Die Zeichen seiner Zeit
Eigentlich sollte sie bereits im vergangenen Jahr stattfinden. Nun gibt es Gerhard Brandls Ausstellung „Zeytzeichen II“im Internet zu bestaunen. Was darin zu sehen ist und was der Bildhauer von digitaler Kultur hält
Neuburg Zahlreiche Skulpturen vor allem aus Holz, Bronze und Messing stehen auf weißen Sockeln. Manche davon erinnern durch ihre starke Abstraktion an afrikanische Kunst. Dazwischen immer wieder Fotografien und Gemälde. Wer aktuell dem Fürstengang der Neuburger städtischen Galerien einen Besuch abstatten würde, könnte einen Querschnitt aus 35 Jahren des künstlerischen Schaffens Gerhard Brandls bekommen. Der Konjunktiv ist deswegen angebracht, weil seine Werke zwar dort ausgestellt sind, die Corona-Pandemie aber momentan keine Präsenzbesuche zulässt. Eigentlich sollte die Ausstellung „Zeytzeichen II“schon im vergangenen Jahr stattfinden. Es war schließlich das Jahr, in dem der Burgheimer Bildhauer Gerhard Brandl seinen 60. Geburtstag hatte – zehn Jahre zuvor fand die erste Auflage im Rathausfletz statt.
„Wir wollten es nicht noch einmal verschieben“, sagt Kulturamtsleiterin Marieluise Kühnl. „Gleichzeitig haben wir gesehen, dass viele Ausstellungen und sogar Theatervorstellungen online gezeigt werden.“Und so hat der Neuburger Grafiker
Jürgen Polifke die Ausstellung kurzerhand abgefilmt – mit Erläuterungen von Brandl. Entstanden ist ein knapp fünfminütiger Film, der voraussichtlich zwischen 18. April und 16. Mai im Rahmen eines virtuellen Rundgangs des Fürstengangs im Internet kostenfrei bestaunt werden kann. „Ich finde es wirklich toll, dass die Stadt Neuburg das macht“, sagt Brandl.
„Zeytzeichen II“ist nicht nur thematisch, sondern auch stofflich vielfältig und zeigt in gewisser Weise
mit den unterschiedlichsten Exponaten aus Brandls Schaffen die „Zeichen seiner Zeit“. So war zu Beginn vor allem „das Naturell Holz in allen seinen Facetten“die bevorzugte Ausdrucksform des gelernten Tischlers. Anschließend hat Brandl vermehrt auch Skulpturen und Objekte aus Bronze, Messing und anderen Stoffen erstellt. Zuletzt kam er wieder auf Skulpturen aus Holz zurück – „inspiriert vor allem durch afrikanische Kunst“, wie er sagt. Wichtig ist Brandl dabei, dass er sie auf eigene Art interpretiert, das heißt häufig auch amüsant. „Meine Kunst war schon immer auch humorvoll“, sagt der gebürtige Neuburger. Er versteht sich zudem als politischen Bildhauer und so sind auch in der „Zeytzeichen II“einige Exponate ausgestellt, die Bezug nehmen auf aktuelle gesellschaftspolitische Debatten – zum Beispiel auf den Missbrauchsskandal in der römisch-katholischen Kirche.
Brandl ist zwar froh über die Möglichkeit, seine Werke zumindest digital präsentieren zu können. Denn auch wenn er es „in erster Linie für mich selbst macht“, gilt: „Wenn man etwas gemacht hat, will man es auch ausstellen.“Trotzdem können digitale Formate laut ihm auch nach der Pandemie keine Präsenzausstellungen ersetzen. „Live ist immer besser – sowohl für die Kunstinteressierten, als auch für die Künstler“, sagt Brandl, der seit 2003 auf seinem Kunsthof in Leidling lebt und arbeitet. Kulturamtsleiterin Kühnl stimmt ihm zu.
Einen einzigen Tag war der Fürstengang Mitte März für Besucher geöffnet, über den Tag verteilt kamen knapp 100 Leute, die sich vorher anmelden und einen Termin vereinbaren mussten. „Die Leute warten darauf, dass sie wieder kulturelle Veranstaltungen besuchen dürfen“, sagt Kühnl. „Wir haben immer noch die Hoffnung, dass wir vielleicht im Mai die Ausstellung an einem Wochenende für Besucher öffnen dürfen.“
„Zeytzeichen II“ist in der Zeit zwischen dem 18. April und dem 16. Mai kostenlos auf der Internetseite unter www.neuburgistkultur.de zu sehen.