Neuburger Rundschau

Die Geschichte­n hinter Audis Historie

Was bewegt Audi Tradition im Lockdown? Ihr neuer Chef Stefan Trauf erzählt, was hinter den Kulissen des Audi Museum Mobile gerade vor sich geht

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Ingolstadt Das Audi Museum Mobile geschlosse­n, die Oldtimer-Veranstalt­ungen bereits abgesagt oder in der Corona-Schwebe – bei Audi Tradition könnte man sich die Haare raufen wegen der vielen Ausfälle. Zeit hierfür hat man dort allerdings nicht, denn die Traditions­abteilung hat viel mehr Aufgaben, als Oldtimer zu Veranstalt­ungen zu schicken und das Museum am Laufen zu halten. Stefan Trauf ist seit 1. Januar als Nachfolger von Thomas Frank der neue Chefhüter der Geschichte von Audi.

So neu ist Stefan Trauf übrigens bei Audi Tradition gar nicht. Im Grunde ist er sogar ein alter Bekannter. Schließlic­h arbeitet er bereits seit 2001 bei Audi. Außerdem war er seit 2015 Prokurist bei der Auto Union GmbH, einer Tochter von Audi, die sich um die Tradition der Automarken kümmert, aus der die vier Ringe schließlic­h entstanden sind und für die Ersatzteil­versorgung von Oldtimern zuständig ist. Als Chef von Audi Tradition ist er nun auch Geschäftsf­ührer der Auto Union GmbH. „15 Jahre nach dem Produktion­sende wandert die Ersatzteil­bereitstel­lung zu uns“, erklärt Trauf. Bei knapp 30.000 Ersatzteil­nummern werden mehrere Millionen Teile bereitgeha­lten. „Wir haben auch schon in kleiner Stückzahl Ersatzteil­e nachproduz­iert, wie zum Beispiel einen Scheibenra­hmen, um diese alten Fahrzeuge bewahren zu helfen und vor dem Verschrott­en zu retten.“Zudem hält Audi Tradition Kontakt zu den zahlreiche­n Oldtimer-Klubs. Jedermann kann Fahrzeugda­ten erfragen oder Datenblätt­er bestellen. Kurz, die gesamte Versorgung der Old- und Youngtimer liegt in der Hand der Traditions­abteilung. Dazu führt sie das Firmenarch­iv, das als eines der ersten Unternehme­nsarchive voll digitalisi­ert war, und bringt regelmäßig Bücher zur Audi-Geschichte auf den Markt.

Zum Archiv zählen natürlich auch die Fahrzeuge. Sowohl die Prototypen wie auch die Rennsportl­egenden werden von Audi Tradition gehegt. Aber nicht nur diese besonderen Fahrzeuge werden der Nachwelt erhalten. Die Aufbewahru­ng der vielen Modellvari­anten, die es inzwischen gibt, stellt eine besondere Herausford­erung dar. „Wir haben momentan rund 700 Fahrzeuge und 200 Motorräder auf Lager.“Diese zu erhalten, heißt auch, sie hin und wieder zu bewegen.

Noch komplexer wird das Fahrzeugar­chiv mit der Einlagerun­g der elektrisch angetriebe­nen Modelle. Denn Fahrzeuge mit Hochvoltba­tterien sind in der Lagerung wie Gefahrgut zu behandeln. Und noch dazu müssen die Mitarbeite­r von Audi Tradition nun entspreche­nd geschult werden und Kompetenze­n für Verbrennun­gsmotoren genauso haben wie für E-Autos. Damit führt Stefan Trauf die Abteilung in Neuland.

Das alles bewerkstel­ligt der Oberstimme­r zusammen mit seinen insgesamt 38 Mitarbeite­rn. „Wir sind für 120 Jahre Unternehme­nsgeschich­te verantwort­lich.“Und diese Geschichte beginnt bekanntlic­h nicht erst mit den vier Ringen. Die Wurzeln von Audi liegen in den vier Marken Horch, Wanderer, DKW und Audi, die sich dann zur Auto Union zusammensc­hlossen. Eine sehr wechselrei­che Geschichte mit vielen Aufs und Abs.

Das Fach Geschichte interessie­rte Stefan Trauf übrigens schon in der Schule. „Es war mein liebstes Schulfach und ich hatte immer Einsen.“Ein Schüler der sich für Geschichte begeistert? Klingt außergewöh­nlich. Aber es kommt noch außergewöh­nlicher, wenn man den berufliche­n Werdegang des neuen Chefs der Audi Tradition betrachtet. Als gebürtiger Ingolstädt­er in Oberstimm aufgewachs­en, absolviert­e er nach der Mittleren Reife eine Lehre zum Industriek­aufmann beim Bürgerlich­en Brauhaus in Ingolstadt und arbeitete dort knapp 13 Jahre lang in verschiede­nen Positionen, bevor er 2001 zu Audi wechselte. Nebenher bildete sich Trauf ständig weiter, wurde Diplomkauf­mann und Bilanzbuch­halter. Vor fünf Jahren wechselte er ins Management bei Audi und verantwort­ete das zentrale Risikomana­gement. Aber Traufs Herz schlug schon immer für die Geschichte. „Der Blick zurück schärft den Blick für die Gegenwart und die Zukunft.“Wie wichtig zudem das Produkt ist, hat ihm schon sein Chef in der Brauerei eingeschär­ft. Der schickte den Lehrling damals nicht ins Büro, sondern zuerst einmal ins Labor und ins Sudhaus. „Er meinte, ich müsse das Produkt genauso gut kennen wie der Brauer selbst.“Auch heute kennt er die Produkte des Unternehme­ns sehr gut. Obwohl er selbst keinen Oldtimer fährt. Zumindest keinen auf vier Rädern. Mit seiner Vespa, Baujahr 72, ist er gerne unterwegs. Seine Vespa ist übrigens genauso alt wie er selbst. Sicherlich kein Zufall. Ein weiteres Hobby ist Fußball. „Mein Vater und mein Sohn spielen richtig gut. Ich selbst wurde bei der erblichen Verteilung dieses Talents anscheinen­d nicht ganz so bedacht“, schmunzelt Trauf. Aber Sport ist ihm wichtig. Oft trifft man ihn bereits morgens vor Arbeitsbeg­inn im Freibad. Dort dreht er seine Runden zum Ausgleich der langen Tage im Büro. Ebenfalls als Ausgleich imkert er seit einigen Jahren. Und was liest er gerne? Natürlich Themen rund um die Geschichte. Historisch­e Romane genauso wie Sachbücher. Momentan schmökert er in der Zwangsarbe­iterstudie der Audi AG. Er will Bescheid wissen - nicht nur über die historisch­en Fahrzeuge. Denn sein Produkt ist die Geschichte des Unternehme­ns – und die Geschichte­n dahinter.

 ?? Foto: Audi Tradition ?? Stefan Trauf leitet seit 1. Januar Audi Tradition und ist damit Hüter der Geschichte des Automobilh­erstellers. Dazu gehören nicht nur Hunderte von Fahrzeugen aus einer 120‰ jährigen Unternehme­nsgeschich­te.
Foto: Audi Tradition Stefan Trauf leitet seit 1. Januar Audi Tradition und ist damit Hüter der Geschichte des Automobilh­erstellers. Dazu gehören nicht nur Hunderte von Fahrzeugen aus einer 120‰ jährigen Unternehme­nsgeschich­te.

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