„Die Bewerberzahl bereitet mir große Sorge“
Morgen beginnen auch in der Region Neuburg wieder viele junge Menschen eine Lehre. Doch die klassische Berufsausbildung verliert an Attraktivität. Wie Unternehmer mit dem Nachwuchsmangel umgehen
Neuburg Der September steht vor der Tür und damit für viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger der Start in das Berufsleben über eine Ausbildung. Doch noch immer sind zahlreiche Plätze unbesetzt. Zum 31. Juli – aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor – gab es im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen laut der Agentur für Arbeit Ingolstadt noch 207 freie Stellen, 377 Verträge wurden bereits unterzeichnet. Diesen steht eine in den vergangenen Jahren stark abgenommene Bewerberzahl gegenüber. Während 2019 noch insgesamt 659 junge Leute eine Ausbildung gesucht haben, sind im aktuellen Jahr lediglich 476 Bewerberinnen und Bewerber bei der Arbeitsagentur gemeldet. „Große Sorge bereitet mir die Bewerberzahl“, sagt auch Peter Kundinger von der Arbeitsagentur.
Mit Blick auf den gesamten Freistaat sind diese Zahlen aber durchschnittlich, das Problem ist ein überregionales. Die Gründe dafür sind einerseits der Pandemie geschuldet. Kundinger spricht von einer großen Verunsicherung und schwierigen Voraussetzungen, wie kaum existenten Möglichkeiten zur Berufsorientierung. „Dann ist die erste Überlegung, weiter auf die Schule zu gehen“, sagt er. Dies verstärke den eigentlichen Trend zur Akademisierung noch mehr. Kreishandwerksmeister Hans Mayr dagegen verweist auf strukturelle und seit längerem bekannte Probleme, wie den demografischen Wandel. Seit Jahren gebe es Probleme, die Ausbildungsstellen zu besetzen – mit Folgen für die Zukunft: „Wenn Sie schnell einen Handwerker brauchen, dann tun Sie sich hart“, sagt Mayr. Er plädiert deswegen für ein Einwanderungsgesetz, um die Ausbildungsstellen zu besetzen und dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Der Neuburger Gastronom Leotrim Gashi bildet ab September zum ersten Mal aus – zwei Restaurantfachmänner und eine Kauffrau für Büromanagement. Sein Vorteil: Zwei der drei künftigen Azubis haben schon vorher in den Ferien für ihn gearbeitet. Gashi, der in Neuburg die FlyBar, das Bootshaus und das Huba betreibt, hätte gerne auch noch Köche ausgebildet. „Aber man findet kaum mehr Leute“, sagt der Gastronom enttäuscht.
Aktiv müsse man auf die jungen Leute zugehen, „von alleine kommt kaum jemand.“Die wenigen bei ihm eingegangenen Bewerbungen seien meistens das Ergebnis von Mundpropaganda gewesen. Dabei war der Fachkräftemangel für ihn erst der Grund, warum er nun ausbildet. Sein erklärtes Ziel ist, die dringend benötigten Fachkräfte selbst auszubilden und sie danach möglichst im Betrieb zu halten. Generell funktioniere in der Gastronomie viel über Probearbeiten, und laufende Gespräche über die Vorstellung der potenziellen Lehrlinge. Laut Gashi ist diese „Personalpflege“wichtig, denn immer mehr junge Menschen seien von den Arbeitszeiten abgeschreckt. „Wenn andere Spaß haben, arbeiten wir“, sagt er.
Probearbeiten oder andere Möglichkeiten zur Berufsorientierung gab es coronabedingt aber kaum.
„Für die nach wie vor von CoronaBeschränkungen betroffenen Branchen wie Gastronomie, Tourismus oder Veranstaltungen ist die Lage weiter schwierig. Selbst wer Ausbildungsplätze anbietet, hat dort mitunter große Probleme, überhaupt Bewerber zu finden“, sagt Christian Krömer, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses im Landkreis.
Eine der wenigen Möglichkeiten ist allerdings die 15. Auflage der Neuburger Ausbildungsmesse „A-Zu-Bi!“, die in diesem Jahr bereits das zweite Mal unter CoronaBedingungen stattfinden muss. „Die Anmeldungen laufen gut“, sagt Michael Regnet vom Stadtmarketing Neuburg. 60 Aussteller seien bereits angemeldet, die am 9. Oktober in der Parkhalle am Ludwig-ThomaPlatz über die verschiedenen Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung informieren. Wie auch im vergangenen Jahr können laut Regnet erneut maximal 1000 Besucher – circa ein Fünftel der gewohnten Zahl – über mehrere 90-minütige Zeitfenster verteilt, die Messe besuchen. Weil sich die Schulabgängerinnen und Schulabgänger aber vorher anmelden müssten, geht Regnet von einer höheren Motivation der Teilnehmenden aus. „Auch im vergangenen Jahr haben mir die Unternehmen von qualitativ hochwertigen Gesprächen berichtet.“Neben einer Anmeldung im Internet wird außerdem die Einhaltung der 3G-Regeln obligatorisch sein.