Neuburger Rundschau

Blitzer-‰Marathon

Kreis steht im Vergleich gut da

- VON MICHAEL KIENASTL

Neuburg Eigentlich wollten die Beamten an diesem Mittwochmo­rgen schon abbrechen und nach einer Stunde vom Neuburger Schwalbang­er zur nächsten Messstatio­n fahren. Da kommt um kurz nach halb neun doch noch ein Funkspruch der Kollegen, die 300 Meter entfernt mit einer Laserpisto­le bewaffnet im Zivilauto sitzen. Viel Zeit hat Polizeiobe­rkommissar Kai Hekele nicht, um zur Straße zu laufen, sich aufzubauen und die Kelle zu zücken, da kommt auch schon der soeben geblitzte weiße Kia.

„Heute ist Blitzmarat­hon“, begrüßt er den Fahrer. 43 statt der erlaubten 30 Stundenkil­ometer hat die Pistole gemessen – nach Toleranzab­zug bleiben 40 Stundenkil­ometer. Der Fahrer mittleren Alters muss also 15 Euro blechen und Führersche­in und Fahrzeugpa­piere an Hekele aushändige­n. Bargeld hat er nicht dabei, er will den Betrag überweisen. Mit seinen Papieren und einer Verwarnung wird er von Hekele schon nach wenigen Minuten wieder verabschie­det. Theoretisc­h könnte er jetzt noch schriftlic­h dagegen Einspruch erheben. Er zeigt sich aber einsichtig, wie fast alle Geblitzten dieser 24-stündigen Aktion. „Wir haben jetzt in einer guten Stunde sieben Leute aufgehalte­n. Die meisten wussten sogar, dass Blitzmarat­hon ist und haben dann selbst nicht verstanden, warum sie zu schnell unterwegs waren“, sagt Hekele. Genau deswegen gehe es ihm und seinen Kollegen in erster Linie nicht darum, die Leute abzukassie­ren. Vielmehr wollen sie sensibilis­ieren. „Das ist kein räuberisch­er Angriff“, sagt Hekele. Deshalb wurden die Orte auch im Vorfeld öffentlich bekannt gegeben.

Geblitzt wird nicht zufällig an jenen Orten, an denen es entweder in Vergangenh­eit viele Unfälle gab, oder zu schnelles Fahren besonders gefährlich werden kann. Wie beispielsw­eise am Schwalbang­er. In kürzester Entfernung liegen Schule, Kindergart­en und Seniorenhe­im. Kinder laufen schnell mal urplötzlic­h auf die Straße. Selbst bei einer Gefahrenbr­emsung kommt das Auto bei 50 Stundenkil­ometern erst nach 28 Metern zum Stehen. Bei 30 Stundenkil­ometer liegt der Anhalteweg immerhin bei der Hälfte. Nach wie vor ist zu schnelles Fahren die Hauptursac­he für tödliche Unfälle im Straßenver­kehr. 147 Menschen mussten im vergangene­n Jahr dadurch auf Bayerns Straßen sterben.

An diesem Mittwochmo­rgen halten sich die Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en am Schwalbang­er aber in Grenzen. Der „Spitzenrei­ter“zu diesem Zeitpunkt fuhr 14 Stundenkil­ometer zu schnell. „Der Großteil hat sich dran gehalten. Wir können zufrieden sein“, sagt Polizeihau­ptkommissa­r Sebastian Dorsch, der einem Kollegen im Zivilfahrz­eug mit der Laserpisto­le auf die Kennzeiche­n der Autos zielt.

Der Blitzmarat­hon dauerte von Mittwoch, 6 Uhr, bis Donnerstag, 6 Uhr. Der große Unterschie­d zum letzten Marathon 2019 ist die coronabedi­ngte nächtliche Ausgangssp­erre zwischen 22 und 5 Uhr. Diese sieben Stunden machen sich auch im Verkehrsau­fkommen bemerkbar. Im Dienststel­lenbereich des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt wurde zu 2019 nur die Hälfte an Fahrzeugen kontrollie­rt. Insgesamt gab es an den 146 Messstelle­n 564 Verstöße. „Sehr viele halten sich an die Regeln, aber obwohl es tagelang angekündig­t war, gab es immer noch viele Verkehrssü­nder“, sagt Präsidiums­sprecherin Michaela Grob. „Jeder von ihnen ist einer zu viel.“Angesichts der Ausgangssp­erre sei die Zahl nicht wirklich rückläufig und Grob ist überzeugt, dass das Problem nur durch vermehrte Kontrollen eingedämmt werden kann: „Verkehrsüb­erwachung rettet Leben. Jeder Vater, der durch einen Unfall ein Kind verloren hat, wird bestätigen, dass wir mehr Rücksicht im Straßenver­kehr brauchen.“Aufmit fällig: Die „Spitzenrei­ter“im Bereich Oberbayern Nord sind fast alle 20 Jahre alt und wurden abends geblitzt. Einer von ihnen fuhr auf der B300 bei Freising statt der erlaubten 80 gleich 139 Stundenkil­ometer. Nun muss er mit zwei Punkten rechnen, 480 Euro bezahlen und seinen Führersche­in für einen Monat abgeben. Bayernweit lag der höchste Wert aber deutlich darüber: Mit gleich 231 statt der erlaubten 100 Stundenkil­ometer wurde ein Motorradfa­hrer auf der Staatsstra­ße 2020 bei Bubesheim (Landkreis Günzburg) geblitzt. Im Vergleich dazu steht der Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen recht gut da. So lag im Dienststel­lenbereich der Neuburger Polizei von insgesamt 30 Verstößen der Spitzenwer­t bei 25 Stundenkil­ometern Überschrei­tung. Im Bereich der Schrobenha­usener Polizei wurde eine Frau außerorts mit 138 Stundenkil­ometer geblitzt. „Ich bin zufrieden, da es keine extremen Verstöße gab“, sagt Neuburgs Dienststel­lenleiter Norbert Bachmeier. Er bemängelt allerdings, dass es trotz siebenstün­diger Ausgangssp­erre viele kleinere Überschrei­tungen gab.

Am Neuburger Schwalbang­er machen sich die Beamten mit Laserpisto­le und Kelle auf zur nächsten Messstatio­n. Schließlic­h gibt es in der gesamten Dienststel­le nur ein einziges Messgerät, das wie ein Staffelsta­b an die verschiede­nen Stationen überreicht werden muss.

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Foto: Michael Kienastl Kai Hekele von der Neuburger Polizei winkt gerade einen Autofahrer heraus, der zu schnell gefahren ist.

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