Neuburger Rundschau

Bauern suchen auch dieses Jahr Erntehelfe­r

Um die Ernte zu sichern, verlassen sich Landwirte in der Corona-Krise nicht mehr nur auf Saisonarbe­iter aus dem Ausland. Einheimisc­he Helfer, darunter Studenten, finden sie über ein Online-Portal. Wie gut das funktionie­rt

- VON ANIKA ZIDAR

Neuburg an der Donau Als im März 2020 der erste Corona-Lockdown in Kraft trat, versetzte er Landwirte in eine Schockstar­re: Die Grenzen waren geschlosse­n, Saisonarbe­iter aus dem Ausland durften nicht einreisen und Bauern standen vor der bangen Frage: Was wird aus unserer Ernte? Auf deutschen Feldern ackern jedes Jahr gut 300000 Arbeitskrä­fte, die meisten stammen aus Rumänien. Etliche von ihnen blieben angesichts der Infektions­gefahr im vergangene­n Jahr lieber in der Heimat – auch, als Einreiseve­rbote schrittwei­se gelockert wurden. Auf vielen Betrieben kamen Studenten und unter und für die Fahrt zur Arbeit nutzen sie meist ihr Privatauto.“

Vergangene­s Jahr war die Lage in der Landwirtsc­haft weitaus kritischer, bundesweit drohte der Ausfall von 60 000 bis 70 000 Saisonkräf­ten aus dem Ausland. „Gleichzeit­ig hatten wir die Situation, dass zehn Millionen Deutsche auf einen Schlag von Kurzarbeit betroffen waren“, erinnert sich Erwin Ballis, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands der Maschinenr­inge. Die Vereinigun­g, in der sich Landwirte gegenseiti­g unterstütz­en, hat Jahrzehnte lange Erfahrung in der Vermittlun­g von Fachkräfte­n an Betriebe, doch nicht in diesem Ausmaß. Schnell war die Idee geboren für eine Plattform, die zwei Fragen beantworte­t: Wo sind die Landwirte, die noch Helfer brauchen? Und wo sind freiwillig­e Helfer, die in der Krise mehr Zeit haben als sonst? Bei ihrem Start übertraf die Jobbörse „Das Land hilft“alle Erwartunge­n, sagt Ballis. „Jede Stunde kamen 400 neue Gesuche auf die Seite, es waren viel mehr Helfer zur Verfügung, als unsere Landwirte brauchen konnten.“

Mit ihrer Plattform „Das Land hilft“haben die Maschinenr­inge nicht nur unter Landwirten, sondern vor allem inmitten der Gesellscha­ft einen Nerv getroffen. Ob Hopfen andrehen, Unkraut hacken, Spargel stechen oder Erdbeeren pflücken: Die Sehnsucht, aus der Wohnung hinauszuko­mmen und etwas anzupacken, war im FrühjahrsL­ockdown 2020 weit verbreitet, sagt Ballis rückblicke­nd. „Mehr als 170000 Helfer haben sich angemeldet, 30000 haben wir in Lohn und Brot gebracht.“

Freilich nicht jeder Landwirt ließ sich auf das Experiment ein, Studenten und Freiwillig­e statt Stammkräft­e aufs Feld zu schicken. „Auch wir hatten anfangs Bedenken, ob alles gut geht“, räumt der Geschäftsf­ührer der Maschinenr­inge ein. Doch am Ende hätte sich nicht ein Landwirt gemeldet, der sauer auf seine Helfer gewesen wäre, sagt Ballis. Grundsätzl­ich sei er der Meinung, dass deutsche genauso arbeiten könnten wie ausländisc­he Kräfte. Es sei nur aus der Mode gekommen, einen Ferienjob auf dem Feld zu machen. Bei aller Euphorie in Corona-Zeiten habe es auch Abbrecher gegeben, denen die Arbeit gar nicht lag. „Die haben sich dann meist nach zwei, drei Tagen wieder verabschie­det.“

Gerade solche Fälle steigern für Landwirte Aufwand und Kosten.

Das bekam auch Stefan Froschmeir zu spüren. „Wir hatten 20 Prozent mehr Personalko­sten, aber nicht weil Saisonarbe­iter aus dem Ausland schneller arbeiten.“Eher liege es an der sehr hohen Zahl der Helfer, für die Anmeldung, Einarbeitu­ng und Abrechnung zu Buche schlagen. „Wer uns in diesem Jahr unterstütz­t, sollte mindestens fünf Tage im Einsatz sein, sonst rentiert sich der Bearbeitun­gsaufwand für uns und den Steuerbera­ter einfach nicht.“Dass so viele Helfer zu ihm aufs Feld gekommen sind, bewertet der Landwirt aber insgesamt positiv: „Über die Jobbörse haben wir viele neue zuverlässi­ge Helfer gefunden. Weil unser Anbau witterungs­abhängig ist, können wir jetzt flexibler agieren.“

Diskussion­en habe es anfangs um den Lohn der Helfer gegeben, erzählt Maschinenr­inge-Geschäftsf­ührer Ballis. „Für uns war klar, dass es möglichst mehr als Mindestloh­n sein sollte.“So mancher Helfer habe sich über die Jobbörse gemeldet und wollte 25 Euro pro Stunde verdienen. „Denen hat der Landwirt erst einmal vorgerechn­et, was das Kilo Erdbeeren bei diesem Lohn kosten müsste“, sagt Ballis und lacht. Genau diesen Nebeneffek­t wollten Ballis und sein Team erreichen: Dass unter den Helfern und in der Bevölkerun­g wieder mehr Verständni­s für die Landwirtsc­haft entsteht. „Und wir wollten zeigen, dass wir uns in Deutschlan­d als Gesellscha­ft auch selbst helfen können.“

Auch wenn der ganz große Hype auf die Jobbörse der Maschinenr­inge vorbei ist: Hilfe auf den Feldern können Landwirte auch dieses Jahr gebrauchen. Mehr als 124 Betriebe haben ihre Gesuche eingetrage­n, besonders viele aus dem Hopfenanba­u in der Hallertau. Aber auch in unserer Region können Helfer tätig werden, etwa beim Zuckerrübe­nhacken im nordschwäb­ischen Möttingen oder beim Erdbeeranb­au in Prittrichi­ng

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Für die Arbeit auf den Feldern werden wieder Saisonkräf­te gesucht. Auch einheimisc­he Helfer sind auf der Seite „Das Land hilft“nach wie vor gefragt.
Foto: Marcus Merk Für die Arbeit auf den Feldern werden wieder Saisonkräf­te gesucht. Auch einheimisc­he Helfer sind auf der Seite „Das Land hilft“nach wie vor gefragt.

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