Neuburger Rundschau

Er wollte helfen – und wurde selbst zum Opfer

In Karlshuld haben drei junge Männer auf einen Jungen eingeschla­gen. Helmut Buckl will dem Jugendlich­en helfen und bekommt einen Schlag aufs Auge verpasst. Daraufhin rückt ein Großaufgeb­ot der Polizei an

- VON ANDREA HAMMERL

Karlshuld Schreie, die Drohung „Ich schlitz dich auf!“, ein junger Mann am Boden liegend, bedroht von mehreren anderen – ein Schreckens­szenario, das Helmut Buckl nicht mit ansehen beziehungs­weise anhören konnte. Der Karlshulde­r griff ein. Seine Zivilcoura­ge brachte ihm einen Faustschla­g ein, er musste mit dem Sanka ins Krankenhau­s gebracht werden. Geblieben sind ihm zwei Tage später ein zugeschwol­lenes „blaues“Auge und starke Rückenschm­erzen. „In Zukunft werde ich es mir wohl gut überlegen, ob ich helfe“, zieht er eine traurige Bilanz, die allerdings etwas aufgebesse­rt wird durch den Dank des ersten Opfers, eines jungen Mannes aus Peutenhaus­en und seiner Mutter, die nun Kontakt zu ihm aufgenomme­n haben. „Wenn du dich das nächste Mal einmischen willst, dann holst erst mich, dann gehe ich mit“, bietet Buckls Nachbar Stefan Schwinger an. Er hatte einen Notruf abgesetzt und war dann ebenfalls hinausgela­ufen. Da kam ihm Helmut Buckl bereits blutend und vor Rückenschm­erzen gekrümmt entgegen. „Im ersten Moment habe ich ihn gar nicht erkannt“, sagt Schwinger, und dann sei auch schon die Polizei da gewesen.

Es war 21.45 Uhr am Montagaben­d, als Buckl auf die Auseinande­rsetzung auf den Parkplätze­n vor dem Kindergart­en aufmerksam geworden war, auf die Aggressore­n zuging und sie auffordert­e, den am Boden liegenden Jungen in Ruhe zu lassen. Daraufhin wendeten sich die drei jungen Männer gegen ihn. „Ich ging rückwärts und versuchte, sie auf Distanz zu halten, da schlug mir einer die Faust ins Auge“, erzählt er. „Ich bin auf den Rücken gefallen und habe dann geschaut, dass ich auf die Füße und dort wegkomme.“Am nächsten Tag hätte der Täter wieder alkoholisi­ert dort gesessen und ihn verhöhnt: „Trainier’ dir erst mal Muckis im Fitnessstu­dio an, ehe du dich wieder mit mir anlegst.“

Während die Geschichte, die sich am Montagaben­d in der Kindergari­n Karlshuld direkt gegenüber dem Kindergart­eneingang zugetragen hat, über die sozialen Medien auch übers Moos hinaus verbreitet und diskutiert wird, vermissen die Betroffene­n eine Polizeimel­dung in der Zeitung. „Das war eine bewusste Entscheidu­ng, es nicht aktiv über die Presse zu verbreiten, um dem Ganzen nicht mehr Aufmerksam­keit zu widmen als es verdient“, erklärt Polizeihau­ptkommissa­r Sebastian Dorsch auf Nachfrage. Denn als die Polizei angekommen sei, habe sich die Auseinande­rsetzung bereits befriedet. Dass gleich neun Polizeiwag­en für 2,5 Stunden vor Ort waren, darunter auch Polizeihun­deführer, erklärt er mit der zunächst unklaren Lage und einer aufwendige­n Sachverhal­tsabklärun­g.

Es habe zwei Notrufe gegeben, dass zwei Gruppen mit Jugendlich­en und Heranwachs­enden aneinander geraten seien, erklärt der Polizeibea­mte. Es sei um Beleidigun­g, Bedrohung und einzelne Schläge gegangen, die Beteiligte­n seien teils alkoholisi­ert gewesen. „Die Karlshulde­r können sich darauf verlassen, dass es eine Polizeimel­dung gibt, wenn große Straftaten vorliegen“, versichert Dorsch, die Gemeinde Karlshuld sei informiert worden.

„Das ist eine tragische, ja dramatisch­e Sache“, sagt 2. Bürgermeis­ter Klaus Scherm, „wir sind in Kontakt mit der Polizei, was wir tun können“. Eine Videoüberw­achung, wie sie in den sozialen Medien gefordert wird, habe die Gemeinde früher bereits prüfen lassen, doch sie sei abtenstraß­e gelehnt worden. „Das war rechtlich leider nicht möglich, dafür müsste mehr passieren und zur Anzeige gebracht werden“, bedauert Scherm und bittet die Bürger, wirklich alles anzuzeigen, denn „nur dann haben wir eine Chance“.

Die Heranwachs­enden, die sich dort treffen, nur anzusprech­en, helfe nicht – das zeige die Erfahrung. Der Sicherheit­sdienst, der zeitweise von der Gemeinde engagiert war, ist vor einiger Zeit eingestell­t worden, weil „nicht mehr ganz so viel los war“. Aufgrund des Vorfalles soll der als Brennpunkt bekannte Bereich um Schule und Mehrzweckh­alle nun erneut im Gemeindera­t besprochen werden.

Die Polizei befürworte grundsätzl­ich Videoüberw­achung, weil sie sowohl vorbeugend als auch bei der

Ermittlung hilfreich sei, sagt Dorsch. Allerdings sieht er rund um Mehrzweckh­alle, Schule, Kindergart­en und Sportgelän­de die Verhältnis­mäßigkeit nicht gegeben. Von einem „Brennpunkt“will er hier nicht sprechen, aber der Bereich gehöre zu denen, die unter Beobachtun­g der Polizei stünden und präventiv bestreift würden. Für eine Videoüberw­achung müsse jedoch immer zwischen Persönlich­keitsrecht­en einerseits und dem Ausmaß der Delikte anderersei­ts abgewogen werden. Der Haupttäter, der aus Karlshuld stammt, war zur Blutentnah­me ins Krankenhau­s gebracht und dort wieder aus dem Polizeigew­ahrsam entlassen worden. Der bereits polizeilic­h in Erscheinun­g getretene junge Mann werde sich für seine Tat verantwort­en müssen.

 ?? Foto: Andrea Hammerl ?? Helmut Buckl hat Zivilcoura­ge bewiesen und verbal eingegriff­en, um einem am Boden liegenden jungen Mann, der massiv bedroht wurde, zu helfen. Daraufhin wurde er selbst angegriffe­n und mit einem Faustschla­g niedergest­reckt.
Foto: Andrea Hammerl Helmut Buckl hat Zivilcoura­ge bewiesen und verbal eingegriff­en, um einem am Boden liegenden jungen Mann, der massiv bedroht wurde, zu helfen. Daraufhin wurde er selbst angegriffe­n und mit einem Faustschla­g niedergest­reckt.

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