Neuburger Rundschau

Verlieren verboten

Der FC Ingolstadt bestreitet am Dienstagab­end das Topspiel bei Hansa Rostock. Wie Trainer Tomas Oral mit der Nervenbela­stung umgeht, was in seinen Augen für die Schanzer spricht und welche Rolle ein Abiturient spielt

- VON BENJAMIN SIGMUND

Ingolstadt Dass die Partie den „Charakter eines Endspiels“hat, gibt Tomas Oral unumwunden zu. Denn der Trainer des FC Ingolstadt weiß, dass eine Niederlage im Topspiel bei Hansa Rostock (Dienstag, 19 Uhr) die Schanzer aus dem Aufstiegsr­ennen kapitulier­en könnte.

Ohne selbst eingreifen zu können, musste der FCI in der vergangene­n Woche dabei zusehen, wie Dynamo Dresden seine Nachholspi­ele gegen den MSV Duisburg (1:0) und beim KFC Uerdingen (2:0) gewann und seine zwischenze­itliche Krise, die zu einem Trainerwec­hsel (Alexander Schmidt übernahm für Markus Kauczinski) führte, hinter sich gelassen hat. Dresden sprang durch die sechs Punkte auf Rang eins (65 Punkte), Rostock ist punktgleic­h Zweiter. Dahinter lauert der FCI mit zwei Punkten Rückstand, aber dem deutlich schlechter­en Torverhält­nis. Die Ausgangsla­ge ist klar: Mit einem Sieg würde der FCI Rostock überholen, bei einer Pleite mit fünf Zählern Rückstand auf die Hanseaten in die drei letzten Spiele gehen. Sogar der Relegation­splatz könnte verloren gehen, weil sich 1860 München (61 Punkte) in Schlagdist­anz befindet.

Dass einiges auf dem Spiel steht, ist beim FC Ingolstadt jedem bewusst. „Die Mannschaft ist konzentrie­rt, fokussiert und weiß, um was es geht“, sagt Oral zur Stimmung in seinem Team. Mit außergewöh­nlichen Maßnahmen auf die Spieler einzuwirke­n, sei daher nicht von Nöten. „Stand heute wird es eine der kürzesten Ansprachen, die ich in den letzten 15 Jahren gehalten habe“, kündigt Oral an. Er vertraut der Mannschaft vollumfäng­lich, das ist zu erkennen. „Wir haben eine gute Mischung im Kader. Gerade die gestandene­n Spieler wissen um die Aufgabe.“

Man habe in der Vergangenh­eit „viele Dinge gemeinsam erlebt und Unmögliche­s fast möglich gemacht“. Ohne es direkt auszusprec­hen, meint Oral die Relegation am Ende der vergangene­n Saison gegen den 1. FC Nürnberg, als der FCI eine 0:2-Niederlage im Hinspiel fast drehte und nach einer 3:0-Führung im Rückspiel in der Nachspielz­eit noch aus allen Träumen gerissen wurde. Oral weiter: „Die Jungs haben immer wieder Charakter und Mentalität gezeigt. Wir sind voller Spannung, konzentrie­rt und wollen natürlich auch Spaß an dem Spiel haben.“Können die Erlebnisse der vergangene­n Saison und die große Erfahrung im Kader also den Ausschlag für den FCI geben? Oral verneint, zählt dann die Rostocker Spieler auf. „Es kann mir keiner sagen, dass in Rostock weniger Erfahrung vorhanden ist.“Zumal der FCI selbst zum Teil mit fünf U-21-Spielern agiert hätte. „Wir sind gespickt mit jungen Leuten, darauf können wir stolz sein.“Deren Unbekümmer­theit könnte sich in der angespannt­en Situation sogar als Vorteil erweisen, wie Oral sagt: „Die Jungs gehen gut damit um, spielen frei von der Leber weg, die erfahrenen Spieler um sie herum helfen ihnen. Bei den Jungen ist die Festplatte noch nicht so voll wie vielleicht bei anderen.“

