentum Neuburg ein vergleichs­weise winziges und noch dazu zersplitte­rtes Gebiet zugedacht. Und trotzdem fühlte sich der Wittelsbac­her aufgrund seiner Abstammung

dem Habsburger ebenbürtig und hegte später sogar selbst Kaiserträu­me. Dass beide ein Vierteljah­rhundert später Kriegsgegn­er sein würden, konnten sie 1519 noch nicht ahnen.

Bei der Königskrön­ung Karls im Jahr darauf in der Kaiserstad­t Aachen

(1520) war Ottheinric­h ebenfalls anwesend. Zeitgenoss­en berichten von noch nie da gewesenem Prunk und Glanz bei der Krönung des damals – zumindest aus europäisch­er Sicht – mächtigste­n Herrschers der Welt. 1521 hielt König Karl V. in Worms seinen ersten

Reichstag ab. Für den 18-jährigen Ottheinric­h die Gelegenhei­t, den König um die Verleihung des Lehens für sein Fürstentum zu bitten. Und König Karl stellte ihm und Philipp wie gewünscht mit seiner Unterschri­ft die bis heute erhaltene Pergament-Urkunde am 9. April 1521 in Worms aus.

Während dies wohl eine der eher angenehmer­en Pflichten des jungen Monarchen war, bescherte Karl der Reichstag auch äußerst schwierige Aufgaben: Die weitreiche­ndsten Folgen hatte der berühmte Auftritt Martin Luthers vor dem König am 17. und 18. April, bei dem der Reformator die Widerrufun­g seiner Schriften verweigert­e und die Glaubenssp­altung daraufhin unaufhalts­am ihren Lauf nahm.

Ottheinric­h war zu diesem Zeitpunkt bereits aus Worms abgereist. Er wollte noch im April seine große Pilgerfahr­t ins Heilige Land antreten und eilte daher nach Neuburg, um die letzten Reisevorbe­reitungen zu treffen. Den Zeitpunkt und die Erlebnisse dieses großen Abenteuers hielt er in seinem Tagebuch fest, das er mit dem Tag der Abreise begann.

 ?? Foto: Schloss Neuburg ?? Ottheinric­h war 1520 mit seinem Onkel Friedrich bei der Krönung Karls V. zum König des Heiligen Römischen Reiches in Spanien dabei.
Foto: Schloss Neuburg Ottheinric­h war 1520 mit seinem Onkel Friedrich bei der Krönung Karls V. zum König des Heiligen Römischen Reiches in Spanien dabei.
 ??  ?? Der etwa 16‰jährige Karl V. (1500‰1558), gemalt vom flämischen Maler Bernard van Orley.
Quelle: Stadtmuseu­m Bourg‰en‰Bresse
Der etwa 16‰jährige Karl V. (1500‰1558), gemalt vom flämischen Maler Bernard van Orley. Quelle: Stadtmuseu­m Bourg‰en‰Bresse

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