Es wird Zeit für den Flug nach Süden
Weißstörche fliegen bis zu 10.000 Kilometer nach Afrika. Jetzt sammeln sich Trupps zum Abflug. 800 Brutpaare in Bayern sind Rekord. 58 Jungvögel kommen aus Nestern im Kreis Neuburg-Schrobenhausen
Neuburg Das Storchenjahr neigt sich dem Ende zu. Die Jungen sammeln sich jetzt in Trupps zum Abflug in den Süden. Es wird ein Abenteuer, das die Weißstörche 10.000 Kilometer weit bis nach Äthiopien oder in den Sudan führen kann. Die Elterntiere kommen nach.
2021 hat den Störchen gut entsprochen. Der Landesbund für Vogelschutz meldet 800 Brutpaare für Bayern, so viele hat es offenbar noch nie gegeben (2020: 755). Der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist mit 31 Paaren und 58 Jungvögeln stark beteiligt.
„Alle Jungen sind ausgeflogen“, meldet der Neuburger „StorchenPapst“Gunter Weinrich. In seinem Wohnort holen sich Störche Mäuse und Frösche aus Bittenbrunner Wiesen oder sie bevölkern Hausgiebel in der Altstadt, aber ein reines Neuburger Storchenpaar mit Nachwuchs hat es noch nicht gegeben. Das Paar auf einem Masten bei Marienheim bekam keine Jungen.
Die Kinderstuben im Landkreis waren besser besetzt: Die Standorte Karlshuld und Haselbach lieferten je vier Jungstörche, Bertoldsheim, Langenmosen, Kastlmühle Sinning, Rennertshofen Kettlitz, Rennertshofen Schwedentor, Schainbach und Schrobenhausen (Maria-WardSchule) jeweils drei Junge. Schrobenhausen behauptet seinen Ruf als Storchen-Stadt mit neun Nestern. Die Horste auf dem Trendshop und der Brauerei Höcht blieben heuer unbesetzt.
18 Küken oder Kleinvögel ließen ihr Leben an nasskalten Frühjahrstagen oder im Sturm eines Sommergewitters. Auch beim „Erstflug“gab es den einen oder anderen Zwischenfall, aber keiner war tödlich. Der einzige Jungstorch aus dem Nest Hörzhausen im Paartal landete unsanft auf dem Boden, Fliegen hatte er noch nicht gelernt. Naturschützer brachten ihn zum Tierarzt und setzten den gesunden Storch danach mehrfach auf Wiesen aus. Leider marschierte er ins Dorf zurück und wurde prompt von einem Hund gebissen. Ein Falkner päppelt den Pechvogel jetzt auf und wird ihn beizeiten zu seinen abflugbereiten Artgenossen bringen.
Nagelneu ist der Storchenhorst auf der Kirche in Dinkelshausen. Die jungen Eltern hatten das Nest allerdings so wackelig gebaut, dass es ein Sturm Ende Juni herunterfegte. Die beiden Jungvögel überlebten den Sturz nicht. Die Gemeindeverwaltung will für die kommende Saison einen neuen und sicheren Standort anbieten – allerdings nicht mehr auf der Kirche.
Die Storchenbeobachter identifizierten alle Tiere mit Ringen. So brüteten heuer zwischen Jura, Paar und Donau Weißstörche, die in Ansbach, Herrieden, Salem am Bodensee, Gommersdorf, Nidda, Weißenburg, Merkendorf, Möttingen, Gunzenhausen, Staudheim, Deiningen, Pilsen (Tschechien), Marlenheim (Frankreich) und Lauterach (Österreich) beringt worden waren.
Den langen Weg ins Winterquartier beginnen die jungen Störche gern gemeinsam. Bei Stengelheim stakten 40 Reisende durch feuchte Wiesen, bei Isenhofen fotografierten
Passanten zwei Dutzend Vögel auf Nahrungssuche hinter einem Traktor. Christian Seeger entdeckte sechs Tiere auf dem Dach der Neuburger Polizeiinspektion und Volker Hilbel fotografierte eine Gruppe, die gemeinsam auf den steilen Firsten des Hasselbauerhauses in der Oberen Stadt nächtigte.
Es wird Zeit für den Flug nach
Süden. Die Westzieher wählen die Route über Spanien und Gibraltar, die Ostzieher fliegen über die Türkei, den Libanon nach Afrika. Der Lech gilt als Grenze der Routenwahl. Den Jungstörchen ist das Zugverhalten angeboren. In der Regel starten sie im August, die Altstörche folgen im September – es sei denn, sie bleiben einfach da.