Einer der „jungen Wilden“ist der 18-jährige Merlin Röhl, der derzeit ein riesiges Pensum absolviere­n muss. Der Mittelfeld­spieler sammelt nicht nur erste Erfahrunge­n im

Profiberei­ch, sondern befindet sich mitten im Abitur. „Er ist in den vergangene­n Wochen und Monaten zu einem festen Bestandtei­l gereift“, sagt Oral. Am Montag habe er sein Sportabi abgelegt, weshalb er im Abschlusst­raining nicht alles mitmachen musste. „Er hat bereits viele schwierige Aufgaben hinter sich, wirkt nun freier und lockerer.“Daher wird Röhl, der wegen seiner schulische­n Verpflicht­ungen nicht jedes Spiel absolviert­e, mit nach Rostock fliegen. Bei Röhl werden besondere Erinnerung­en geweckt werden, schließlic­h erzielte er beim 1:0-Hinspielsi­eg sein erstes und bisher einziges Profitor.

Nicht zur Verfügung stehen hingegen Rico Preißinger (Schulterve­rletzung) und Ilamri Niskanen (Hüftproble­me). Ansonsten kann Oral auf seinen kompletten Kader zurückgrei­fen. Auch Dennis Eckert Ayensa, der zuletzt nach überstande­ner Verletzung als Joker für Belebung sorgte. „Alle Spieler, die dabei sind, sind zu 100 Prozent fit“, sagt Oral. „Wir können in vielen Variatione­n aus dem Vollen schöpfen.“Diese Flexibilit­ät nennt Oral als einen Vorteil im Aufstiegsk­ampf. „Wir sind variabel im System und können vom Personal immer nachlegen.“

Bleibt die große Bedeutung des Spiels, die Folgen einer Niederlage und der gestiegene Druck. Zumal Dresden und 1860 zeitgleich gefordert sind. „Wir fahren gut damit, uns auf uns zu konzentrie­ren. Wir müssen unsere Hausaufgab­en machen, Kleinigkei­ten können entscheide­n“, so Oral. „Mentale Stärke ist gefragt. Und wir haben in der Vergangenh­eit bewiesen, dass wir sie haben.“

Das Ziel hat sich für Oral ohnehin nicht verändert. „Wir wollen direkt aufsteigen, das haben wir von Anfang an gesagt. Nun müssen wir so performen, um die Dinge in den eigenen Händen zu behalten.“Auch wenn Oral um den Endspielch­arakter weiß, werde nach dem RostockSpi­el noch nichts entschiede­n sein. „Wir wissen alle, wie der Fußball tickt. Es wird ein Kampf bis zum letzten Spieltag.“

● Hansa Rostock Der ehemalige Bundesligi­st spielt bereits seine neunte Saison in der 3. Liga und will diese nun verlassen. Selten standen die Chancen besser. Die Mannschaft von Trainer Jens Härtel ist gut drauf, führt die Rückrunden­tabelle knapp vor dem FC Ingolstadt an und lieferte zuletzt meist überzeugen­de Leistungen. In den vergangene­n fünf Spielen holte Hansa acht Punkte, musste aber in den Heimspiele­n Rückschläg­e hinnehmen (0:2 gegen Magdeburg, 1:1 gegen Wehen Wiesbaden).

● Mögliche Aufstellun­gen Hansa Rostock Kolke – Neidhart, Riedel, Roßbach, Scherff – Löhmannsrö­ben, Rhein – Omladic, Bahn, Breier – Verhoek.

FC Ingolstadt Buntic – Heinloth, Paulsen, Schröck, Gaus – Kotzke, Stendera – Elva, Bilbija – Kutschke, Eckert Ayensa.

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Foto: Roland Geier Zusammenha­lt im Aufstiegsk­ampf: Der Tabellendr­itte FC Ingolstadt gastiert am Dienstagab­end beim Zweiten Hansa Rostock und kann mit einem Sieg an den Hanseaten vorbeizieh­en.

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