Neuburger Rundschau

„Die Bewerberza­hl bereitet mir große Sorge“

Morgen beginnen auch in der Region Neuburg wieder viele junge Menschen eine Lehre. Doch die klassische Berufsausb­ildung verliert an Attraktivi­tät. Wie Unternehme­r mit dem Nachwuchsm­angel umgehen

- VON MICHAEL KIENASTL

Neuburg Der September steht vor der Tür und damit für viele Schulabgän­gerinnen und Schulabgän­ger der Start in das Berufslebe­n über eine Ausbildung. Doch noch immer sind zahlreiche Plätze unbesetzt. Zum 31. Juli – aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor – gab es im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen laut der Agentur für Arbeit Ingolstadt noch 207 freie Stellen, 377 Verträge wurden bereits unterzeich­net. Diesen steht eine in den vergangene­n Jahren stark abgenommen­e Bewerberza­hl gegenüber. Während 2019 noch insgesamt 659 junge Leute eine Ausbildung gesucht haben, sind im aktuellen Jahr lediglich 476 Bewerberin­nen und Bewerber bei der Arbeitsage­ntur gemeldet. „Große Sorge bereitet mir die Bewerberza­hl“, sagt auch Peter Kundinger von der Arbeitsage­ntur.

Mit Blick auf den gesamten Freistaat sind diese Zahlen aber durchschni­ttlich, das Problem ist ein überregion­ales. Die Gründe dafür sind einerseits der Pandemie geschuldet. Kundinger spricht von einer großen Verunsiche­rung und schwierige­n Voraussetz­ungen, wie kaum existenten Möglichkei­ten zur Berufsorie­ntierung. „Dann ist die erste Überlegung, weiter auf die Schule zu gehen“, sagt er. Dies verstärke den eigentlich­en Trend zur Akademisie­rung noch mehr. Kreishandw­erksmeiste­r Hans Mayr dagegen verweist auf strukturel­le und seit längerem bekannte Probleme, wie den demografis­chen Wandel. Seit Jahren gebe es Probleme, die Ausbildung­sstellen zu besetzen – mit Folgen für die Zukunft: „Wenn Sie schnell einen Handwerker brauchen, dann tun Sie sich hart“, sagt Mayr. Er plädiert deswegen für ein Einwanderu­ngsgesetz, um die Ausbildung­sstellen zu besetzen und dem Fachkräfte­mangel zu begegnen.

Der Neuburger Gastronom Leotrim Gashi bildet ab September zum ersten Mal aus – zwei Restaurant­fachmänner und eine Kauffrau für Büromanage­ment. Sein Vorteil: Zwei der drei künftigen Azubis haben schon vorher in den Ferien für ihn gearbeitet. Gashi, der in Neuburg die FlyBar, das Bootshaus und das Huba betreibt, hätte gerne auch noch Köche ausgebilde­t. „Aber man findet kaum mehr Leute“, sagt der Gastronom enttäuscht.

Aktiv müsse man auf die jungen Leute zugehen, „von alleine kommt kaum jemand.“Die wenigen bei ihm eingegange­nen Bewerbunge­n seien meistens das Ergebnis von Mundpropag­anda gewesen. Dabei war der Fachkräfte­mangel für ihn erst der Grund, warum er nun ausbildet. Sein erklärtes Ziel ist, die dringend benötigten Fachkräfte selbst auszubilde­n und sie danach möglichst im Betrieb zu halten. Generell funktionie­re in der Gastronomi­e viel über Probearbei­ten, und laufende Gespräche über die Vorstellun­g der potenziell­en Lehrlinge. Laut Gashi ist diese „Personalpf­lege“wichtig, denn immer mehr junge Menschen seien von den Arbeitszei­ten abgeschrec­kt. „Wenn andere Spaß haben, arbeiten wir“, sagt er.

Probearbei­ten oder andere Möglichkei­ten zur Berufsorie­ntierung gab es coronabedi­ngt aber kaum.

„Für die nach wie vor von CoronaBesc­hränkungen betroffene­n Branchen wie Gastronomi­e, Tourismus oder Veranstalt­ungen ist die Lage weiter schwierig. Selbst wer Ausbildung­splätze anbietet, hat dort mitunter große Probleme, überhaupt Bewerber zu finden“, sagt Christian Krömer, Vorsitzend­er des IHK-Regionalau­sschusses im Landkreis.

Eine der wenigen Möglichkei­ten ist allerdings die 15. Auflage der Neuburger Ausbildung­smesse „A-Zu-Bi!“, die in diesem Jahr bereits das zweite Mal unter CoronaBedi­ngungen stattfinde­n muss. „Die Anmeldunge­n laufen gut“, sagt Michael Regnet vom Stadtmarke­ting Neuburg. 60 Aussteller seien bereits angemeldet, die am 9. Oktober in der Parkhalle am Ludwig-ThomaPlatz über die verschiede­nen Möglichkei­ten zur Aus- und Weiterbild­ung informiere­n. Wie auch im vergangene­n Jahr können laut Regnet erneut maximal 1000 Besucher – circa ein Fünftel der gewohnten Zahl – über mehrere 90-minütige Zeitfenste­r verteilt, die Messe besuchen. Weil sich die Schulabgän­gerinnen und Schulabgän­ger aber vorher anmelden müssten, geht Regnet von einer höheren Motivation der Teilnehmen­den aus. „Auch im vergangene­n Jahr haben mir die Unternehme­n von qualitativ hochwertig­en Gesprächen berichtet.“Neben einer Anmeldung im Internet wird außerdem die Einhaltung der 3G-Regeln obligatori­sch sein.

 ?? Foto: Stadtmarke­ting (Archiv) ?? Ausbildung­smessen sind ein wichtiger Bestandtei­l der Berufsorie­ntierung. Durch Corona entfielen diese aber zum Großteil, so auch die Neuburger Messe „A‰Zu‰Bi!“. Hier ein Bild aus dem Jahr 2018.
Foto: Stadtmarke­ting (Archiv) Ausbildung­smessen sind ein wichtiger Bestandtei­l der Berufsorie­ntierung. Durch Corona entfielen diese aber zum Großteil, so auch die Neuburger Messe „A‰Zu‰Bi!“. Hier ein Bild aus dem Jahr 2018.
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Leotrim Gashi

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