Er wollte helfen – und wurde selbst zum Opfer
In Karlshuld haben drei junge Männer auf einen Jungen eingeschlagen. Helmut Buckl will dem Jugendlichen helfen und bekommt einen Schlag aufs Auge verpasst. Daraufhin rückt ein Großaufgebot der Polizei an
Karlshuld Schreie, die Drohung „Ich schlitz dich auf!“, ein junger Mann am Boden liegend, bedroht von mehreren anderen – ein Schreckensszenario, das Helmut Buckl nicht mit ansehen beziehungsweise anhören konnte. Der Karlshulder griff ein. Seine Zivilcourage brachte ihm einen Faustschlag ein, er musste mit dem Sanka ins Krankenhaus gebracht werden. Geblieben sind ihm zwei Tage später ein zugeschwollenes „blaues“Auge und starke Rückenschmerzen. „In Zukunft werde ich es mir wohl gut überlegen, ob ich helfe“, zieht er eine traurige Bilanz, die allerdings etwas aufgebessert wird durch den Dank des ersten Opfers, eines jungen Mannes aus Peutenhausen und seiner Mutter, die nun Kontakt zu ihm aufgenommen haben. „Wenn du dich das nächste Mal einmischen willst, dann holst erst mich, dann gehe ich mit“, bietet Buckls Nachbar Stefan Schwinger an. Er hatte einen Notruf abgesetzt und war dann ebenfalls hinausgelaufen. Da kam ihm Helmut Buckl bereits blutend und vor Rückenschmerzen gekrümmt entgegen. „Im ersten Moment habe ich ihn gar nicht erkannt“, sagt Schwinger, und dann sei auch schon die Polizei da gewesen.
Es war 21.45 Uhr am Montagabend, als Buckl auf die Auseinandersetzung auf den Parkplätzen vor dem Kindergarten aufmerksam geworden war, auf die Aggressoren zuging und sie aufforderte, den am Boden liegenden Jungen in Ruhe zu lassen. Daraufhin wendeten sich die drei jungen Männer gegen ihn. „Ich ging rückwärts und versuchte, sie auf Distanz zu halten, da schlug mir einer die Faust ins Auge“, erzählt er. „Ich bin auf den Rücken gefallen und habe dann geschaut, dass ich auf die Füße und dort wegkomme.“Am nächsten Tag hätte der Täter wieder alkoholisiert dort gesessen und ihn verhöhnt: „Trainier’ dir erst mal Muckis im Fitnessstudio an, ehe du dich wieder mit mir anlegst.“
Während die Geschichte, die sich am Montagabend in der Kindergarin Karlshuld direkt gegenüber dem Kindergarteneingang zugetragen hat, über die sozialen Medien auch übers Moos hinaus verbreitet und diskutiert wird, vermissen die Betroffenen eine Polizeimeldung in der Zeitung. „Das war eine bewusste Entscheidung, es nicht aktiv über die Presse zu verbreiten, um dem Ganzen nicht mehr Aufmerksamkeit zu widmen als es verdient“, erklärt Polizeihauptkommissar Sebastian Dorsch auf Nachfrage. Denn als die Polizei angekommen sei, habe sich die Auseinandersetzung bereits befriedet. Dass gleich neun Polizeiwagen für 2,5 Stunden vor Ort waren, darunter auch Polizeihundeführer, erklärt er mit der zunächst unklaren Lage und einer aufwendigen Sachverhaltsabklärung.
Es habe zwei Notrufe gegeben, dass zwei Gruppen mit Jugendlichen und Heranwachsenden aneinander geraten seien, erklärt der Polizeibeamte. Es sei um Beleidigung, Bedrohung und einzelne Schläge gegangen, die Beteiligten seien teils alkoholisiert gewesen. „Die Karlshulder können sich darauf verlassen, dass es eine Polizeimeldung gibt, wenn große Straftaten vorliegen“, versichert Dorsch, die Gemeinde Karlshuld sei informiert worden.
„Das ist eine tragische, ja dramatische Sache“, sagt 2. Bürgermeister Klaus Scherm, „wir sind in Kontakt mit der Polizei, was wir tun können“. Eine Videoüberwachung, wie sie in den sozialen Medien gefordert wird, habe die Gemeinde früher bereits prüfen lassen, doch sie sei abtenstraße gelehnt worden. „Das war rechtlich leider nicht möglich, dafür müsste mehr passieren und zur Anzeige gebracht werden“, bedauert Scherm und bittet die Bürger, wirklich alles anzuzeigen, denn „nur dann haben wir eine Chance“.
Die Heranwachsenden, die sich dort treffen, nur anzusprechen, helfe nicht – das zeige die Erfahrung. Der Sicherheitsdienst, der zeitweise von der Gemeinde engagiert war, ist vor einiger Zeit eingestellt worden, weil „nicht mehr ganz so viel los war“. Aufgrund des Vorfalles soll der als Brennpunkt bekannte Bereich um Schule und Mehrzweckhalle nun erneut im Gemeinderat besprochen werden.
Die Polizei befürworte grundsätzlich Videoüberwachung, weil sie sowohl vorbeugend als auch bei der
Ermittlung hilfreich sei, sagt Dorsch. Allerdings sieht er rund um Mehrzweckhalle, Schule, Kindergarten und Sportgelände die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben. Von einem „Brennpunkt“will er hier nicht sprechen, aber der Bereich gehöre zu denen, die unter Beobachtung der Polizei stünden und präventiv bestreift würden. Für eine Videoüberwachung müsse jedoch immer zwischen Persönlichkeitsrechten einerseits und dem Ausmaß der Delikte andererseits abgewogen werden. Der Haupttäter, der aus Karlshuld stammt, war zur Blutentnahme ins Krankenhaus gebracht und dort wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Der bereits polizeilich in Erscheinung getretene junge Mann werde sich für seine Tat verantworten müssen.